Plötzlich Fee - Sommernacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Sommernacht - The Iron Fey, Book 1: The Iron King
lassen.«
»Du hast was? «
Oberon zog unwirsch die Augen zusammen, und mir wurde bewusst, dass ich möglicherweise zu weit gegangen war. Der Herrscher des Lichten Hofes war es sicher nicht gewöhnt, dass man sein Handeln infrage stellte.
»Äh … tut mir leid«, murmelte ich und stieg vorsichtig aus dem Bett. Über die Kleiderfrage würde ich mir später den Kopf zerbrechen. »Also, worüber wolltest du mit mir reden?«
Der Erlkönig seufzte und musterte mich, bis mir unbehaglich wurde. Dann wandte er sich wieder dem Kamin zu und murmelte: »Du bringst mich in eine schwierige Lage, Tochter. Du bist die Einzige von meinen Sprösslingen, die sich in unsere Welt gewagt hat. Ich muss zugeben, ich war ein wenig überrascht, dass du es geschafft hast, so lange zu überleben, auch wenn Robin auf dich aufgepasst hat.«
»Sprösslinge?« Ich blinzelte verwirrt. »Willst du damit
sagen, dass ich Brüder und Schwestern habe? Halbgeschwister? «
»Keiner von ihnen ist mehr am Leben.« Oberon machte eine wegwerfende Handbewegung. »Und es gab auch keine anderen in diesem Jahrhundert, das kann ich dir versichern. Deine Mutter war seit fast zweihundert Jahren der einzige Mensch, der meine Aufmerksamkeit erregt hat.«
Mein Mund war plötzlich trocken. Mit wachsendem Zorn starrte ich Oberon an. »Warum?«, wollte ich wissen, worauf er eine schmale Augenbraue hochzog. »Warum sie? War sie nicht bereits mit meinem Dad verheiratet? Hast du dich darum überhaupt gekümmert?«
»Nein, habe ich nicht.« Oberons Blick war unbarmherzig und zeigte keinerlei Reue. »Warum sollten mich irgendwelche menschlichen Rituale interessieren? Ich brauche keine Erlaubnis, um mir zu nehmen, was ich will. Und wäre sie wirklich glücklich gewesen, hätte es nicht in meiner Macht gestanden, sie zu beeinflussen.«
Scheißkerl. Ich biss mir auf die Zunge, damit das Schimpfwort mir nicht entschlüpfte. Ich war zwar stinksauer, aber nicht lebensmüde.
Doch Oberons Blick wurde schärfer, als wüsste er, was ich dachte. Er sah mich lange ausdruckslos an, als wollte er mich herausfordern, mich ihm zu widersetzen. Einige Sekunden lang starrten wir uns an, während sich die Schatten um uns herum zusammenballten und ich darum kämpfte, seinem Blick standzuhalten. Es war zwecklos. Oberon niederstarren zu wollen, war ungefähr so, als würde man sich einem Tornado entgegenstellen.
Erschaudernd senkte ich schließlich als Erste den Blick.
Kurz darauf wurde Oberons Miene weich, und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. »Du bist ihr sehr ähnlich, Tochter«, nahm er den Faden wieder auf, und in seiner Stimme lag sowohl Stolz als auch Resignation. »Deine Mutter war eine bemerkenswerte Sterbliche. Wäre sie eine Fee gewesen, ihre Bilder wären zum Leben erwacht, so viel Gefühl hat sie in sie hineingelegt. Wenn ich sie im Park beobachtet habe, spürte ich ihre Sehnsucht, ihre Einsamkeit und ihre Isolation. Sie wollte mehr vom Leben. Sie wollte, dass etwas Außergewöhnliches geschieht.«
Das wollte ich nicht hören. Ich wollte nichts erfahren, was meine schönen Erinnerungen an unser früheres Leben zerstören konnte. Ich wollte weiterhin glauben, dass meine Mom meinen Dad geliebt hatte, dass wir glücklich und zufrieden waren und dass sie sein Ein und Alles gewesen war. Ich wollte nichts über eine Mutter hören, die einsam gewesen war und auf Feentricks und den Schein hereingefallen war. Mit einer beiläufigen Bemerkung löste sich meine ganze Vergangenheit in ein völlig fremdes Chaos auf, und ich hatte das Gefühl, meine Mutter überhaupt nicht mehr zu kennen.
»Ich habe einen Monat gewartet, bis ich sie angesprochen habe«, fuhr Oberon fort, der meine Qualen überhaupt nicht zu bemerken schien. Ich ließ mich wieder aufs Bett sinken, während er weitersprach: »Langsam lernte ich ihre Gewohnheiten kennen, ihre Gefühle, jede Kleinigkeit von ihr. Und als ich mich ihr zu erkennen gab,
da ließ ich sie einen kleinen Teil meiner wahren Natur sehen, weil ich neugierig war, ob sie auf das Außergewöhnliche zugehen oder sich an den Unglauben der Sterblichen klammern würde. Sie akzeptierte mich freudig, mit ungezügelter Begeisterung, als hätte sie die ganze Zeit nur auf mich gewartet.«
»Halt«, würgte ich hervor. Mein Magen rebellierte. Ich schloss die Augen, um gegen die Übelkeit anzukämpfen. »Ich will das nicht hören. Wo war mein Dad, als das alles passiert ist?«
»Der Ehemann deiner Mutter war die meisten Nächte nicht da«, erwiderte
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