Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen
das Händchen halten, bis wir bei der Eisernen Königin ankommen.« Mit peitschendem Schwanz stand er auf. »Der Zug wird bald hier sein. Gebt euch Mühe, ihn nicht zu verpassen, Menschen.«
Und ohne ein weiteres Wort verschwand er.
Kenzie seufzte und murmelte etwas über unmögliche Katzenviecher. Und mir wurde schlagartig bewusst, wie blass und müde sie im Mondlicht aussah. Unter ihren Augen lagen tiefe Schatten, und ihre Wangen waren richtig eingefallen. Offenbar hatte ihre übliche, unerschöpfliche Energie sie verlassen.
Sie blickte den Abhang hinunter, rieb sich die Arme und fröstelte im kalten Wind.
»Nun ja.« Sie drehte sich zu mir um. Sogar ihr Lächeln wirkte erschöpft. Zaghaft stand sie am Rande der Anhöhe, während ihr der Wind durch die Haare fuhr. »Jetzt gehen wir also in eine gruselige Feenstadt, sprechen mit einem gruseligen Feenschaffner und fahren mit einem gruseligen Feenzug, und das alles nur, weil eine sprechende Katze es uns befohlen hat.«
»Geht es dir gut?«, fragte ich. »Du siehst ziemlich fertig aus.«
»Ich bin nur müde. Komm, gehen wir.« Ohne mir in die Augen zu sehen, wich sie einen Schritt zurück und wollte sich abwenden, doch da entdeckte ich etwas, das mir fast den Magen umdrehte.
»Kenzie, warte!« Mit einem Schritt war ich bei ihr und griff so sanft wie möglich nach ihrem Arm. Sofort versuchte sie, sich mir zu entziehen, aber ich schob ihren Ärmel hoch und legte den breiten, violetten Streifen frei, der sich von der Schulter bis fast zum Ellenbogen zog. Auf ihrer ansonsten makellosen Haut hob sich deutlich ein dunkler Bluterguss ab.
Ich schnappte entsetzt nach Luft. »Wo hast du den denn her?«, wollte ich wissen. Es machte mich wütend, dass sie mir nichts davon gesagt hatte und ich es jetzt erst bemerkte. »Was ist passiert?«
»Ist schon gut, Ethan.« Sie riss sich von mir los und schob den Ärmel runter. »Das ist nichts. Den habe ich mir geholt, als wir gegen diesen Lindwurm gekämpft haben.«
»Und warum hast du nichts gesagt?«
»Weil es keine große Sache ist!« Kenzie zuckte mit den Schultern. »Glaub mir, Ethan, ich bin okay. Ich bekomme einfach schnell blaue Flecken, das ist alles.« Doch wieder wich sie dabei meinem Blick aus. »Das passiert mir ständig. Also, können wir jetzt gehen? Grimalkin hat doch gesagt, wir dürften den Zug nicht verpassen.«
»Kenzie …« Doch sie hatte sich schon an den Abstieg gemacht und wanderte ohne einen Blick zurück unerschrocken auf die Lichter, die Schienen und die Stadt voll Eiserner Feen zu. Mit einem frustrierten Schnaufen lief ich los, um sie einzuholen.
Am Fuße des Abhangs betraten wir die Stadt. Verblüfft sah Kenzie sich um und vergaß jede Vorsicht, während ich meine Rattanstöcke umklammerte und jedes Mal zusammenzuckte, wenn sich etwas näherte.
Überall um uns herum waren sie: seltsame, verrückte, albtraumhafte Eiserne Feen. Kreaturen, die komplett aus gebogenen Drähten bestanden. Eine elegant gekleidete Gestalt mit Zylinder, die einen tickenden Aufziehhund an der Leine führte. Einmal krabbelte eine alte Frau, die den Körper einer riesigen Spinne hatte, vorbei. Ihre nadelspitzen Beine klapperten auf den Holzplanken. Kenzie quietschte entsetzt und drückte meine Hand so fest, dass sie mir fast die Finger quetschte. Sie ließ erst wieder los, als das Spinnenwesen verschwunden war.
Und wir wurden angestarrt. Trotz Grimalkins Versicherungen nahmen die Eisernen Feen sehr wohl Notiz von uns, und wie sollte es auch anders sein? Bestimmt wanderten nicht alle Tage zwei Menschen durch ihre Stadt, die dermaßen sterblich und unfeenhaft aussahen. Seltsamerweise versuchte trotzdem niemand, uns aufzuhalten, als wir uns einen Weg über die schwankenden Brücken und Stege suchten, vorbei an Hütten und fremdartigen Läden. Ich spürte lediglich die glühenden Feenaugen in meinem Rücken.
Irgendwann erreichten wir ein großes, rundes Plateau, auf dem mehrere Stege zusammenliefen. Von hier aus konnte man schon die Schienen am Seeufer erkennen. Doch als wir uns in die entsprechende Richtung wandten, tauchte plötzlich eine gebeugte, in Lumpen gehüllte Gestalt auf und packte Kenzie so fest am Handgelenk, dass sie aufschrie.
Ich wirbelte herum und schlug mit beiden Sticks auf den Arm, der sie festhielt. Das Feenwesen stieß einen rauen Schrei aus und ließ los. Es schüttelte seine Finger, kroch aber sofort wieder heran, sodass ich Kenzie schützend hinter mich schob, bevor ich mich der Kreatur mit
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