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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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vielleicht war sie sich unsicher, ob ich nicht doch Jan für mich zurückgewinnen könnte. Das machte mir Mut.
    «Lassen Sie Rosa reden», bat Jan den Pastor. Und das machte mir noch viel mehr Mut.
    Olivia blickte Jan böse an, doch er hielt ihrem Blick stand, und dann wandte er sich an mich: «Was willst du gegen diese Ehe vorbringen?»
    Ich atmete durch und begann mit meinem Anliegen: «Lieber Jan, ich habe dich eine lange Zeit geliebt, und du hast mich eine lange Zeit geliebt. Ja, ich weiß, du hast mir erzählt, dass du nun Olivia viel mehr liebst und dass ihr beide eine reife Liebe führt und dass du glaubst, ihr seid füreinander bestimmt, und so weiter und so fort... Als du das gesagt hast, hat mir das sehr wehgetan, nicht nur, weil ich gerade eine Zahn-OP hinter mir hatte. Ich wollte schon unsere Liebe aufgeben, aber durch eine Reise, auf die ich nicht näher eingehen möchte, habe ich herausgefunden, dass füreinander bestimmte Seelen durch die Jahrhunderte wandern und sich immer wieder aufs Neue ineinander verlieben.»
    Jan blickte mich mit weit aufgerissenen Augen an. Holgi hingegen hielt sich die Hand vor die Augen und schaute nur zwischen den Fingern hindurch.
    «Unsere beiden Seelen suchen immer wieder die Nähe voneinander, und ich glaube, dies tun sie, weil sie füreinander bestimmt sind...»
    Ich blickte in Jans Gesicht, und er sah nicht aus wie jemand, der durch meine Worte das Gefühl gewann, dass wir füreinander bestimmt waren.
    «Und jetzt, wo ich so in dein Gesicht blicke, stelle ich fest, dass diese Worte rein gar nichts bei dir auslösen...», schluckte ich.
    Er zuckte entschuldigend mit den Schultern.
    «... wenn unsere Seelen wirklich zusammengehörten, würdest du wohl nicht einfach nur mit den Schultern zucken...»
    Er zuckte erneut.
    «...es wäre echt nett, wenn du damit aufhören würdest...»
    Darauf zuckte er nochmal.
    «Wenn ich es mir so recht überlege: Wenn wir wirklich zusammengehörten, dann würdest du nicht nur nicht zucken, du hättest mich auch mal gegen deine schreckliche Mutter verteidigt und wärst ihr im Laufe der Jahre mal über ihren Schlauchbootlippenmund gefahren.»
    Ich hörte, wie seine Mutter nach Luft rang.
    «...wir hätten schon längst Kinder, und du hättest mich nicht einfach so verlassen, nur weil ich ein einziges Mal einen anderen Mann geküsst habe. Das wäre schon etwas kleinlich für jemanden, der einen wirklich über all die Jahrhunderte oder gar Jahrtausende liebt.»
    Jan blickte auf seine Schuhe.
    «Und ich begreife jetzt auch, da du auf deine Schuhe blickst, dass das damals eigentlich nur ein willkommener Anlass für dich war, mich zu verlassen und zu Olivia zu gehen.»
    Er starrte noch eindringlicher auf die Schuhe.
    «Aber du musst nicht weiter auf deine Schuhe starren, denn ich hätte wohl auch nicht den Sportlehrer geküsst, wenn unsere Seelen wirklich füreinander bestimmt gewesen wären. Shakespeare hat ja auch niemand anders geküsst, als er mit seiner Anne zusammen war ...»
    «Shakespeare?» Jan blickte wieder von seinen Schuhen auf.
    «... Shakespeare hat Anne nicht betrogen, nein, das hat er nicht!», verkündete ich laut. «Dabei hatte er jede Menge Versuchungen gehabt...»
    Spätestens jetzt war der Zeitpunkt, an dem die meisten Besucher in der Kirche sich fragten, ob ich eine Freigängerin aus dem Irrenhaus war. Und ob ich womöglich Waffen mit mir führte.
    «...den Sportlehrer habe ich übrigens geküsst, weil ich mich so alleine fühlte.»
    «Du ... du hast dich allein gefühlt? Warum hast du mir das nie gesagt?», fragte Jan irritiert.
    «Weil mir das erst so richtig klar wurde, als ich mich nicht mehr allein gefühlt habe.»
    «Mit wem fühlst du dich nicht allein ...?», wollte Jan nun wissen.
    «Mit jemandem, der zwar unglaublich nervt, aber der zu mir steht und mich verteidigt. Und der mir gezeigt hat, dass ich viel mehr kann, als Kinder in der Schule zu langweilen, nämlich schreiben. Er und ich sind ein tolles Team...»
    «Ein Team? Heißt das, ihr seid ein Paar?», fragte Jan neugierig, ohne große Eifersucht.
    «Ein Paar...» Da musste ich doch glatt nervös kichern. «Nein, das sind wir nicht, das geht doch auch gar nicht», kicherte ich noch viel mehr.
    «Warum geht das nicht?», wollte Jan wissen.
    «Wir haben ja nicht mal zwei Körper.»
    «WAS HABT IHR NICHT?»
    «Zumindest nicht gleichzeitig.»
    «Nicht... gleichzeitig?» Jan sah mich an, als ob er es für eine sehr gute Idee hielte, für mich mal eine Kanne

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