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Polarfieber (German Edition)

Polarfieber (German Edition)

Titel: Polarfieber (German Edition)
Autoren: Kim Henry
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typisch für Kaya, dass dies eines der ersten Dinge war, die sie dir über sich erzählt hat. Weil es ihr größter Al b traum war und ihre größte Trauer. Aber es ist einfach nicht wahr. “
    Marc hatte die ganze Zeit schweigend daneben gesessen. Ein Au s druck von Bewunderung lag in dem Blick, mit dem er seine Frau musterte. Und tiefe Zuneigung. Liebe? Die beiden erwart e ten ihr fünftes Kind. Brauchte es dazu Liebe? Nein, das wusste Silas selbst zu gut . Liebe war nicht nötig, um Eltern zu werden. Aber vielleicht Vergebung.
    Kaya trug sein Baby im Bauch.
    Er stand auf. „ Habt ihr einen abflugbereiten Helikopter im Ha n gar, Marc? “ , fragte er heiser.
    „ Jederzeit. “
     
    *
     
    Kaya stopfte ihren Pullover in den Bund der Eisbärenfellhose und zurrte die Bänder fest. Sie drehte sich zur Seite und betrachtete ihr Profil im Spiegel. Noch war ihr Bauch flach. Nicht die kleinste Beule zeugte von dem Leben, das sie unter ihrem Herzen trug. Sie machte ein Hohlkreuz, versuchte sich vorzustellen, wie ihr Kö r per sich die nächsten Wochen und Monate verändern würde. Ganz ohne ihr Zutun wanderten ihre Hände zu ihrem Bauch, legten sich flach auf die Stelle, wo unter Schichten aus Fell und Leder in einer kleinen Höhle ihr Baby wuchs.
    Schwanger. Wie lange hatte sie sich das gewünscht? N iemals, in keinem einzigen ihrer Träume hatte sie sich vorste l len können, auf welche Weise dieses Wunder zu ihr kam. Ein Kind der Liebe. Auch wenn die se Liebe nur einseitig war, wenn der Vater dieses kleinen Wunderwesens sie aus seinen Gedanken verbannt hatte, so war sie ihm unendlich dankbar für dieses Geschenk . Liebe. So ein seltsames Wort.
    Sie hatte Nattoq geliebt, wie zwei Menschen sich liebten, die sich füreinander bestimmt glaubten . Seite an Seite waren sie aufgewac h sen. Niemand hatte daran gezweifelt, dass sie einmal heiraten wü r den. Kaya hatte die Entscheidung der anderen nie ang e zweifelt. Kaya und Nattoralik. Nattoralik und Kaya. Das gehörte zusammen, so lange sie denken konnte. Es war eine ruhige S i cherheit. So alt wie das Eis im Inneren des Landes, so zäh, wie das Fließen der Gletscher.
    Zu Silas gehörte sie nicht. Für eine kurze Weile war Silas Stur m rauschen und Flockentreiben, Eiswind und whiskeywarme Augen. Eine Naturgewalt, die alles mit sich riss und das Land veränderte, über das sie hinwegfegte. Silas war Leben. Roh und elementar und so vergänglich, wie eine Schneeflocke auf liebesheißer Haut. War es möglich, zweimal zu lieben? Auf so unterschiedliche Art? Spie l te es überhaupt eine Rolle? Was würde sie ihrer Tochter sagen, wenn sie erst einmal auf der Welt war? Dein Vater wollte uns nicht? Oder würde sie sagen , d ein Vater ist vom Himmel gefa l len, direkt in mein Herz. Er ist gekommen und gegangen und er hat mich auf jede Art gerettet , auf die ein Mann eine Frau retten kann. Dann ist er davon geflogen, frei wie ein Vogel. Und er hat mir dich geschenkt, als Eri n nerung daran, was es heißt zu leben.
    „ Kaya, bist du noch da drin? “ Jeremys Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
    „ Ich komme gleich. Moment. “ Sie nahm die dickgefütterte Ro b benfelljacke vom Haken, streifte sich eine Mütze über und trat vor die Tür.
    „ Ich hab e schon gedacht, ich sei zu spät. “ Jeremy lächelte, doch sein Lächeln erreichte nicht seine Augen.
    Sie wusste nicht, was sie von diesem Mann halten sollte, der vor Wochen aufgetaucht war und ihr seither folgte wie ein treuer Hund , denn etwas Hündisches hatte er zweifellos. Die Art, wie er sie ansah, wenn er dachte, dass sie es nicht merkte, ließ die Hä r chen in ihrem Nacken zu Berge stehen.
    „ Wir hatten neun Uhr gesagt. Bevor der Mond nicht ganz dra u ßen ist, brauchen wir gar nicht losfahren. Da ist es noch zu du n kel. “ Ob sie sich selbst beruhigen wollte mit ihren Belehrungen oder Jeremy, war ihr nicht ganz klar. Auf jeden Fall legte sich ihr Unwohlsein, sie konnte beinah über sich lachen. Hyperse n sible Schwangere. Klar, kaum wusste sie von dem kleinen Bauc h wesen, traten die ersten Schwangerschaftssym p tome auf .
    Nebeneinander stapften sie die Straße hinab zur Bucht. Es war e i ne wolkenlose Nacht. Unzählige Sterne funkelten am Himmel, scha r ten sich millionenfach um einen vollen, silbernen Mond.
    „ Alles klar mit dir, Kaya? Du wirkst etwas abwesend. “
    „ Ähm. Ja . Ja , alles ist in Ordnung. Ich hoffe, Alignak ist schon mit seinen Hunden unten. “
    „ Wie lange werden wir zu der Stelle fahren
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