Plötzlich Fee - Das Geheimnis von Nimmernie: Band 5 - (German Edition)
paar an einen Ast gebundene Kaninchen dabei. Er war also wirklich auf der Jagd gewesen. Er warf mir eins der Kaninchen vor die Füße, und wir begannen ohne ein weiteres Wort damit, sie auszunehmen. So arbeiteten wir schweigend, während langsam die Nacht hereinbrach.
Ash töten? Ihn an den Sommerhof verraten? Was dachte Oberon sich bloß dabei? Als ob ich zu so etwas in der Lage wäre, selbst wenn technisch gesehen Titania den tödlichen Schlag ausführen würde. Und das würde sie zweifellos. Ash mochte ein Prinz sein, aber Titania war eine Königin. Mit den Königinnen der Feen legte man sich besser nicht an; zumindest sollte man eine direkte Konfrontation vermeiden, besonders wenn man sich an ihrem Hof befand. Sogar ich musste das einsehen. Und wenn Oberon praktischerweise nicht da war, würde Titania den Winterprinzen umso weniger verschonen. Sie würde ihn erbarmungslos vernichten.
Das konnte ich dem Eisbubi nicht antun. Selbst nach all den Jahren, in denen böses Blut zwischen uns geherrscht hatte, nach all unseren Kämpfen, und selbst wenn er eines Tages sehr wahrscheinlich im Ernst versuchen würde, mich umzubringen und damit erfolgreich sein sollte … Ich konnte ihn nicht an Titania ausliefern.
Allerdings … wenn ich es nicht tat, würde Meghan mich niemals lieben. Meine Prinzessin, das Mädchen, für das ich einfach alles tun würde, würde mich niemals wahrnehmen, mich niemals so ansehen, wie sie Ash ansah.
Was an ihm war nur so besonders? Was hatte er, was ich nicht hatte?
»Du bist erschreckend still.«
Ich blinzelte erschrocken und sah von dem Kaninchen auf, dem ich gerade die Haut abzog. Ash kniete ein Stück weit vom Feuer entfernt und beugte sich konzentriert über seine Arbeit. Er führte sein Jagdmesser mit geübter Präzision. »W-was?«, stammelte ich ein wenig zu hastig. Oh, wirklich brillant, Goodfellow. Das schreit nach einem Rettungsmanöver, aber schnell. »Ich?«, fuhr ich also fort und tat so, als wäre ich schockiert. »Wie, Eisbubi, was meinst du denn damit? Du machst dir doch nicht etwa Sorgen?«
Ohne hochzuschauen, meinte Ash ruhig: »Du verbirgst etwas vor mir. Wenn ich meine eigenen Gedanken hören kann, weil du nicht ununterbrochen quasselst, dann ist irgendetwas im Busch oder aber irgendetwas wird demnächst verdammt schieflaufen. Gibt es vielleicht etwas, dass du mir sagen solltest, Goodfellow?«
Verdammt, seit wann konnte Eisbubi mich denn dermaßen durchschauen? Daran musste ich definitiv arbeiten. »Na ja«, erwiderte ich schließlich mit einem gezwungenen Grinsen. »Ich denke, dich in ein Eichhörnchen zu verwandeln, wäre der leichteste Weg, um dich in Arkadia einzuschmuggeln. Was meinst du? Oder, wenn dir das lieber ist, ginge auch eine Maus. Oder ein Vogel. Oder ein Kaninchen!« Ich schaute kurz auf den gehäuteten Kadaver in meinen Händen. »Obwohl das nach hinten losgehen könnte, falls Titanias Hunde in der Nähe sind …«
»Schon gut.« Mit einem tiefen Seufzer schüttelte Ash den Kopf. »Tut mir leid, dass ich etwas gesagt habe.«
»Oh, oh, jetzt hab ich’s!« Ich schnippte mit den Fingern. »Ein Chamäleon! So könntest du auf meiner Schulter sitzen und dich tarnen. Das ist brillant! Und du würdest bestimmt ein sehr hübsches Chamäleon abgeben, meinst du nicht, Eisbubi?«
Ash verdrehte die Augen, beugte sich wieder über seine Arbeit und schenkte mir keine weitere Beachtung. Ich redete weiter auf ihn ein, sinnloses, leeres Geschwafel, das keiner von uns ernst nahm. Es war ein Schild, eine Schutzwand, hinter der ich meine wahren Gedanken verbarg, die ich unmöglich länger zurückdrängen konnte.
Warum bist du hier?
Für Meghan. Das war die offensichtliche Antwort. Ich war für Meghan hier. Ich liebte meine Prinzessin, und ich wollte, dass sie glücklich war. Selbst wenn ihr Glück darin bestand, mit einem anderen zusammen zu sein. Selbst wenn dieser andere mein Erzrivale war. Ich wollte, dass sie glücklich war.
Meinst du nicht, du könntest sie glücklich machen?
Das könnte ich. Wenn sie mich gewählt hätte, hätte ich ihr alles gegeben. Ich war derjenige, der sie immer zum Lachen brachte, der ihr die Wunder der Sommermagie gezeigt hatte, der ohne zu zögern eine Kugel für sie abgefangen hatte. (Was, nebenbei erwähnt, verflucht wehgetan hatte.) Ich war derjenige, der sie vor ihren grausamen menschlichen Klassenkameraden beschützt hatte, der jeden Tag mit ihr zum Bus und zurück gegangen war, der an ihren Geburtstag gedacht hatte, wenn alle
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