Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
um die Klinge herauszuziehen, die ins falsche Ziel gegangen war, bot er sich seinem Gegner einen Augenblick lang vom Herzen bis zur Kehle ungeschützt dar. Arkadi zögerte. Dann war es zu spät. Karp warf die Pritsche um, und er war zwischen Bett und Wand gefangen. Beim Versuch, sich aufzurichten, verlor Arkadi auch noch sein Messer.
    Karp zerrte ihn hinter der Pritsche hervor und warf ihn über Mikes Leichnam in den kleineren Raum. Dann wandte er sich noch einmal Wolowoi zu, beugte sich über dessen Leiche und schnappte sich sein Messer. Den Generator konnte Arkadi kaum von der Stelle bewegen, aber es gelang ihm, einen Kanister hochzuheben. Karp, der merkte, was Arkadi vorhatte, duckte sich, und der Kanister flog an ihm vorbei. Dann erst machte er einen Satz über Mike hinweg.
    Mit melodischem Klirren zersprang irgendwo Glas. Der helle Ton erklang, noch bevor Karp zu seinem Sprung angesetzt hatte. Arkadi erinnerte sich im nachhinein der Verblüffung des Mannes vor dem Hintergrund eines grellweißen Leuchtens, als sei plötzlich eine Sonne hinter ihm aufgegangen. Der Explosion der Kerosinlampe und des Benzinkanisters folgte ein Zischen, mit dem das verschüttete Epoxyd sich entzündete. Benzin ergoß sich über den Boden, zuerst fingen die verstreut umherliegenden Bücher Feuer, dann das zerwühlte Bettzeug auf der Pritsche und schließlich der Rand der Werkbank. Karp schlug mit dem Messer nach Arkadi, doch es waren nur mehr halbherzige Stöße, der Trawlmaster war sichtlich außer Fassung. Eine zweite Explosion erfolgte, als auch noch der volle Eimer Epoxyd Feuer fing, und eine Stichflamme schoß bis hoch zur Decke. Dickbraune, ätzende Dämpfe quollen an den Wänden hoch.
    »Noch besser«, rief Karp. Einmal noch schwang er sein Messer und rannte dann durch den brennenden Raum zurück zum Eingang; er sah aus wie ein Dämon, der sich aus der Hölle davonmacht. Er riß die Bunkertür auf, und als er sich ein letztes Mal nach Arkadi umsah, tanzten Flammen in seinen Augen. Dann stürzte er ins Freie, und die Tür schlug hinter ihm zu.
    Die Baidarka hatte Feuer gefangen; schwarz standen die Spanten vor der durchscheinenden Bootsverkleidung, die brennende Epoxydtropfen ausschwitzte. Die Decke war bereits von giftigem Rauch verschleiert, der gleich einer Sturmwolke um sich griff. Arkadi beugte sich über den toten Mike. Eine denkwürdige Szene, dachte er. Sturm, Feuer, der Aleute, der ausgestreckt neben seinem brennenden Boot lag, Wolowoi auf seinem umgestürzten Scheiterhaufen, ein Ärmel schon von Flammen umzüngelt. Arkadi fiel eine Formulierung aus einem französischen Reiseführer ein: ». lohnt den Besuch.« Bisweilen spielte der Verstand einem kurz vor dem Ende noch solche Streiche und schwang sich zu einer eigenwilligen letzten Reise auf. Er hatte die Wahl, entweder im einen Raum zu verbrennen oder im anderen zu ersticken.
    Die Hand über den Mund gepreßt, raste Arkadi durch die Flammen und warf sich mit voller Wucht gegen die Tür. Sie gab nach; das Vorhängeschloß war nicht eingeschnappt, sondern Karp blockierte den Eingang nur von außen mit seinem Körpergewicht. Genau wie im Laderaum. Die einfachsten Ideen waren die besten. Flammen leckten nach Arkadis Füßen. Er duckte sich unter der Rauchwolke und atmete keuchend, von Hustenanfällen geschüttelt. Es würde höchstens noch fünf oder vielleicht zehn Minuten dauern; dann konnte Karp die Tür wieder öffnen und sich von seinem Erfolg überzeugen.
    Arkadi schob den inneren Riegel vor. Er hatte einmal einen Pathologen gekannt, der behauptete, Renkos größtes Talent bestehe nicht darin, verheerenden Situationen zu entkommen, sondern sie im Gegenteil noch zu komplizieren. Mit angehaltenem Atem kämpfte er sich durch das Feuer zurück, ergriff ein Faß, das im Weg stand, und rollte es in den angrenzenden Raum. Das Faß enthielt Mikes Sammlung ausrangierter Netze. Mit dem geübten Blick eines Fischers zog er das längste Stück Nylongeflecht heraus. Die Flammen aus dem Nebenraum verwandelten die Wasserlache in der Ecke in einen goldschimmernden Teich, in dessen Widerschein er mit Mühe den geborstenen Treppensockel erkennen konnte, darüber die zwei rostigen Eisenflansche unter der geschlossenen Luke. Er kippte das Faß senkrecht in die Pfütze und kletterte hinauf. Auf Zehen konnte er das Netz gerade so hoch schwingen, daß es knapp die Luke erreichte. Sie war nicht dicht, und jetzt quoll der Rauch von nebenan in den Raum, kroch an der Decke entlang und dem

Weitere Kostenlose Bücher