Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3
Geburtstag gelandet bin. So um 1920 herum. Habe ich dir davon schon erzählt?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Sie trug ein Abendkleid mit einem riesigen Rückenausschnitt und hat getanzt und so eine lange schwarze Zigarettenspitze in der Hand gehabt und irgendeinem Typen Rauch ins Gesicht geblasen.« Suse musste bei der Erinnerung lachen.
»Wirklich?« Ich nahm mir den nächsten Teller vor.
»Wirklich. Und jetzt stell dir doch mal vor, ich wäre plötzlich sichtbar geworden. So mit Jeans und Biker-Stiefeln und allem!« Suse umklammerte meinen Arm und erschauerte. »Wie hätten die mich wohl alle angeguckt? Damals gabâs doch noch gar keine Jeans und schon gar nicht für Frauen.«
Ich drehte mich zu ihr um und sah sie fasziniert an. »Ãberleg mal, wenn Elsa LeMarr dich dann angesprochen hätte!«
Suse zog die Augenbrauen zusammen. »Vielleicht hätte ich sie gar nicht verstanden. Ich meine, haben die damals nicht irgendwie komisch geredet?«
»Kann sein.« Wieder dachte ich, wie unglaublich stark Tante Emmi gewesen sein musste, um so etwas durchzustehen. »Und vor allem«, flüsterte ich, »stell dir vor, du wärst nicht mehr zurückgekommen.«
»Ogottogottogott.« Suses Augen weiteten sich vor Schreck. »Eins steht fest: Ab jetzt stecke ich immer Geld ein, wenn ich in die Vergangenheit schaue. Für den Fall, dass was schiefgeht und ich plötzlich sichtbar werde.«
»Genau, und vor allem musst du auch immer dein Handy voll aufladen«, sagte ich.
Wir kicherten leise, von wegen Euro-Scheinen und Kaffee für fünftausend Mark und Telefonnetz und so weiter. Mensch, das war ja alles noch viel komplizierter, als man es sich vorstellen konnte!
»Jedenfalls«, fuhr ich fort. »Wenn du da bei Elsas Geburtstagsfeier stecken geblieben wärst, dann hätte ich dich nie kennengelernt. Wir wären nie Freundinnen geworden. Und schon gar nicht Irgendwie-Cousinen.« Ich grinste schief. »Aber Luna hätte dann immerhin endlich das Zimmer für sich allein gehabt. Hehe. Nee, im Ernst jetzt, du hättest Luna und deine Eltern und Greg und Opa Till und alle nie mehr wiedergesehen!«
Suse lieà sich auf einen Küchenstuhl sinken, sie war weiÃer als der Teller in meiner Hand. »Wie schrecklich.« Sie starrte eine Weile vor sich hin, dann pustete sie sich eine Strähne aus der Stirn. »Pfft. Nein, ohne mich. AuÃerdem gab es damals noch nicht mal Lipgloss.«
»Uh-uh-uh!« Ich setzte mich lachend neben sie. »Und auch keine Zimtkaugummis.«
»Vielleicht mache ich das mit dem Vergangenheitsgucken nie wieder. Ich meine, was soll das auch? Ich will hier und jetzt sein und nirgends sonst.« Sie schüttelte sich etwas. »Auf jeden Fall bin ich wahnsinnig gespannt, wie das alles weitergeht. Endlich kommt Bewegung in diese vertrackte Sache. Die Frage ist nur, was hat Emmis Geschichte mit uns zu tun?«
Eine Minisekunde lang musste ich überlegen, von wem sie sprach, so komisch war es, sie »Emmi« sagen zu hören. »Nun, eines wissen wir schon jetzt, nämlich dass unsere drei Ringe mal ein einziger Ring waren«, sagte ich.
»Genau. Und dass die jeweilige Trägerin mit diesem einen Ring in alle Zeiten schauen konnte â¦Â«, fügte Suse hinzu.
»⦠während wir mit unseren immer nur in eine Richtung gucken. Du in die Vergangenheit, Luna in die Zukunft und ich ⦠na ja, ich bleibe quasi auf der Stelle stehen«, ergänzte ich.
»Also hat Elsa LeMarr den Ring wahrscheinlich geteilt und dadurch die Gefahr gebannt, dass wir uns streiten und eine von uns aus Versehen in irgendeiner Zeit stecken bleibt. Quasi als Schutzfunktion.«
»Ganz schön clever!«, stieà ich hervor.
»Na ja, sie war nicht umsonst Wissenschaftlerin. Die Frage ist nur: Was genau wollte uns Elsa mit ihrem Brief und den Moiren und all dem Zeugs sagen?«
Ich runzelte die Stirn. »Vielleicht hat sie uns die Ringe zukommen lassen, um durch uns Kontakt zu ihrer Schwester herstellen zu können!«
»Uuuuuh!«, stieà Suse hervor. »Meinst du wirklich? Dass sie irgendwie mit ihr reden will oder so was?«
Ich nickte heftig. »Eine andere Erklärung fällt mir zumindest nicht ein. Wahrscheinlich möchte sie sich entschuldigen, weil sie Tante Emmi damals den Ring weggenommen hat. Und natürlich wissen, wie es ihr geht. Was man halt so macht, wenn man
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