Poirot Rechnet ab
spielen.«
»Unglaublich«, murmelte ich fasziniert, »und doch…«
»Und doch ist es wahr. Bien sur, mein Freund, es ist wahr! Aber dieses reizende Paar vor Gericht zu bringen, ist eine andere Sache. Nun, Japp muss tun, was er kann – ich habe ihm alles aufgeschrieben –, aber ich fürchte sehr, Hastings, dass wir gezwungen sind, sie ihrem Schicksal zu überlassen – «
»Das Böse blüht wie ein grüner Lorbeerbaum«, warf ich ein.
»Aber zu welchem Preis, Hastings? Man muss für alles bezahlen, glauben Sie mir!«
Poirots Voraussage wurde bestätigt. Japp, von Poirots Theorie durchaus überzeugt, war nicht im Stande, die zur Anklageerhebung notwendigen Tatbeweise beizubringen.
So erbten die Mörder das große Vermögen ihres Opfers. Doch die Nemesis erreichte auch sie. Als ich eines Tages las, dass sich Mr Roger Havering und Mrs Zoe Havering unter den Toten eines Flugzeugunglücks bei Paris befanden, wusste ich, dass der Justiz Genüge getan war.
Der raffinierte Aktiendiebstahl
» U nglaublich, wie viel Aktiendiebstähle in der letzten Zeit stattgefunden haben!«, bemerkte ich eines Morgens, als ich die Zeitung weglegte. »Poirot, wie wär’s, wenn wir auch mal auf Raub ausgingen?«
»Wollen Sie – wie soll ich sagen – schnell reich werden, mein Freund?«
»Nun, schauen Sie sich doch diesen letzten Coup an. Liberty-Staatsanleihen, im Wert von einer Million Dollar, die die London and Scottish Bank nach New York verschickten, sind auf merkwürdige Art und Weise von Bord der Olympia verschwunden.«
»Wenn ich nicht immer seekrank würde, müsste eine Seereise auf einem solch großen Schiff direkt herrlich sein«, murmelte Poirot träumerisch.
»Ja, wirklich!«, sagte ich nicht weniger bewegt. »Einige dieser Schiffe sind wahre Paläste – die Schwimmbäder, die Liegehallen, die Restaurants –, manchmal vergisst man, dass man auf See ist.«
»Ich könnte nie vergessen, dass ich auf See bin«, sagte Poirot. »Alle diese Dinge, die Sie da anführen, bedeuten mir nichts; aber, mon ami, denken Sie doch einmal an die Menschen, die auf einem solchen Schiff zu finden sind. An Bord dieser schwimmenden Paläste, wie Sie so richtig sagen, kann man die Elite – die Ha u tevolee der kriminellen Welt antreffen!«
Ich lachte. »Also darauf wollen Sie hinaus! Sie hätten wohl gern den Degen mit dem Mann gekreuzt, der die Liberty-Staatsanleihen stibitzt hat?«
Unsere Wirtin unterbrach unser Gespräch.
»Eine junge Dame wünscht Sie zu sprechen, Mr Poirot. Hier ist ihre Karte.«
Die Karte trug die Aufschrift: Miss Esmée Farquhar.
Poirot, der sich unter den Tisch gebückt hatte, um einen herumliegenden Krümel in den Papierkorb zu werfen, nickte der Wirtin zu.
Im nächsten Augenblick wurde die reizendste junge Dame, die ich je gesehen hatte, ins Zimmer geführt. Sie war vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt, hatte große, braune Augen und eine vollendet schöne Figur. Sie war sehr gut angezogen und machte einen tadellosen Eindruck.
»Setzen Sie sich bitte, Mademoiselle. Dies ist mein Freund, Captain Hastings, der mir bei meinen kleinen Problemen hilft.«
»Ich fürchte, es ist ein großes Problem, mit dem ich heute zu Ihnen komme, Mr Poirot«, sagte das Mädchen und nickte mir freundlich zu, als sie sich setzte. »Ich nehme an, Sie haben schon darüber in den Zeitungen gelesen. Es handelt sich um den Diebstahl der Liberty-Staatsanleihen auf der Olympia.«
Poirot musste doch einiges Erstaunen gezeigt haben, denn sie fuhr schneller fort: »Wahrscheinlich fragen Sie sich, was ich mit der Lo n don and Scottish Bank zu tun habe. Einerseits gar nichts, andererseits gewissermaßen sehr viel. Verstehen Sie, Mr Poirot, ich bin mit Mr Philip Ridgeway verlobt.«
»Aha! Und Mr Philip Ridgeway…«
»… war das Paket der gestohlenen Staatsanleihen anvertraut. Natürlich kann man ihm keinen Vorwurf machen, denn ihn traf keine Schuld; aber trotzdem ist er über die Sache völlig niedergeschmettert, zumal sein Onkel – das weiß ich – behauptet, er müsse leichtsinnigerweise irgendwo erwähnt haben, dass er die Papiere bei sich hat. Seine Karriere ist ruiniert.«
»Wer ist sein Onkel?«
»Mr Vavasour, einer der beiden Generaldirektoren der Lo n don and Scottish Bank.«
»Es wäre gut, Miss Farquhar, wenn Sie mir die ganze Geschichte erzählen würden.«
»Sehr gern. Wie Sie wissen, wollte die Bank für eine Transaktion in Amerika für eine Million Dollar Liberty-Staatsanleihen hinüberschicken. Mr Vavasour
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