Plötzlich Fee - Winternacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Winternacht - The Iron Fey, Book 2: The Iron Daughter
beides herausholte, hatte sich an der Mullbinde eine feine Silberkette verfangen, die sich aber löste und auf den Boden fiel. Ich bückte mich, um sie aufzuheben, und entdeckte dabei zwei Ringe an der Kette, einen kleinen und einen größeren, und endlich verstand ich, was Ash gesagt hatte.
Das alles – der ganze Krimskrams in der Schublade – gehörte Ariella. Dort bewahrte Ash seine Erinnerungen an sie auf. Der Dolch gehörte ihr, die Schleife gehörte ihr. Die Ringe, die mit einem filigranen Muster aus silbernen und goldenen Blättern verziert waren, bildeten ein zueinander passendes Paar.
Ich legte die Kette zurück und schloss die Schublade, während sich in meinem Magen ein kalter Knoten bildete. Falls ich jemals einen Beweis dafür gebraucht hätte, dass Ash Ariella immer noch liebte – hier war er.
Meine Augen brannten und ich blinzelte ärgerlich. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für einen Eifersuchtsanfall. Ich drehte mich um und entdeckte, dass Ash mich aus stumpfen, freudlosen Augen ansah. Ich holte tief Luft. »Äh, ich denke, du musst das Hemd ausziehen«, flüsterte ich.
Er gehorchte und stieß sich von der Wand ab, wo er einen roten Fleck hinterließ. Dann zog er das zerfetzte Hemd aus, warf es auf den Boden und drehte sich wieder zu mir um. Ich gab mir alle Mühe, nicht seine muskulöse Brust anzustarren, auch wenn mein Mund trocken wurde und mein Gesicht sich mit heißer Röte überzog.
»Soll ich mich hinsetzen?«, murmelte er und half mir damit wieder auf die Sprünge. Dankbar nickte ich. Er ging zum Bett und ließ sich mit dem Rücken zu mir auf die Matratze sinken. Die Wunden an seiner Schulter und den Rippen waren blutverschmiert, was in scharfem Kontrast zu seiner blassen Haut stand.
Du schaffst das, Meghan. Vorsichtig stellte ich mich hinter ihn und untersuchte schaudernd die langen, ausgefransten Schnitte in seinem Fleisch. So viel Blut. Ich tupfte es behutsam ab, da ich ihm nicht wehtun wollte, aber er gab keinen Ton von sich. Als das Blut weg war, tauchte ich zwei Finger in die Salbe und trug sie vorsichtig auf die Wunde an der Schulter auf.
Er gab ein leises Geräusch von sich, fast wie ein Seufzen. Dann ließ er den Kopf nach vorn hängen, so dass seine Haare über seine Augen fielen. »Mach dir keine Sorgen, dass es wehtun könnte«, murmelte er, ohne aufzusehen. »Ich bin das … gewöhnt.«
Ich nickte und trug die Salbe dicker auf die Wunden auf. Seine Schultern waren zwar angespannt, so dass ich die harten Muskelstränge unter meinen Fingern spüren konnte, doch er zuckte nicht. Unwillkürlich fragte ich mich,
ob Ariella das früher für ihn getan hatte, hier in diesem Schlafzimmer, ob sie ihn wieder zusammengeflickt hatte, wenn er verletzt worden war. Wenn man nach den blassen Narben auf seinem Rücken ging, war er heute nicht zum ersten Mal in einem ernsten Kampf verwundet worden. Hatte sie sich auch so gefühlt wie ich, wütend und entsetzt, wann immer Ash sich in tödliche Gefahr begab?
Mein Blick verschwamm. Ich versuchte zu blinzeln, aber es half nichts. Ich nahm den Verband, wickelte ihn um seine Schulter und biss mir auf die Lippen, damit mir kein Laut entkam, während mir die Tränen übers Gesicht liefen.
»Es tut mir leid.«
Er hatte sich nicht bewegt und seine Stimme war so leise, dass ich sie kaum hörte, doch ich hätte trotzdem fast den Verband fallen lassen. Ich band ihn fest, ohne zu antworten, und machte dann an den Rippen weiter, indem ich Ash den Verband um den Bauch wickelte. Ash saß vollkommen still und atmete kaum. Eine Träne tropfte von meinem Kinn und landete auf seinem Rücken, was ihn zusammenzucken ließ.
»Meghan?«
»Warum entschuldigst du dich?« Meine Stimme klang wackeliger als beabsichtigt und ich schluckte schwer. »Du hast mir doch schon erklärt, warum du dich wie ein Mistkerl aufgeführt hast. Du musstest mich vor deiner Familie und dem Winterhof schützen. Das waren völlig verständliche Gründe.« Nicht dass ich verbittert wäre oder so.
»Ich wollte dich nicht verletzen.« Ashs Stimme war immer noch sehr leise und zögernd. »Ich dachte, falls ich dich dazu bringen könnte, mich zu hassen, würde es das leichter machen, wenn du in deine Welt zurückkehrst.« Er zögerte kurz, dann flüsterte er fast tonlos: »Was ich da im Hof gesagt habe … Rowan hätte dich nur noch mehr gequält, wenn er es gewusst hätte.«
Ich war mit dem Verband um seine Rippen fertig und zog die Enden fest. Mir liefen immer noch die Tränen
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