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Polarfieber (German Edition)

Polarfieber (German Edition)

Titel: Polarfieber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Henry
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dröhnte in ihrem Kopf. Noch bevor Kaya die Augen öffnete, begann ihr Herz zu hämmern. Das E rste, was sie sah, waren Silas ’ Hände. La n ge, schlanke Finger, die über die Instrumente flogen. Sie richtete sich in ihrem Sitz auf.
    „ W … was? “
    Das Rauschen wurde lauter, verschlang jeden zusammenhänge n den Gedanken. Silas antwortete nicht. Seine Lippen bewegten sich, als er in das kleine Mikrofon an seinem Helm sprach. K eines seiner Worte kam bei ihr an.
    Sie fielen.
    Anzeigen blinkten. Rote Intervalle und pe r manentes P iepen . Sie musste keine Pilotin sein, um zu wissen, dass hier etwas mächtig schiefging. Oh Gott ! Würden sie sterben? Ein Hubschrauber o h ne Antrieb hatte dieselben Flugeigenschaften wie ein Bauconta i ner. Er fiel wie ein Stein zu Boden . Kein Gleiten. Keine Notla n dung.
    Ihre Augen brannten. Wie gebannt starrte sie auf die Oberfläche des Meeres. Sie kam näher und näher.
    „ Kaya, Notfallposition. “ Der gebellte Befehl drang zu ihr durch . Ihre Gliedmaßen gehorchten nicht. Sie flogen über das Meer. Keine Möglichkeit der Rettung. Unter ihnen nur endloses, stä h lernes Blau, über das die tief hängende Sonne ihr Licht warf. Ei s berge, Schollen. Für ihr Volk der Garant für L e ben. Für sie der sichere Tod.
    „ Verdammt Kaya, bück dich und schütz e deinen Kopf! “ Seine Stimme klang jetzt ruhig. Nur seine Finger umfassten krampfhaft den Steuerknüppel. Um sie herum ruckelte und bebte es. In ihr wu r de es leise. Ich werde dich wiedersehen. Ich hab dich nicht verge s sen, auch gestern nicht, und jetzt sind wir bald wieder z u sammen. Der Gedanke gab ihr Trost.
    Vor ihnen im Nebel tauchte die Küste auf. Ein schmaler Stre i fen Land, hinter dem sich das Gebirge erhob. Niemals würde es Silas gelingen, dort zu landen. Niemals. Erst mit Verspätung g e lang es ihr, ihren Muskeln den Befehl zu geben, seiner Aufford e rung zu folgen, sich nach vorn zu beugen und die Arme über ihrem Kopf zu ve r schränken. Der Hubschrauber schwankte, tanzte hin und her, als wäre er ein Blatt, mit dem der Wind spielte. Aber er flog noch . Fiel nicht . Wie durch Watte nahm sie wahr, wie schwerfällig sich die Rotoren drehten. Immer noch sprach Silas in sein Mikrofon. Selts a merweise fiel ihr auf, dass er die Sonnenbrille abgenommen hatte. Ob er absichtlich die Verbindung zu ihren Kop f hörern unterbrochen hatte?
    Lieber Gott, hilf uns! Und dann: Ich liebe dich, Nattok, ich li e be dich.
    Immer näher kam das rettende Land und mit ihm die todbringe n den Felsen. Schon sah sie die Risse im Eis und die Furchen im Fels. Silas steuerte direkt auf die Mündung eines Gletschers zu.
    Nicht mehr lange. Noch wenige Meter zum Boden. Fast konnte sie das Eis unter den Kufen spüren . Ein Hauch von Erleicht e rung. Er wusste, was er tat. Bei mir fliegst du sicher, wie das Baby im Schn a bel von Adebar dem Storch , hatte er gesagt . Etwas b e rührte ihre Schläfe. Sie zuckte zusammen. Seine Hand, die ihr die Sonnenbrille vom Kopf riss. Und dann … gleißendes Weiß. Mit der Gewalt eines Tsunami s wurde sie in den Gurt gepresst. Die Welt drehte sich. Ein Krachen. Laut . So laut. Sie hörte einen Schrei. Viele Schreie, und wusste nicht, ob sie von ihr kamen oder von Silas . Wirbeln und Dr e hen. Das Geräusch von berstendem Metall. Das Knacken von Kn o chen? Schlagartig wurde das Weiß zu Schwarz.
    Es war vorbei.
     
    *
     
    Absolut e Stille . Nicht mal ein piepender Vogel war zu hören oder Wind, der durch Täler pfiff. Nur Ruhe. Wie der Tod. Raus mit dir. Die Stimme in seinem Kopf sprach dänisch , hatte immer darauf bestanden, dänisch mit ihm zu sprechen. Dad? Verflucht. Raus mit dir, du Trottel.
    Das E rste, was zurückkehrte, war das Gefühl in seinen Händen. Und die waren eiskalt. Wie konnte das sein ? Nirgends in Afgh a nistan war es so kalt, dass ihm die Hände froren. Etwas sickerte über seinen Handr ü cken. Warm .
    Komm zu dir, Mann, oder es ist zu Ende. Und wenn schon, antwort e ten seine Gedanken, träge wie halb gefrorener Sirup. Was über seine Hand lief, wurde mehr und zugleich stockend . Wie über Vani l leeis gegossene Schokoladensauce, die sich zu einer perfekten Haube um die Eiskugel verfestigte.
    Vanille e is? Warum dachte er jetzt an Vanille e is?
    Du bist nicht allein, Mann. Jetzt reiß dich zusammen. Du bist nicht allein, und du bist viel zu weit weg vom Tod. Raus mit dir.
    Nicht allein? Seine Einsätze flog er immer allein. Im Verbund mit anderen Piloten, aber niemand

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