Plötzlich Fee Bd. 3 Herbstnacht
Hundert?«, krächzte er. »Viele Lichter, viele Wesen. Snigg hat es nicht so genau gesehen, tut mir leid.«
»Und nähern sie sich oder lagern sie an einem Ort?«, fuhr Mab mit eigentlich ruhiger, vernünftiger Stimme fort – wäre da nicht dieser glasige Ausdruck in ihren Augen gewesen, der ihre Bedrohlichkeit verriet. »Bleibt uns noch Zeit, uns vorzubereiten, oder stehen sie schon vor unserer Tür?«
»Ein paar Meilen weit weg, Eure Majestät. Snigg ist den ganzen Weg zurückgerannt. Als er sie gesehen hat, haben sie ein Lager aufgeschlagen, ein Nachtlager. Snigg schätzt, dass sie im Morgengrauen angreifen werden.«
»Dann haben wir wenigstens noch etwas Zeit.« Mab schleuderte den Kobold fort, als würde sie eine leere Limodose wegwerfen. »Geh und informiere unsere Truppen, dass eine Schlacht bevorsteht. Richte den Generälen aus, sie sollen zu mir kommen, damit wir die Strategie für den Morgen besprechen können. Los!«
Der Kobold floh. Er krabbelte als dichter Busch aus dem Zelt.
Mab wirbelte zu Oberon herum. »Was für ein Zufall«, zischte sie mit finsterer Miene, »dass wir unmittelbar, nachdem deine Tochter aufgetaucht ist, angegriffen werden. Das sieht ja fast so aus, als wären sie hinter ihr her.«
Nackte Angst packte mich. Mit ein oder zwei Gegnern kam ich klar, aber nicht mit einer ganzen Armee. »Was soll ich tun?«, fragte ich und versuchte das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. »Wollt Ihr, dass ich sofort aufbreche?«
Oberon schüttelte den Kopf. »Nicht heute Nacht«, sagte er bestimmt. »Der Feind steht an unserer Schwelle und du könntest ihm direkt in die Arme laufen.«
»Ich könnte mich an ihnen vorbeischl…«
»Nein, Meghan Chase. Ich werde nicht riskieren, dass sie dich entdecken. Es steht zu viel auf dem Spiel. Du darfst nicht gefangen genommen oder getötet werden. Wir werden morgen gegen sie kämpfen, und wenn sie besiegt sind, wird der Weg in das Eiserne Reich für dich frei sein.«
»Aber …«
»Ich werde das nicht mit dir diskutieren, Tochter.« Oberon fixierte mich mit seinen unnachgiebigen grünen Augen und seine Stimme wurde tief und drohend. »Du wirst hierbleiben, wo wir dich beschützen können, bis die Schlacht geschlagen ist. Ich bin immer noch König, und das ist mein letztes Wort in dieser Angelegenheit.«
Er starrte mich durchdringend an und ich protestierte nicht weiter. Familienbande hin oder her, er war immer noch der Herrscher der Sommerfeen. Es wäre gefährlich, ihn weiter zu bedrängen.
Mab rümpfte die Nase und schüttelte missbilligend den Kopf. »Nun gut, Erlkönig«, sagte sie und richtete sich zu voller Größe auf. »Ich muss meine Truppen auf die Schlacht vorbereiten. Entschuldige mich.« Mit einem letzten, frostigen Lächeln in meine Richtung verließ die Königin der Winterfeen die Lichtung.
Ich sah zu, wie sie aus dem Zelt rauschte, und wandte mich dann an Oberon: »Und was jetzt?«
»Jetzt bereiten wir uns auf die Schlacht vor«, erwiderte Oberon.
Der verräterische Ritter
In dieser Nacht feierte das gesamte Lager. Sobald sich herumgesprochen hatte, dass ein Angriff bevorstand, verbreiteten sich Aufregung und Vorfreude wie ein Lauffeuer unter den Feen, die es irgendwann nicht mehr in ihren muffigen Zelten hielt. Die Feen strömten durch die Zeltgassen wie Fans nach einem Eishockeyspiel und stopften sich mit Essen, Alkohol und anderen, fragwürdigeren Dingen voll. Trommeln und Pfeifen hallten wild und dunkel im Wind und gaben einen archaischen Rhythmus vor. Auf beiden Seiten des Lagers wurden große Feuer entzündet, die sich wie Phönixe in die Nacht erhoben, während die Armeen von Sommer und Winter tanzend, trinkend und singend die Nacht durchfeierten.
Ich hielt mich von den Hauptfeuern fern und mied den Tanz, den Alkohol und die diversen anderen Dinge, die sich in den Schatten abspielten. Stattdessen wärmte ich mir an einem Becher mit schwarzem Tee die Hände und beobachtete von meinem Standort aus die Feuer von Sommer und Winter und die dunklen Silhouetten, die sie tanzend umkreisten. Auf der Seite der Dunklen sangen Kobolde und Dunkerwichtel finstere, vulgäre Schlachtlieder, die hauptsächlich von Blut, Fleisch und Körperteilen handelten, während im Lager der Lichten Dryaden und Baumnymphen hypnotische Tänze aufführten und sich wiegten wie Blätter im Wind. Eine Sylphe, die von einem Satyr gejagt wurde, flatterte an mir vorbei, und ein Oger hielt sich einen vollen Bierkrug über den Kopf und badete sein Gesicht
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