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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Martschuk.
    »Warum rufen Sie ihn dann nicht an?« fragte Arkadi. Vor Sachalin hielten die Schiffe bei stürmischer See immer Verbindung untereinander.
    »Das hab ich ja versucht, aber er antwortet nicht«, sagte Martschuk. »Vielleicht hat der Sturm eine von seinen Antennen abgeknickt.«
    »An unserem Schneckentempo merkt Morgan natürlich, daß irgendwas nicht in Ordnung ist«, erklärte Hess. »Wahrscheinlich weiß er auch, daß mein Kabel ausgefahren ist. Und er ist ganz wild darauf, ein Stück davon zu ergattern. Sie sehen also, mein lieber Renko, wir sind es, die Probleme haben, nicht er. Für ihn ist dieses Wetter sogar ideal.«
    Auf dem Radarschirm erschien die von der Polar Star freigepflügte Fahrrinne als schmale Gasse, übersät mit grünen Pünktchen: Das Meer gab die Radarsignale zurück. Etwa in der Mitte dieser Gasse, gut fünfhundert Meter hinter dem Fabrikschiff, flackerte der Echoimpuls, der die Eagle markierte, ansonsten war der Schirm leer. Arkadi schaltete hoch auf fünfzig Kilometer. Immer noch nichts zu sehen außer der Eagle. Angeblich hatte Seattle Ersatz für die verlorenen Fangboote geschickt, aber die verspäteten sich wohl wegen des schlechten Wetters.
    »Morgan hat ebenfalls Radar an Bord«, sagte Hess. »Und ein Richtecholot. Falls sich wirklich was im Kabel verfangen hat, wird er es entdecken. Wahrscheinlich ist das genau die Gelegenheit, auf die er schon die ganze Zeit lauert.«
    »Aber wenn er einen Antennenmast verloren hat«, wandte Martschuk ein, »dann ist sein Radar auch hin.«
    Der Autopilot, der unbeirrbar und gewissenhaft seine Arbeit verrichtete, drehte das Ruder um ein Grad weiter.
    »Genosse Kapitän«, sagte Hess, »ich verstehe Ihre Besorgnis um einen anderen Seeoffizier, und ich wünschte, Morgan wäre ebenso idealistisch eingestellt wie Sie. Leider ist er es nicht. Wir sind seine Beute. Er wird sich ruhig verhalten und dicht hinter uns bleiben, um zu sehen, ob wir einen Fehler machen, etwa zu beschleunigen. Was immer sich ans Kabel gehängt hat, könnte dann unmittelbar neben der Eagle an die Oberfläche kommen.«
    »Und was ist, wenn das Kabel reißt?« fragte Arkadi.
    »Das wird es nicht, wenn wir weiter auf langsamer Fahrt bleiben«, erklärte Hess.
    »Aber wenn es nun doch passiert?« hakte Martschuk nach.
    »Ausgeschlossen«, sagte Hess.
    Was spielte Hess doch gleich wieder für ein Instrument? Richtig, Cello. Der Flotteningenieur erinnerte Arkadi an einen Cellisten, der verbissen weiterzuspielen versucht, während ihm, eine nach der anderen, die Saiten springen.
    »Das Kabel wird nicht reißen«, versicherte Hess noch einmal mit Nachdruck. »Aber selbst wenn es wider alle Erwartungen doch geschehen sollte, wäre das für uns noch kein Beinbruch: Das Kabel hat nämlich negativen Auftrieb und würde also sinken. Das einzige Problem wäre dann für mich, nach Wladiwostok zurückzukehren und dem Flottenkommando beibringen zu müssen, daß ich ein Hydrophonkabel eingebüßt habe. Unsere Reise ist auch so schon katastrophal genug verlaufen, nicht wahr, Kapitän? Wir brauchen keine weiteren Pannen zu provozieren.«
    »Aber warum beantwortet Morgan Ihre Funksprüche nicht?«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, warum. Bis auf eine möglicherweise defekte Antenne läuft auf der Eagle alles normal. Alles andere existiert nur in Ihrer Phantasie.« Hess wurde ungehalten.
    »Ich gehe wieder nach unten. Vielleicht kann ich das Kabel doch ein Stück weit einziehen.« Er wandte sich zur Tür, blieb aber noch vor Arkadi stehen. »Erklären Sie dem Kapitän, daß diese Sina Patiaschwili nicht jedesmal, wenn die Eagle in unsere Nähe kam, an die Heckreling gerannt ist, um einem Matrosen Kußhändchen zuzuwerfen. Wie ich höre, wurde sie mit diesen und anderen Zärtlichkeiten schon reichlich durch meinen eigenen Funker versorgt. Wenn Sina jetzt hier im Raum stünde, ich würde sie eigenhändig ins Jenseits befördern.«
    Der Flotteningenieur ging über die Laufbrücke an Deck. Bevor die Tür hinter ihm ins Schloß fiel, fegte eine Schneewolke herein, helle Flocken tanzten im Halbdunkel auf und nieder und erloschen dann.
    »Dieser Zwischenfall entbehrt nicht einer gewissen Komik«, sagte Martschuk bitter. »Da hat das Schiff so lange im Trockendock gelegen, bloß damit das verdammte Kabel installiert werden konnte, und jetzt muß ausgerechnet dieses kostbare Stück versagen.«
    Der Kapitän lehnte sich gegen sein Pult und strich liebevoll über einen Tochterkompaß, dessen Haube er

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