Poison (German Edition)
die Aktienkurse oder Woges »Almanach der betriebswirtschaftlichen Zusammen-hänge« vorbeten. Klar, stöhnen, seufzen, keuchen ist drin, sie sollen ja auch was davon haben. Aber der Rest bleibt draußen.
Oder Hans. Hans ist Bulle. Oder so was Ähnliches, beim Bundesgrenzschutz. Hans ist an sich schon ne geile Schnitte, und bei ihm musste ich vor ein, zwei Jahren mal echt überlegen, ob ich ihm seinen Fick gebe, »einen«, versteht sich. Aber Hans ist gleichzeitig Mr. Obercool, der Superbulle mit den besten Fällen, der größten Knarre und der höchsten Aufklärungsquote, zumindest seinen Storys nach. Und das brauch’ ich nicht, nicht wirklich. Und in den letzten Tagen hatte ich irgendwie sowieso nur noch Pech. Angefangen mit dem ungeschickten Bläser im »Turm«. An dem Abend, an dem Shahin sich mit seinen kundigen Lippen in mein Leben geblasen hat. Danach die Nummer mit den beiden Blondies, der Teufel soll sie holen. Danach Gregor, der Typ aus dem »Peaches«, der mich eigentlich nur an IHN erinnert hat. Und danach noch zwei weitere, namenlose, die aber alle etwas gemeinsam haben: Sie waren grottenschlecht. Klar, für die anderen wird’s reichen, die meisten sind doch froh, überhaupt noch was zum Ficken zu finden. Aber für mich braucht es halt den besonderen Kick. Da war er gestern die absolute Ausnahme. Er hat mir den Kick gegeben, alleine durch seine Anwesenheit. Obwohl er mich doch um etwas betrogen hat, ich weiß nur noch nicht, um was genau. Wobei ich ganz genau weiß, um was ich ihn betrogen habe. Um seinen Orgasmus. Es hat Spaß gemacht, ihn zu ärgern. Aber es hat auch wehgetan, ihn leiden zu sehen, im Nachhinein. Eins weiß ich genau, für ihn würde ich sogar ne Ausnahme von Regel Nummer Eins machen. Er bekäme ein zweites Mal, und so, wie ich mich fühle, als ich darüber nachdenke, wäre das genau das, was ich jetzt brauche: ihn. Shahin.
Und wie ich gerade so meinen Blick über die Menge schweifen lasse, sehe ich ihn an der Kasse, wie er mit Mike redet. Wie er lacht, sich eine Strähne seines Haares aus dem Gesicht wischt, die ihm wohl beim Zurechtmachen seiner Haare entgangen sein muss, während seine Augen seine Seele spiegeln, in einer wundervollen Leichtigkeit, die ich an den meisten Menschen so vermisse und die ich bewundere. Er ist da, und schon ist alles so einfach, und die Gestalten und Körper der Männer um mich herum, die mich seit Minuten schon anhimmeln, anbaggern, verblassen zu Schemen und werden Dekoration, denn ER ist da. Und wie ich noch darüber nachdenke, ob ich ihn beim Eintreten in den Raum aus dem Umkleidezimmer mit einem Glas Sekt empfange, sehe ich, wie völlig ohne das Zutun anderer mein Schwanz lustvoll zu pochen und zu ziehen beginnt, scheinbar aus Vorfreude auf IHN.
Und schon überstürmt mich die Reue. Was, wenn er nach dem gestrigen Abend kein Interesse mehr an mir hat, wenn er mich nicht mehr will? Er hat MIR Bedingungen gestellt, das muss man sich mal geben. »Ich bin keine Puppe, die man wegwirft, wenn man des Spiels überdrüssig ist«, hat er gesagt. Recht hat er. Eine Puppe würde nicht gehen, einfach so, ohne Grund.
»Ich habe auch Gefühle.« Pfff. Gefühle sind Luxus, und diese Art von Luxus kann ich mir nicht leisten, nicht in meiner derzeitigen Situation. »Wenn du mehr willst, führ’ eine Beziehung mit mir.« Was soll das heißen? Eine Beziehung setzt Liebe voraus, Condom-Boy. Und ich glaube nicht an Liebe, erwähnte ich das nicht? Ich glaube an Sex. An guten Sex. Und an die Steigerung davon: an Sex mit dir. Andererseits, und wenn er mir genauso wenig widerstehen kann wie ich ihm? Dann müsste er mich doch wollen, und ich hätte zumindest, was ich will. Befriedigung mit, durch und von ihm, und die Erkenntnis, dass ich recht habe. Also, erst einmal abwarten, was er tut. Ganz der alte Brix. Er wird zu mir kommen, jetzt, wo geklärt ist, dass er zu mir zu kommen hat.
»Und wenn er dann nach mir, nach meinem Schwanz bettelt, mach ich für ihn vielleicht sogar eine Ausnahme«, rede ich mir ein, um mir möglichst einfach zu verkaufen, dass ich so heiß auf ihn bin, dass ich eine zweite Nummer oder mehr von ihm will.
Und was macht er? Er kommt in den Raum, in einem Netzbody, ein Hauch aus schwarzer belgischer Spitze, der mehr zeigt denn verhüllt, und der seinen perfekt modellierten Körper wunderbar zur Geltung bringt. Aber als er im Raum ist, interessiert mich sein Körper eigentlich nur mehr noch am Rande, sein Gesicht, seine Augen sind es, die mich
Weitere Kostenlose Bücher