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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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. Ich heiße Rosa!», erwiderte ich gereizt. Woraufhin eine schneidende Stimme hinter mir überrascht fragte: «Sie heißen Rosa?»
    Ich drehte mich um und sah nun Halskrause Walsingham. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er näher gekommen war, der Mann war wie ein lautloser Schatten. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, und stammelte: «Ähem, ich ... ich ...»
    «... ich übe für ein neues Stück», soufflierte ich dem Geist. Es wäre nicht gut, wenn Walsingham dachte, ich sei verrückt. Im Vergleich zu den Londoner Irrenhäusern war das Verlies im Tower ein Stückchen vom Paradies.
     
    «Ich übe für ein neues Stück», antwortete ich Walsingham, so wie Shakespeare es mir vorgesagt hatte.
    «Aha», erwiderte er. Er schien es zu schlucken und fragte dann: «Und warum sind Sie hier draußen?»
    «Nun, ähem ... ich musste Pipi», antwortete ich wahrheitsgemäß. Walsingham blickte mich indigniert an, und wenn jemand indigniert gucken konnte, dann war er das. Er zeigte nun mit der Hand auf eine Kutsche, die in der Nähe stand, und bedeutete dem Kutscher vorzufahren.
    «Die Kutsche bringt Sie nun zurück und wird Sie morgen abholen, um zum Landsitz der Gräfin Maria zu fahren. Ich rate Ihnen, bei Ihrer Kuppelei erfolgreich zu sein. Der Tower ist gerade mit Feinden Englands überfüllt, und ich möchte nicht, dass die Folterer dort wegen Ihnen noch mehr arbeiten müssen.»
    Schluckend antwortete ich: «Ich... bin auch ein Freund der Regelarbeitszeit.»
    «Regelarbeitszeit... was ist das?», fragte Walsingham und hob dabei leicht irritiert eine Augenbraue. Da er nicht gerade aussah wie jemand, der für gewerkschaftliche Gedanken offen war, erwiderte ich:«Vergessen Sie es», und bestieg schnell die Kutsche. Kurz bevor ich die Tür zumachte, raunte mir Walsingham noch zu: «Und denken Sie an das Sonett, das Sie für mich schreiben sollten. Ich warne Sie. Wenn es schlecht ist, lasse ich Sie ebenfalls in den Tower werfen.»
    Die Kutsche setzte sich in Bewegung, ich blickte aus dem Fenster auf diesen unheimlichen Mann und seufzte: «Dieser Kerl hat keine schöne Art, einen zu motivieren.»
    «Du kennst Walsingham nicht, Rosa?»
    «Ich stamme nicht von hier», antwortete ich, «und wie ich von ganzem Herzen hinzufügen möchte: »
    «Walsingham ist der mächtigste Mann des Königreichs, der Geheimdienst untersteht ihm. Er ist der engste Berater der Queen, und für fast ein Jahrzehnt war er auch ihr heimlicher Geliebter. Dann kam plötzlich etwas zwischen sie. Niemand weiß, was es war. Vermutlich die Wechseljahre.»
    «Oder Essex», antwortete ich.
    «Essex?»
    «Die Queen hat Gefühle für ihn, das war eindeutig zu spüren ...»
    «Die Queen ist zu wahren Gefühlen nicht fähig.»
     «Weil sie eine Königin ist?»
     « Weil sie eine mächtige Frau ist.»
    «Wow, Sie möchte ich nicht in einer Diskussion mit Alice Schwarzer erleben», erklärte ich.
    «Wer ist diese Alice Schwarzer, eine attraktive Dame?»
    «Eine Frau, die Sie zum Frühstück verspeisen würde.»
    «Ich bleibe bei keiner Frau jemals zum Frühstück.»
    «Bei Ihrer Einstellung ist es ein Wunder, dass Sie überhaupt von Frauen eingeladen werden.»
    «Frauen lieben Komplimente. Und meine Begabung sind nun mal Komplimente.»
    Dieser Mann hatte ein merkwürdiges Frauenbild und war - wie mein Grundschüler mit Konsonantenschwäche wohl sagen würde - ganz offenkundig eine Barschgeige. Wenn das hier tatsächlich meine Seele in einem früheren Leben war, dann konnte ich sie nicht ausstehen.

22
    «Komplimente sind die Fliegenfänger für Frauen.»
    «Und in meiner Zeit denkt man, Sie wären ein Romantiker», schüttelte ich den Kopf.
    «In deiner Zeit? Was soll denn das bedeuten?», fragte ich irritiert.
    Sollte ich Shakespeare jetzt erklären, woher ich kam? Das würde sicherlich sein Vorstellungsvermögen sprengen. Also beschloss ich, ein bisschen zu flunkern: «Ich meine, in meiner Heimat.»
    «Du stammst nicht aus London?»
    «Nein, geboren wurde ich in Wuppertal...», begann ich zu reden und wurde von Shakespeare unterbrochen, bevor ich ihm erzählen konnte, dass ich mittlerweile in Düsseldorf wohnte.
    «Wuppertal, von diesem Ort habe ich noch nie etwas gehört.»
    «Da haben Sie auch nichts verpasst.»
    «Und in diesem... Wuppertal... hat man schon von mir gehört?» Ich war durchaus geschmeichelt.
    Offensichtlich brauchte der Dichter Ego-Streicheleien. Aber wer brauchte die nicht? Meiner eigenen Unsicherheit hatte es ja

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