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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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herauszukommen, dann könnte er Karp einschließen.
    »Aber es würde nicht plausibel wirken«, sagte er. »Sie wollen doch nicht drei Tote hier zurücklassen. So rechnet sich die Sache nicht. Wenn Sie mich als Täter hinstellen wollen, kann ich nicht gleichzeitig Opfer sein.«
    »So sah mein Plan ursprünglich auch nicht aus«, gestand Karp, »aber Wolowoi war solch ein Arschloch. Mein Leben lang habe ich den Mund halten und Arschlöchern wie ihm zuhören müssen - oder solchen wie Ihnen. Sina …«
    »Sina?«
    »Sina sagte Dinge, die einen frei machten oder einem an die Nieren gingen oder einem das Herz aus dem Leib rissen. Jedes ihrer Worte, jedes einzelne, war eine Waffe oder eine Kette oder ein Paar Flügel, je nachdem. Sie kannten Sina nicht. Und du, du hast sie auch nicht gekannt«, fügte er, an Wolowoi gerichtet, hinzu. Der Parteifunktionär saß da, den Kopf leicht geneigt, und schien ihnen tatsächlich zuzuhören. »Ein Invalide will also nicht mit einem diskutieren, der aus dem Lager kommt? Ich könnte dir viel erzählen über die Arbeitslager.« Er drehte sich zu Arkadi um. »Und daß ich das kann, verdanke ich Ihnen.«
    »Ich werde Sie wieder dorthin zurückschicken.«
    »Wenn Sie’s schaffen«, sagte Karp und breitete die Arme aus, als wollte er sagen: Endlich sind wir an dem Punkt angelangt, an dem Worte nichts mehr ausrichten können. Endlich bewegen wir uns auf meinem Terrain. Wie eine persönliche Schlußfolgerung setzte er hinzu: »Sie hätten besser daran getan, auf dem Schiff zu bleiben.«
    Als Arkadi das Epoxyd nach ihm warf, hob Karp wie beiläufig den Arm und ließ den Kanister daran abprallen. Mit zwei Sätzen war Arkadi an der Tür und stieß sie auf. Aber Karps Faust packte ihn im Nacken und zerrte ihn zurück. Arkadi duckte sich unter dem Messer durch und umklammerte Karps Handgelenk mit jenem Spezialgriff, den er von einem MilizAusbilder in Moskau gelernt hatte. Karp quittierte den Trick mit anerkennendem Gelächter. Er ließ das Messer fallen, schleuderte Arkadi dafür aber mit voller Wucht gegen das Bücherbord. Taschenbücher flatterten heraus wie verängstigte Vögel.
    Als Arkadi abermals auf die Tür zuspringen wollte, hob Karp ihn mit bärenstarken Armen hoch und schmetterte ihn über die Baidarka hinweg an die gegenüberliegende Wand. Scheppernd fielen Haifischzähne und schillernde Muscheln auf den Bunkerboden. Karp stieß das Boot um und kauerte sich in der berüchtigten Urka-Pose nieder, die Arkadi schon anderswo gesehen hatte - mit zwei gespreizten Fingern auf die Augen des Gegners zielend. Arkadi hechtete über die ausgestreckte Hand weg und schlug Karp voll auf den Mund, was den Trawlmaster allerdings nicht außer Gefecht setzen konnte. Also rammte Arkadi ihm die Faust in den Magen, der sich anfühlte wie aus Beton gegossen. Dann schnellte er den Ellbogen zu Karps Kinn hoch und zwang ihn damit endlich in die Knie.
    Karp brüllte vor Schmerz, packte seinen Gegner und rammte ihn erst gegen die eine, dann gegen die andere Wand, bis Arkadi nach oben langte und sich an das Fischnetz klammern konnte, das von der Decke hing. Zwar riß Karp ihn gleich wieder herunter, doch Arkadi brachte ein tüchtiges Stück Netz mit, das er dem Trawlmaster über den Kopf warf, bevor er ihn mit einem gezielten Tritt zu Fall brachte. Als er ein drittes Mal versuchte, die Tür zu erreichen, stolperte er über die abgerissenen Spanten des Bootes, und ehe er sich wieder aufrichten konnte, hatte Karp ihn am Knöchel gepackt. Im Liegen hatte er gegen das Gewicht des Trawlmasters keine Chance, und Karp kletterte rittlings auf ihn, ohne sich weiter um Arkadis Schläge zu kümmern, bis der ihm ein Faß voller Ankerschäkel auf den Kopf knallte.
    Arkadi wand sich frei. Er versuchte eben, die Tür zu öffnen, als das Faß an seinem Ohr vorbeiflog und den Ausgang blockierte. Karp riß ihn von der Klinke los und warf ihn neben Wolowoi auf die Pritsche. Als empfände er Mitleid mit ihm, sackte der Tote gegen Arkadis Schulter. Karp zog jetzt sein eigenes Messer aus der Tasche, das zweischneidige Fischmesser für den Notfall. Auf der Pritsche ertastete Arkadi unterdessen das blutige Schnitzmesser, das Karp zuvor achtlos dort hingeworfen hatte.
    Karp war der Schnellere, und sein Hieb hätte Arkadi ohne Zweifel vom Nabel aufwärts entzweigeschlitzt, hätte der tote Wolowoi nicht endlich das Gleichgewicht verloren und wäre vor ihn hingerutscht. So traf Karps Messer den Ersten Maat, und während er sich vorbeugte,

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