Plötzlich Fee - Das Geheimnis von Nimmernie: Band 5 - (German Edition)
gut kannte der Sommerkönig mich .
»Also, Oberon.« Immer noch grinsend nickte ich ihm zu. »Was macht Ihr hier?« Aufmerksam musterte ich seine Rüstung und den mächtigen Bogen, den er sich über den Rücken geschlungen hatte. »Ein kleiner Jagdausflug? Ganz allein? Und Ihr habt mich nicht dazu eingeladen? Das trifft mich zutiefst.«
»Lass den Unsinn, Robin.« Der Lichte König hob die Hand, und in der Ferne grollte Donner. Das Lagerfeuer zwischen uns flackerte auf, als wollte es aus seiner Grube hüpfen, und die Pflanzen um uns herum drehten völlig durch, ringelten sich, wanden sich und tanzten, als wären sie überwältigt, ihn zu sehen. Solch eine gewaltige Macht hatte der Sommerkönig. »Ich denke, wir wissen beide, warum ich hier bin. Wo ist der Dunkle Prinz?«
»Prinz?« Angestrengt runzelte ich die Stirn, während mein Herz unter meinem Hemd wild raste. Wie hatte Oberon so schnell von Ash erfahren? Wir befanden uns noch nicht einmal innerhalb der Grenzen von Arkadia. »Warum glaubt Ihr, ich wüsste etwas über den Prinzen der Dunklen?«, fragte ich und setzte dabei meine glaubwürdigste Unschuldsmiene auf. »Wir sind schließlich offiziell verfeindet. Falls Ihr es noch nicht wusstet: Er hat diesen klitzekleinen Eid geschworen, mich eines Tages umzubringen.«
Nichts davon war eine Lüge. Wenn man erst mal so lange gelebt hat wie ich, wird man ein Experte darin, um die Wahrheit »herumzutänzeln«, wie manch einer es ausdrückt. Dummerweise war Oberon auch kein junger Hüpfer mehr.
»Robin.« Er warf mir einen betont geduldigen Blick zu. »Ich weiß Bescheid. Ich kenne euren Plan. Glaubst du etwa, ich wäre derart unwissend im Hinblick auf die Vorgänge an meinem eigenen Hof? Titania ist völlig vernarrt in ihr neues Spielzeug. Ich weiß, dass sie es Leanansidhe gestohlen hat – sie macht absolut kein Geheimnis daraus. Ich hatte mich bereits gefragt, wie Leanansidhe wohl darauf reagieren würde. Dann erhielt ich Kunde davon, dass du gemeinsam mit dem Winterprinzen den Wilden Wald betreten hast, und dass ihr in Richtung des Sommerreiches zieht. Halte mich nicht für einen Narren, Goodfellow. Ich weiß, dass du vorhast, Leanansidhe ihr Spielzeug zurückzubringen. Aber wie auch immer«, setzte er fort, bevor ich einen neuen Plan parat hatte, um mich aus dieser Sache rauszuwinden, ohne für wer weiß wie lange in einen Vogel oder eine Ratte verwandelt zu werden. »Entspann dich, Robin. Ich bin nicht hier, um euch aufzuhalten.«
Ich entspannte mich keineswegs. Eher im Gegenteil. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und zog fragend eine Augenbraue hoch. »Ach?«
»Meine liebe Gemahlin war davon in letzter Zeit gedanklich völlig absorbiert«, fuhr der Herrscher der Lichten Feen fort. »Sie vergöttert ihr neues Spielzeug und schenkt weder ihrem Hofstaat noch ihren Untertanen oder ihrem König die gebührende Aufmerksamkeit. Das missfällt mir.«
Aha! Das also steckte dahinter. Oberon war schon immer eifersüchtig gewesen. Alles, was Titanias Aufmerksamkeit von seiner Person ablenkte, sorgte für hitzige Debatten zwischen den beiden Feenherrschern. Beim letzten Mal hatte Titania sich geweigert, einen kleinen indischen Wechselbalg aufzugeben, woraufhin Oberon mir befohlen hatte, ihr einen Liebestrank in die Augen zu träufeln, damit sie das Kind vergaß.
Wir wissen ja alle, wie das ausgegangen ist.
Da ich wusste, in welche Richtung wir uns bewegten, seufzte ich schwer. »Lasst mich raten«, sagte ich dann. »Ihr werdet Euch in den nächsten Tagen ›rein zufällig‹ nicht bei Hofe aufhalten. Währenddessen wird Titanias aktuelles Spielzeug unter mysteriösen Umständen verschwinden, und Ihr werdet natürlich keinen blassen Schimmer haben, wo es geblieben sein könnte.«
»Ich werde mit meinen Rittern und meiner Meute zur Jagd gehen«, erwiderte der Erlkönig würdevoll. »Was Titania während meiner Abwesenheit tut, ist für mich ohne Belang. Jedoch …« Er trat näher heran und füllte mit seiner Präsenz die gesamte Höhle aus. Sein langer Schatten ragte über mir auf, als er mir in die Augen sah. »Eine Sache solltest du bedenken, Robin. Und dich an sie erinnern, wenn du mit deinem Plan nach Arkadia ziehst, wie auch immer dieser aussehen möge.«
Oberon beugte sich vor und flüsterte mit leiser, finsterer Stimme über die Flammen hinweg: »Wenn nun dein Gefährte plötzlich … verschwunden wäre«, hauchte er, und im selben Moment schloss sich eine kalte Faust um meinen Magen. »Wenn der
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