Plötzlich Fee - Winternacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Winternacht - The Iron Fey, Book 2: The Iron Daughter
»Ich will ja auch hier raus. Aber wir müssen Geduld haben. Puck und Grim sind ja auch noch da – sie werden uns wissen lassen, wenn sich etwas ergibt oder wir von hier wegkönnen.«
Er sah immer noch unglücklich aus, nickte aber. Ich seufzte erleichtert und hoffte gleichzeitig, dass Leanansidhes Spione bald etwas herausfinden würden, bevor Eisenpferd noch anfing, die Wände einzureißen.
Die Tür flog krachend auf und wir schreckten beide hoch, doch es war nur ein Mensch, der ungepflegte Klavierspieler, den wir bei unserer Ankunft in der Villa gesehen hatten. Er schlurfte in den Raum und hielt die leeren Augen auf den Boden gerichtet, bis er mich entdeckte. Mit einem sinnentleerten Lächeln stolperte er vorwärts, blieb aber abrupt stehen, als er die riesige Eiserne Fee sah, die vor mir kniete.
Eisenpferd erhob sich mit einem Grollen und ich boxte ihm gegen den Arm, was allerdings nur mich zusammenzucken ließ, als ich mir an seinem steinharten Bizeps die Knöchel prellte. »Ich glaube nicht, dass er mir etwas tun wird. Er sieht ziemlich harmlos aus.«
Eisenpferd warf dem Menschen einen misstrauischen Blick zu und schnaubte. » WENN IHR MICH BRAUCHT …«
»Dann schreie ich.«
Er nickte, starrte den Mann weiterhin finster an und zog sich an das andere Ende des Raumes zurück, von wo aus er uns beobachtete.
Nachdem Eisenpferd sich nun entfernt hatte, schien sich der Mann zu entspannen. Er schob sich Zentimeter für Zentimeter an meine Couch heran, hockte sich auf die Kante und starrte mich neugierig an. Ich lächelte über mein Buch hinweg zurück. Heute schien er viel ruhiger zu sein, nicht ganz so verrückt. Sein Blick war klar, auch wenn ich mich etwas unbehaglich fühlte, weil er mich so anstarrte.
»Hi«, sagte ich zu ihm und wand mich unter diesem unablässigen Blick. »Du bist Charles, stimmt’s? Ich habe dich spielen hören, du bist echt gut.«
Verwirrt runzelte er die Stirn und legte den Kopf schief. »Du hast mich … spielen hören?«, murmelte er mit überraschend klarer, tiefer Stimme. »Ich … kann mich nicht erinnern.«
Ich nickte bekräftigend. »In der Eingangshalle, als wir gerade erst angekommen waren. Du hast für Leanansidhe gespielt und wir haben den Schluss noch mitgekriegt.«
»Ich erinnere mich nicht«, sagte er wieder und kratzte sich am Kopf. »Ich kann mich an vieles nicht erinnern.« Dann blinzelte er und sah mich an, plötzlich sehr nachdenklich. »Aber … an dich erinnere ich mich. Ist das nicht seltsam?«
Ich warf einen kurzen Blick zu Eisenpferd, der sich in seiner Ecke herumtrieb und so tat, als würde er nicht lauschen. »Wie lange bist du schon hier, Charles?«
Wieder runzelte er die Stirn. Sein Gesicht war zwar ausgemergelt und von Falten durchzogen, wirkte aber trotzdem merkwürdig kindlich. »Ich … ich bin schon immer hier.«
»Sie können sich an nichts erinnern.« Grimalkin erschien ohne Vorwarnung auf der Rückenlehne der Couch und schlug mit dem Schwanz. Ich fuhr zusammen und ließ mein Buch fallen, doch Charles sah den Kater einfach nur an, als hätte er schon wesentlich seltsamere Dinge erlebt. »Er ist schon zu lange hier«, fuhr Grimalkin fort, setzte sich und legte den Schwanz um seine Pfoten. »Das geschieht mit den Sterblichen, die zu lange im Feenreich sind. Dieser hier hat alles vergessen, was mit seinem früheren Leben zusammenhängt. Genau wie all die anderen Sterblichen, die hier herumgeistern.«
»Hallo, Miezekatze«, murmelte Charles und streckte die Hand nach Grimalkin aus. Der sträubte das Fell und zog sich ans andere Ende der Couch zurück.
»Wie viele von ihnen gibt es hier?«, fragte ich.
»Menschen?« Grimalkin begann sich eine Pfote zu lecken, behielt Charles dabei aber wachsam im Auge. »Nicht sonderlich viele. Schätzungsweise ein Dutzend oder so. Alle große Künstler – Dichter oder Maler oder irgend so ein Unsinn.« Er rümpfte die Nase und fuhr sich mit der Pfote übers Gesicht. »Das erhält diesen Ort am Leben, all die kreative Energie und der Schein. Nicht einmal die Dunkerwichtel würden ihnen ein Haar krümmen.«
»Wie kann sie sie hier festhalten?«, fragte ich weiter, aber Grimalkin gähnte, rollte sich auf der Rückenlehne der Couch zusammen, vergrub die Nase unter dem Schwanz und schloss die Augen. Offenbar hatte er genug davon, Fragen zu beantworten. Ich hätte ihn ja gepikt, aber dann hätte er nur nach mir geschlagen oder wäre verschwunden.
»Hier seid ihr, meine Lieben.« Leanansidhe schwebte
in den Raum,
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