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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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einmal ein Fetzen, sondern nur Verletztheit. Und Vorwürfe, weshalb es wohl wirklich besser ist, wenn ich wieder gehe. Das Licht kann ich ja anlassen, dann hat er es wenigstens hell, denke ich mir. Als ich mich umdrehe, um mein Schlafzimmer wieder zu verlassen, hebt er ganz sachte die Decke an, lädt mich mit dieser winzigen Handbewegung zu sich ein.
    Keine Ahnung, weshalb. Dass er sieht, wie leid mir das Ganze tut, kann ich nicht glauben. Wahrscheinlich will er eher nicht alleine sein, denn er sieht aus, als ginge es ihm mindestens genauso mies wie mir. Seine Nacktheit passt überhaupt nicht ins Bild, aber es scheint keine Einladung zu sein, zu ihm zu kommen und mit ihm zu vergessen, sondern es wirkt viel eher wie Verzweiflung, wie Nicht-anders-Können. Ganz so, als gelänge es ihm ebenso wenig, mir zu widerstehen wie ich ihm. Aber ... Sein Zögern zeigt mir, dass es genau so ist. Er zögert immer noch, als ich mich ebenfalls hinlege und ihn zu mir ziehe, aber er kann sich nicht wehren, er lässt sich von mir näher ziehen und in meiner Umarmung halten. Sein ganzer Körper ist verkrampft und spiegelt seine innerliche Abwehr gegen mich wieder. Erst als er spürt, dass ich ihn nur halte, ihm nicht wehtun oder ihn verführen will, entspannt er sich, langsam und vorsichtig, aber doch merklich.
    Sein leises Zittern hat dieses Mal nichts mit Lust zu tun, sondern er zittert vor Abscheu und Kälte, aber nicht meinetwegen, sonst würde er mich ja wohl kaum hier dulden, oder? Als mein Daumen über seine sonst so vollen Lippen streift, bleiben diese schmal und verkniffen. Wen wundert’s? Hier sind, wenn überhaupt, ganz andere Künste vonnöten. Also wende ich mich ihm zu, passe mich seiner Körperhaltung an und simuliere seine Embryostellung, kuschele mich an ihn, damit er die Wärme spürt, die von meinem Körper ausgeht, und halte ihn einfach nur, bevor ich sein ganzes Gesicht mit Küssen bedecke, um ihm das Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln und wenigstens ihn zu entspannen, wenn es mir bei mir schon nicht gelingt. Seinen Mund lasse ich dabei ganz bewusst aus, lasse meine Lippen über seine Stirn, seine Wangen, seine Lider, seine Nase bis hin zu seinem Ohr wandern, tippe es mit der Zunge an, tauche hinein, knabbere an seinem Ohrläppchen, und widme mich dann der sanften zarten Haut an seinem Hals, lecke darüber, spüre das Pulsieren seiner Adern darunter, knabbere ganz sanft an ihm, wandere dann über sein Kinn zurück zu seinen Lippen ... aber ganz sachte, nicht drängend und nicht einem der herkömmlichen Verhaltensmuster folgend – und unheimlich beruhigt und glücklich darüber, sein leichtes Zittern unter meiner vorsichtigen Berührung zu spüren.
    Dann jedoch kann ich ihm nicht mehr widerstehen, und ich senke meine Lippen ganz sachte auf die seinen, deren Weichheit mich zunächst verwundert – wie kann ein Mensch nur so samtene Lippen haben? – und dann sehr glücklich macht, denn er reagiert, er umfasst meinen Nacken mit seiner Hand, zieht mich näher zu sich, und erwidert meinen Kuss, seine Zunge beginnt mit der Suche nach meiner Zunge, und all dies in meinem Mund, was mein Herz aufgeregt hüpfen lässt. Sein Kuss ist so wundervoll, so zärtlich, so sanft und doch so ... zurückhaltend ...? Aber so sehr ich mich auch mühe, gelingt es mir nicht, auszudrücken, was ich empfinde, so überwältigend ist die Liebe, die von mir ausgeht, zu ihm, aber die er mir auch erwidert, die von ihm kommt, zu mir.
    Die ganze Situation ist so erregend, dass ich in seinen Mund stöhne, noch während des Kusses, weil ich nicht weiß, wohin mit meiner Lust, als ich auch schon komme. Dabei reiße ich meine Augen weit auf, und sehe ... das Bett, leer.
    Anscheinend bin ich auf der obersten Treppenstufe zu meinem Schlafzimmer stehen geblieben, und das Ganze war wieder nur ein Traum. Und der Traum ist aus, mein Bett ist leer, Condom-Boy hat nie darin gelegen, und übrig bleibt nur ein winziger Rest Erinnerung an ihn, ein wenig Enttäuschung, dass er schon weg ist, und ein wenig Erleichterung, dass er gar nicht da war, dass er mich nun doch nicht aus meinem Leben reißt und so weiter. Weil, Fakt ist, ich lebe schon seit langen Jahren mit diesen Visionen, diesem Fluch, wie ich es nenne. Auch wenn es mir verdammt schwerfallen wird, in den nächsten Jahren meines Lebens statt mit meinen Engeln mit Condom-Boy konfrontiert zu werden, so ist es doch nicht den ganzen Tag, und so werde ich davon doch auch nicht so verfolgt werden ... hoffe

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