Ploetzlich Vater
hatte noch nicht von seinem Laptop aufgesehen. Seit er Derrick ins Gesicht geschlagen hatte, behandelte er sie, als hätte sie etwas falsch gemacht. „Aaron, schau mich an. Bitte.“
Schließlich sah er sie an, doch sein Blick war kalt und leer.
„Warum machst du mich für das verantwortlich, was Derrick getan hat?“
„Willst du die Wahrheit wissen?“
„Natürlich.“
„Ich glaube, du wolltest, dass er dich küsst.“
Aaron hätte ihr genauso gut einen Schlag ins Gesicht versetzen können, denn so fühlte sie sich jetzt: Ihr war schlecht, und in ihrem Kopf drehte sich alles. „Ist das alles?“
„Nein. Ich glaube, du bist in Derrick verliebt und warst es schon immer. Ich glaube, dass du nur zugestimmt hast, mich zu heiraten, um ihm näher zu sein.“
Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Es war schwer zu glauben, dass er so begriffsstutzig war. „Glaubst du nicht, dass ich mit Derrick zusammen wäre, wenn ich der Meinung wäre, dass er der Richtige für mich ist?“
„Nein. Dazu ist dein Stolz viel zu groß. Du hättest es dir nie erlaubt, etwas mit Derrick anzufangen.“
Wow. Das hat er sich ja gut zusammengereimt . Sie sah, wie er seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Arbeit richtete. Sie war umgeben von Jungs aufgewachsen, unter ihnen auch Derrick und Aaron. Sie hatten alles zusammen gemacht, waren Fahrrad gefahren, hatten Football gespielt, Körbe geworfen und die Stadt unsicher gemacht. Sie hatten miteinander gelacht, herumgealbert und einander Streiche gespielt. So lange, bis sie in die Pubertät gekommen war, war sie eine von ihnen gewesen: Derrick, Connor, Aaron, Lucas, Brad, Cliff, Jake, ein paar andere Jungs aus der Nachbarschaft und Maggie. Sie waren die besten Freunde gewesen, bis ihr Körper sich veränderte und die Stimmen der Jungs eine Oktave tiefer geworden waren. Für kurze Zeit hatte sie gedacht, sie wäre in Derrick verliebt, doch dann hatte sie ihm einen Football zu seinem vierzehnten Geburtstag geschenkt, worauf er sie küsste. Als sie sich in ihrem letzten Schuljahr im Zimmer des Schuldirektors zum dritten und letzten Mal geküsst hatten, wusste sie, dass sie ihn nicht wirklich liebte.
Er war witzig und unbekümmert, doch er nahm das Leben nicht ernst genug. Aaron dagegen war zu einem verantwortungsbewussten und liebevollen jungen Mann herangewachsen, der seine Gefühle vor niemandem versteckte. Sie und Aaron waren schon immer gute Freunde gewesen, sie hatten stundenlang miteinander reden können. Nach nur einem Kuss wusste sie, dass er der Richtige war. Der, den sie liebte.
Ja, Aarons und Derricks Schwestern hatten ihr von dem lächerlichen Schwur erzählt, den all die Jungs damals geleistet hatten, dass sie keiner von ihnen für sich allein haben sollte.
Vollkommener Schwachsinn, kindische Albernheiten.
Maggie schaute ihren Verlobten an und unterdrückte ein Lächeln, als sie an all die einsamen Nächte im College dachte, in denen sie sich gewünscht hatte, dass Aaron irgendwann zu ihr kommen würde. Es hatte ein paar Jahre länger gedauert, als sie gehofft hatte, doch am Ende war er gekommen. Sie hatte immer nur auf ihn gewartet.
„Wo gehst du hin?“, fragte Aaron, als sie seufzte und das Zimmer verlassen wollte.
Sie hielt inne und schaute sich in dem Haus um, das sie sich seit ein paar Monaten teilten. Ihr Blick fiel auf den Rollschreibtisch, den er ihr gekauft hatte, bevor sie eingezogen war, und wanderte zu den selbst genähten Kissen auf den Stühlen, wo Aaron jetzt saß. Diese Kissen hatte sie selbst gemacht, als sie hier eingezogen waren. „Ich hole meinen Laptop“, erwiderte sie. „Meine Klienten brauchen mich.“
„Du gehst nicht?“
Schockiert von dieser Frage hob sie die Augenbrauen. „Dies ist mein Zuhause“, sagte sie. Sie hatte genug von seinem beleidigten Gehabe. „Wenn hier irgendjemand geht, dann bist du das. Ich gehe nirgendwo hin.“
„Das ist alles, was du zu der Angelegenheit zu sagen hast?“
Sie schluckte den Kloß in ihrer Kehle hinunter und bemühte sich, nicht vollkommen zusammenzubrechen. Ihre Entscheidung, Derrick beizustehen, stand fest. „Ich werde Derrick helfen, so gut ich nur kann. Er ist dein Bruder. Er gehört zur Familie.“
Kapitel 6
„Was hast du Aaron getan?“
Derrick verzog das Gesicht und blickte zum Armaturenbrett seines Autos, das auf wundersame Weise die Radiowellen in die Stimme seiner Mutter verwandelte. Eigentlich sollte die Freisprechanlage in seinem Chevy Tahoe das
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