Poison (German Edition)
er ist seinen Preis definitiv wert. Vor allem aber zeigt mir dieser Preis, dass er ganz bestimmt nicht zu den miesen, billigen Vertretern seiner Klasse gehört. Mein »Okay« ist Formsache, und wir verabreden uns für heute Nachmittag gegen halb fünf im »Café Schlossstraße«, direkt ums Eck. Wenn schon, denn schon.
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Carlos
Am schlimmsten ist es beim Aufstehen. Spätestens, wenn du auf dem Klo sitzt und beim Wasserlassen die Prostata zwickt und du nachschauen musst, ob du blutest wie ein Weib, weißt du, wie alt du wirklich bist.
Kann mir keiner sagen, ich hätte nicht gelebt. Oh ja, habe ich. Jede Nacht eine Frau, anfangs, und als ich dann verheiratet war, kamen die Kerle hinzu. Ist fast kein Unterschied. Männer sind enger, sage ich mir immer. Direkter, leidenschaftlicher. Sie gehen mit dir, du fickst sie, sie kommen, und dann gehen sie. Kurz und schmerzlos, zumindest für mich. Natürlich habe ich auch meine Ansprüche. Jung und knackig muss der Körper sein, den ich für mich beanspruche. Ich liebe es, mich in Muskeln zu krallen oder zu verbeißen, wenn ich komme. Mich an langen Haaren festzuhalten und in ihnen zu wühlen, während ich sehr, sehr heftige Stöße mache.
Ich bin eigentlich nur aktiv. Und ich bin verheiratet, aber Gott sei Dank ist meine Frau da, wo sie hingehört. In Lissabon. Und ich bin in Stuttgart, sodass mir zumindest der Stress erspart bleibt, meine ehelichen Pflichten zu erfüllen. In ihren schlabberigen Brüsten zu wühlen und eine Erektion vorzutäuschen und so. Aber hier ist es inzwischen auch nicht mehr viel besser. Ich sag nur Helmut. Dr. Helmut Willendonk, mein »Mann« und dauerhafter Lebensgefährte. Sagen wir besser, ich wohne bei ihm. Spart Geld. Und er lässt sich ficken, wenn ich nichts Besseres finde. Ab und zu zumindest. Manchmal bin ich sein Bottom, wenn er mal einen hochbekommt, was schwer ist bei ihm. Fünfundzwanzig Zentimeter sind schon ein Argument – wenn sie denn steif werden. Wenn nicht, wie meistens, helfe ich mir aus. Wie gesagt, fünfundzwanzig Zentimeter sind eine tolle Sache ... wenn aber fünf Zentimeter irgendwo mitten drin weich bleiben, ist es ziemlich dumm. Meistens nehme ich mir einen Callboy. Ich habe da einen ganz speziellen, exklusiven an der Hand. Tausend Euro, und ich bekomme, was ich brauche. Ich meine, was ich vorgebe, zu brauchen.
Was ich wirklich brauche, bekomme ich nur von meinem Herrn, Seth, dem bösen Gott. Ich steh drauf, böse zu sein, wirklich. Junge, unverbrauchte Menschen zu verführen, untertänig zu machen, und so einen Kram. »Tue, was du willst, egal, was es ist, Hauptsache, du hast Spaß dabei«, schreibt meine Ordensregel vor. Wen kümmern irdische Gesetze, wenn ein Gott im Spiel ist? Mich nicht, auch wenn manche Sachen besser im Verborgenen geschehen. Ich meine, wer schaut freiwillig weg, wenn du auf offener Straße ein Mädchen vergewaltigst? Alles schon passiert, und es ist eine interessante Erfahrung. Ich? Ein Schwein? Du irrst, Bruder. Man muss seine Grenzen kennenlernen, um erfolgreich zu sein. Meine Magie schützt mich ja vor allem. Sie verleiht mir Macht, Kraft, Sex, Geld, was ich will.
Heute war der Callboy bei mir, und wir haben geredet. Eigentlich wollte ich ihn anwerben für meinen kleinen Club. Dummerweise scheint er sich verliebt zu haben. Ausgerechnet in den Kerl, den ich opfern wollte für meinen Gott. Geeignet ist er ja. Stark und schön, genau passend für Seth. Sein Blut wird meinen Altar stärken. Aber er wird trotzdem sterben, es wird nur seine Qualen verlängern. Auch nicht schlimm, dann bekommt er schon mal einen Vorgeschmack auf das, was ihn in den Tempeln der Schwarzen Katakomben Seths erwartet. Ich sag nur ... Käfer, heilige Aasfresser und Hyänen werden ihn bis in die Ewigkeit quälen. Vielleicht mache ich ihn auch zu einem Skelettkrieger und lasse ihn als Mumie die Tempelanlagen in der ägyptischen Wüste bewachen – wenn er brav ist und ich gut gelaunt bin, meine ich.
Wäre nur schade um den kleinen Stricher. Klar, er sagt, er sei Marokkaner. Allerdings sieht man ihm den ägyptischen Berber an, wenn man sich auskennt. Nicht umsonst sagt man, die wahren Diener der Götter findet man noch heute unter den Nomaden. Und ER wäre genau der Richtige, um Seth zu dienen. Als Hostie, als Objekt für mich und vielleicht als Priester. Wenn er die Anlagen dazu mitbringt, versteht sich. Sein Schwanz ist jedenfalls sehenswert. Und bei ihm macht es Spaß, passiv zu sein, was echt selten bei mir
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