Plötzlich Fee - Sommernacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Sommernacht - The Iron Fey, Book 1: The Iron King
Pfoten gelegt und seine goldenen Augen musterten mich mit dem üblichen Desinteresse. »Was machst du denn hier?«
Er gähnte. »Ich habe ein Nickerchen gemacht, aber wie es aussieht, könnte das hier bald ganz interessant werden, also werde ich wohl noch ein wenig bleiben.« Der Kater stand auf, streckte sich, machte einen Buckel und warf mir dann einen fragenden Seitenblick zu. »Und, Mensch, wie ist das Leben an Oberons Hof?«
»Du hast es gewusst«, beschuldigte ich ihn, als er sich wieder setzte und begann, sich eine Pfote zu putzen. »Du hast die ganze Zeit gewusst, wer ich war. Deshalb hast du
dich bereit erklärt, mich zu Puck zu bringen – du hast gehofft, du könntest Oberon erpressen.«
»Erpressen«, erwiderte Grimalkin und blinzelte träge mit den gelben Augen, »ist so ein barbarisches Wort. Du hast noch viel über Feen zu lernen, Meghan Chase. Denkst du denn, andere hätten nicht dasselbe getan? Hier hat alles seinen Preis. Frag Oberon. Oder, wenn wir schon dabei sind, frag deinen Puck.«
Ich wollte gerade nachhaken, was er damit meinte, doch in dem Moment fiel ein Schatten über mich, und als ich mich umdrehte, ragte Dame Weberin vor mir auf.
»Der Winterhof wird bald eintreffen«, hauchte sie und umschloss mit ihren bleistiftdünnen Fingern meine Schulter. »Du musst deinen Platz an der Tafel einnehmen, an der Seite König Oberons. Er besteht auf deiner Gegenwart. Los, geh.«
Ihr Griff wurde härter, und sie schob mich zu der langen Tafel, an der Oberon und die Adeligen des Sommerhofes warteten. Oberons Blick war betont gleichgültig, aber in Titanias Augen funkelte der blanke Hass, sodass ich am liebsten weggerannt wäre und mich irgendwo verkrochen hätte. Mit der unheimlichen Spinnenfrau auf der einen Seite und der Königin des Lichten Hofes auf der anderen würde ich am Ende des Abends ziemlich sicher als Maus oder Kakerlake enden.
»Mach deinem Vater deine Aufwartung«, zischte Dame Weberin mir ins Ohr, bevor sie mich in Richtung des Erlkönigs schubste.
Ich schluckte schwer und ging dann unter den starren Blicken der Höflinge auf die Tafel zu. Ich wusste nicht,
was ich sagen sollte. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Es fühlte sich an, als müsste ich vor der gesamten Schule eine Rede halten und hätte meine Notizen vergessen. Also betete ich schweigend um eine Eingebung, während ich Oberon in die ausdruckslosen grünen Augen sah und dann in einen unbeholfenen Knicks sank.
Der Erlkönig setzte sich auf. Ich sah, wie sein Blick kurz an dem grellorangen Rucksack hängen blieb und er die Augenbrauen zusammenzog. Mir stieg das Blut in den Kopf, aber jetzt konnte ich ihn auch nicht mehr absetzen.
»Wir heißen Meghan Chase bei Hofe willkommen«, erklärte Oberon dann mit steifer, formeller Stimme. Er hielt inne und schien darauf zu warten, dass ich etwas erwiderte, aber mir blieb jedes Wort im Halse stecken. Schweigen breitete sich aus und irgendjemand in der Menge kicherte leise. Schließlich wies Oberon auf einen freien Stuhl am unteren Ende des Tisches und mit knallrotem Gesicht ließ ich mich unter dem Blick des gesamten Hofstaates darauf nieder.
»Höchst beeindruckend«, raunte eine Stimme zu meinen Füßen. Grimalkin sprang auf den Stuhl neben mir, wo ich gerade meinen Rucksack hatte ablegen wollen. »Du hast eindeutig die Schlagfertigkeit deines Vaters geerbt. Dame Weberin muss so stolz auf dich sein.«
»Halt die Klappe, Grim«, murmelte ich und schob den Rucksack unter meinen Stuhl. Ich hätte noch mehr zu sagen gehabt, doch in diesem Moment verstummte die Musik und laute Fanfarenstöße ertönten.
»Sie sind da«, stellte Grimalkin fest und presste die
Augen zu goldenen Schlitzen zusammen. Der Kater schien zu lächeln. »Das dürfte höchst interessant werden.«
Die Fanfarenstöße schwollen an, und auf einer Seite des Hofes geriet die allgegenwärtige Dornenhecke in Bewegung, die Zweige zogen sich zurück und bildeten einen hohen Torbogen, der wesentlich größer und schöner war als alle, die ich bisher gesehen hatte. An den Ranken erblühten schwarze Rosen, und ein eisiger Wind blies durch das Tor und überzog die Bäume in der Nähe mit Frost.
Das erste Wesen tappte durch den Bogen, und ich zitterte auf einmal nicht mehr nur vor Kälte. Es war ein Kobold mit warziger grüner Haut, der einen edlen schwarzen Mantel mit Goldknöpfen trug. Er musterte verschlagen den wartenden Hofstaat, drückte die Brust heraus und rief mit klarer, aber irgendwie knirschender
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