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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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beides konnte, binnen Sekundenbruchteilen. Codes entwickeln und Daten verschlüsseln. Und wenn man den Trick kannte, konnten fast alle gängigen Codes und Daten entschlüsselt werden – und Passwörter geknackt, Zugangskontrollen abgeschaltet bzw. umgangen werden usw. Logische Mathematikerarbeit halt.
    Ja, es waren die zweiten heißen Zeiten der Hacker, als Klaus und ich uns selbstständig machten, vor sieben Jahren, mit 18, beide gerade das Abitur gemacht und einerseits vollgestopft mit dem Wissen der betreffenden ... mhm... Klassenkameraden und andererseits scharf darauf, unser erstes richtiges Geld zu verdienen. Und genau das haben wir dann auch gemacht. Wir haben uns in ein Kontoführungssystem der Deutschen Bank eingeschaltet, ein fiktives Konto eröffnet, einen Betrag von einem Pfennig darauf überwiesen und uns dann wieder ausgeloggt. Dann haben wir der Deutschen Bank einen Brief geschrieben: »Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind eine EDV-Sicherheitsfirma und würden Ihnen gerne unsere Software anbieten, die Ihnen helfen soll, Ihre Zugangsdaten absolut sicher zu halten und Fremden das Eindringen in Ihr System so gut wie unmöglich zu machen.« So etwas in diesem Stil, nichts Besonderes. Nur das »P.S.« war auffällig. Ein Satz. »Als Referenz schlagen wir Ihnen vor, Sie werfen mal einen Blick auf unser Konto in Ihrem Institut. Kontonummer 9987 654 321.«
    Nun, sie haben das System gekauft. Mein Anteil daran war anständig und reicht, gut angelegt, bis heute eigentlich voll und ganz dazu aus, von den Zinsen zu leben. Und ab und zu eine Wohnung zu kaufen, gut zu leben etc. Mein Job ist Luxus, Triebbefriedigung, Hobby, Taschengeld, Spaß, eigentlich alles und nichts. Genauso würde das Attribut »verzichtbar« auf ihn passen. Forget about it. Etwas, das ich mache, bis mir etwas Besseres einfällt.
    Kann also sein, dass ich ihn noch bis Frühling oder Sommer nächsten Jahres mache, kann aber auch sein, dass ich ihn bleiben lasse. Angelegentlich fällt mir dann auch wieder ein, dass ich mich eigentlich mit den »Kindern der Isis« befassen wollte, dieser Gay-Psycho-Sekte hier in Berlin. Meine Internet-Recherchen haben nämlich bisher bloß die Adresse und Telefonnummer ergeben, sowie den Hinweis auf deren Website, dass man doch ein persönliches Gespräch führen sollte, so man denn Interesse an diesem Verein habe. Ja, und der Hinweis, dass es eine Vereinigung für »gay men only« ist, also ausschließlich für Schwule.
    Und wie ich so schön über all die losen Enden in meinem Kopf nachgrübele, betont darauf achtend, dass ich nicht über IHN nachdenke, klingelt mein Handy.
    »Oui«, melde ich mich. Auf meinem Handy rufen viele an. Marianne, Kunden, Bekannte, meine Festnetznummer steht zwar im Telefonbuch, aber die gebe ich eigentlich kaum weiter, ebenso wenig wie meinen vollen Namen. Also melde ich mich stilecht französisch, »oui« heißt »ja«, und das passt irgendwie gut zu meinem Image als Marokkaner. Stille in der Leitung, nur das gepresste Atmen eines Typen zu hören. Als ich gleich wieder auflegen will, fällt mir auf, dass es nicht das Atmen des Spanners ist, der sich am Klang meiner Stimme aufreizt und einen abnudelt, sondern eher ein überraschtes Schweigen.
    »Hallo?«, frage ich nach, fast schon wieder gut gelaunt.
    »Bist du dran?«, fragt mich eine männliche Stimme, die ziemlich verwundert scheint, am anderen Ende der Leitung.
    »Nein«, antworte ich zum Scherz, »Ich bin nur der Anrufbeantworter. Möchtest du mir eine Nachricht hinterlassen?«
    Der Typ schweigt, schaltet dann aber anscheinend und fragt mich, ob er mich buchen kann. Wie gesagt, ich arbeite nur über Mundpropaganda und Empfehlungen, ich inseriere nicht und insofern nehme ich auch kaum neue Kunden an, was Absicht ist, und die Spreu der Kunden vom Weizen trennt.
    »Von wem hast du meine Nummer?«, frage ich ihn interessiert.
    »Von der Auskunft«, gibt er zu. Ja, klar. Ich steh ja auch im Branchenbuch. Als Hustler. Schon klar, Baby. Wer verarscht hier wen?
    »Und meinen Namen?«, frage ich weiter.
    »Von Ducky«, antwortet er, scheinbar perplex, dass ich soviel wissen will. Ducky? Nie gehört. Andererseits, nette Stimme. In Gedanken versuche ich, mir vorzustellen, wie er aussieht. Plötzlich kommt ER mir in den Sinn, wie immer öfter in der letzten Zeit. Schon wieder, ich versuche IHN krampfhaft zu verdrängen. Wie hieß er noch mal? Brix? Ich seufze, will nachgeben. »Okay. Ich will dich vorher sehen, mit dir reden. Wenn ich

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