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Poirot Rechnet ab

Poirot Rechnet ab

Titel: Poirot Rechnet ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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unter die Verbrecher zu gehen. Welch herrliche Gelegenheit für einen Dieb von Distinktion! Schauen Sie dorthin, Hastings. Diese korpulente Dame an der Säule. Sie ist, wie man sagt, mit Juwelen behangen wie ein Christbaum.«
    Ich folgte seinen Augen.
    »Aber«, rief ich aus, »das ist ja Mrs Opalsen!«
    »Sie kennen die Dame?«
    »Flüchtig. Ihr Mann ist ein reicher Börsenmakler.«
    Nach dem Dinner liefen wir in der Halle den Opalsens in die Finger, und ich stellte ihnen Poirot vor. Wir sprachen ein paar Minuten miteinander und entschlossen uns dann, gemeinsam Kaffee zu trinken.
    Poirot sagte ein paar freundliche Worte und lobte die wunderschönen Juwelen, die auf dem ausladenden Busen der Dame prangten. Sie war sehr empfänglich für Komplimente.
    »Es ist eben mein Hobby, Mr Poirot. Ich liebe Juwelen einfach. Mein Mann kennt meine Schwäche, und nach jedem erfolgreichen Geschäft bringt er mir etwas Neues mit. Interessieren Sie wertvolle Steine?«
    »Ich hatte schon gelegentlich mit Steinen zu tun, Madame. Mein Beruf hat mich mit einigen der berühmtesten Juwelen der Welt in Berührung gebracht.«
    Poirot fuhr fort – sehr diskret –, die Geschichte vom Familienschmuck eines regierenden Hauses zu erzählen. Mrs Opalsen lauschte mit verhaltenem Atem.
    »Völlig richtig!«, rief sie aus, als er geendet hatte. »Es ist keineswegs nur eine Spielerei! Auch ich besitze einige Perlen, die eine historische Geschichte haben. Ich glaube, es ist eines der schönsten Perlenhalsbänder der Welt. Es sind wunderbar ausgesuchte Perlen von ganz herrlichem Schmelz. Wollen Sie es sehen – ich zeige es Ihnen gerne – «
    »Oh, Madame«, protestierte Poirot, »zu liebenswürdig. Ich bitte Sie, machen Sie sich doch nicht die Mühe!«
    »O ja, aber es macht mir Spaß, sie Ihnen zu zeigen.«
    Die freundliche Dame lief geschäftig zum Lift. Ihr Mann, der sich mit mir unterhalten hatte, sah Poirot fragend an.
    »Monsieur, Ihre Frau Gemahlin will uns ihr Perlenhalsband zeigen«, sagte Poirot.
    »Ach ja, die Perlen!« Opalsen lächelte zufrieden. »Wirklich, sie verdienen es, angesehen zu werden. Kosten ja auch eine schöne Stange Geld! Aber das Geld ist gut angelegt; den Anschaffungspreis kann ich jeden Tag wiederbekommen – wahrscheinlich sogar noch mehr. Wer weiß, ob wir das nicht tun müssen, wenn die Geschäfte weiterhin so wie im Augenblick laufen. Geld ist verflixt rar in der City.«
    Er plapperte immer weiter und schmiss mit Börsenausdrücken nur so um sich. Ich konnte ihm nicht ganz folgen.
    Ein Page unterbrach seinen Redefluss und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    »He, was ist los? Ich komme sofort. Sie ist doch nicht krank? Entschuldigen Sie mich, Gentlemen.«
    Er stand hastig auf und ging. Poirot setzte sich bequem in seinen Sessel und zündete sich eine seiner kleinen russischen Zigaretten an. Dann ordnete er sorgfältig und mit Hingabe die leeren Kaffeetassen und stellte sie in eine gerade Reihe. Strahlend betrachtete er sein Werk.
    Minuten vergingen – die Opalsens kamen nicht zurück.
    »Komisch«, bemerkte ich schließlich. »Wo bleiben die so lange?«
    Poirot betrachtete nachdenklich die aufsteigenden Rauchringe seiner Zigarette und sagte: »Die werden kaum zurückkommen.«
    »Warum?«
    »Weil irgendetwas passiert ist, mon ami.«
    »Was soll denn passiert sein?«, fragte ich neugierig.
    Poirot lächelte.
    »Vor einem Augenblick kam der Manager aus seinem Büro und rannte die Treppe hinauf. Er schien sehr aufgeregt zu sein. Dort sehen Sie den Liftboy in aufgeregtem Gespräch mit einem Pagen. Die Liftglocke hat schon dreimal geläutet, aber er reagiert nicht. Sogar die Kellner sind zerstreut – und um einen Kellner aus der Ruhe zu bringen…« Poirot schüttelte entschlossen seinen Kopf. »Die Sache muss wohl recht wichtig sein. Ah! Sehen Sie! Da kommt die Polizei schon!«
    Zwei Männer betraten das Hotel, einer in Uniform, der andere in Zivil. Sie sprachen mit einem Pagen und wurden sofort hinaufgeführt. Ein paar Minuten später kam derselbe Page die Treppe wieder herunter und auf uns zu.
    »Mr Opalsen schickt Ihnen seine Empfehlungen und bittet Sie, hinaufzukommen.«
    Poirot sprang auf. Seine Erwartungen hatten sich ohne Zweifel bestätigt. Ich folgte ihm schnell nach. Das Appartement der Opalsens lag im ersten Stock. Der Page klopfte kurz an die Tür und zog sich zurück. Wir traten ein. Eine sonderbare Szene erwartete uns. Mrs Opalsen lag in ihrem Schlafzimmer hingegossen in einem großen Lehnstuhl und weinte

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