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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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wie es war«, frage ich Ducky lauter als gewöhnlich, und deute dabei auf Condom-Boy, bis nicht nur Ducky, sondern auch die meisten anderen Fahrgäste in die Richtung schauen, in die meine Hand zeigt. Er bemerkt übrigens nichts, bis ich meine Stimme noch mehr erhebe. »Erst durfte er mich blasen, dann reiten und anschließend habe ich ihn zwei Stunden lang durchgefickt. Es wundert mich ehrlich gesagt, dass er schon wieder sitzen, beziehungsweise gerade stehen kann.«
    Ha! Der Triumph in meinen Augen ist nicht zu übersehen. Die Fassungslosigkeit in seinen allerdings auch nicht ... und die Verletztheit. Ich weiß gar nicht, was er hat – MIR geht’s gut.
    »Bye, man sieht sich«, rufe ich Ducky zu, der verdutzt zwischen mir und IHM hin- und hersieht, als ich aussteige und einen letzten Blick durchs Fenster zu Condom-Boy werfe. Er funkelt mich wütend an – ich grinse zurück und kann es förmlich fühlen, wie seine Macht über mich schwindet, gebrochen ist. Die Schadenfreude durchströmt meinen Körper und lässt mich ihm überheblich zuwinken. Doch dann sehe ich Kalles süffisanten Gesichtsausdruck und ein Glitzern in seinen Augen, was ich gut kenne ... er will IHN abzocken. Und sofort verschwindet mein Hochgefühl und schafft Platz für etwas, das ich nicht genauer definieren kann. Es weckt jedenfalls den starken Impuls in mir, umzudrehen und wieder in die Bahn zu springen, doch es ist zu spät dafür, die Türen haben sich bereits wieder geschlossen und die Bahn fährt ab. Verdammt! Und noch mal verdammt, was hätte ich denn tun sollen? Oder tun wollen, um genau zu sein? Nach dem Spruch, den ich ihm gerade an den Kopf geknallt habe? Ihn vor Kalle in Schutz nehmen? Okay, ich kenne Kalle gut genug, dass ein Wort von mir gereicht hätte, um die Sache als erledigt zu betrachten. Und wenn nicht, hätte eben Ali mithelfen müssen, das hätte er garantiert gemacht. Was DER Aufhänger gewesen wäre, um mit Condom-Boy ins Gespräch zu kommen. Er hätte in meiner Schuld gestanden! Dann ein Kaffee, vielleicht eine Nummer ... aber nein, was mache ich statt dessen? Ich stelle ihn vor allen Leuten bloß, mit einer faustdicken Lüge, was sonst eigentlich überhaupt nicht meine Art ist. Condom-Boy bringt mich dazu, zu handeln, ohne nachzudenken, er bringt Seiten in mir zum Vorschein, die ich so überhaupt nicht kenne, die meilenweit von meinen Regeln entfernt liegen. Ich sag’s ja, der Typ macht mich irre!
    Wo bin ich hier überhaupt? Ich blinzele, weil ich zu lange ins Leere gestarrt habe, und stelle dabei fest, dass ich immer noch am Bahnsteig an der gleichen Stelle stehe wie vor keine-Ahnung-wann. Nur, dass jetzt keine Bahn da ist, sondern nur das leere Gleis, die Pfosten dazwischen, das gegenüberliegende leere Gleis und der gegenüberliegende Bahnsteig und Leute darauf, die auf ihre Bahn warten. Und dazwischen, als würde er ebenfalls warten ... einer meiner »Engel«. Ich erkenne ihn sofort an seiner Kleidung, er ist wieder in eines dieser weißen Bettlaken eingewickelt wie in all meinen Träumen zuvor. Seine vorwurfsvolle Miene sagt mir alles ... »Idiot!« Danke, genau das habe ich gebraucht, die Erinnerung, was ich bin. Ich meine, für IHN hat sich doch inzwischen sicher alles geklärt. Weshalb mach ich mir da überhaupt Gedanken? Und selbst wenn nicht, was geht’s mich an? Reue ist nicht notwendig. Condom-Boy hat mich »angegriffen«, und ich habe mich gewehrt, versuche ich mich zu überzeugen ... und verbiege dabei die Wahrheit total.
    Immerhin habe ich mich wie das letzte Arschloch benommen, während ER mich doch bloß angeschaut hat. »Nur«, aber mit seinen tiefschwarzen Augen, die mir absolut nichts über ihn verraten, intensiv und unergründlich, mit diesem Feuer in ihnen, das mich alleine durch die Erinnerung daran schon wieder hart an den Rand der Fassung bringt. Und sein durchdringender Blick, der mir jedes Mal aufs Neue verkündet, dass er über dieses unerklärliche Wissen über mich verfügt, was mir immer und immer wieder Angst macht ... mich schlucken lässt, weil ich einfach nicht verstehe, wie ihm das gelingt, so mühelos meine Mauern zu durchbrechen. Siehst Du? Schon wieder. Also hat er meine Handlungen doch verdient, beschließe ich und will gehen, als der »Engel« meine Aufmerksamkeit zum zweiten Mal erregt. Allerdings sieht er nun anders aus als vorhin: Kurze braune Locken sind langen, schwarzen Haaren gewichen, das Gesicht ist das von IHM, und der Ausdruck darin drückt die gleiche

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