Polaris
ich hätte einiges zustande gebracht, aber ich habe die einzige Aufgabe, die wirklich von Bedeutung war, nicht gemeistert.«
»Weil die Leute immer noch alt werden?«
»Ja. Weil die Leute immer noch durch ihren eigenen Körper verraten werden. Weil sie nur eine Hand voll Jahre leben, ehe sie anfangen zu verfallen.«
»Aber ist das nicht der natürliche Lauf der Dinge? Was würde passieren, wenn die Leute aufhören würden zu sterben? Wo sollten wir sie alle unterbringen?«
»Der natürliche Lauf der Dinge verlangt, dass die Leute durch die Wälder der Erde streifen und Rotwild und Wildschweine jagen, nehme ich an. Und gejagt werden. Dass sie sich in Nächten wie diesen an einem Feuer zusammenkauern. Ist es so kalt, wie es aussieht?«
»Ja.«
»Würden Sie so ein Leben vorziehen? Würden Sie es vorziehen zu leben, wie es Ihre Urahnen getan haben?«
»Jagen ist nicht mein Ding. Nein.«
»Oder gejagt werden. Damit ist das erste Argument also vom Tisch. Und Sie fragen, was geschehen würde, wenn die Leute aufhörten zu sterben? Ich würde Ihnen zunächst einmal entgegenhalten, dass das die falsche Frage ist. Stattdessen sollten wir herausfinden, was geschehen würde, wären die Leute imstande, ihre Jugend und Vitalität auf ewig zu erhalten. Ich gebe zu bedenken, dass wir den größten Teil der Ursachen menschlichen Leidens mit einem Schlag aus der Welt schaffen könnten. Natürlich nicht alle. Das liegt nicht in unserer Macht. Aber wir können dieses automatische Sterben aufhalten, es gänzlich aus unserem Dasein tilgen. Und wenn es uns gelingt, den schleichenden Abbau aufzuhalten, der am Ende nur ins Grab führen kann, werden wir der Menschheit ein Geschenk von unschätzbarem Wert gegeben haben.«
»Professor, eine Menge Leute sind der Ansicht, dass der Tod gar nicht notwendigerweise etwas Schlechtes sein muss. Dass ein Leben, das zu lange dauert, irgendwann furchtbar langweilig sein wird…«
»Es wird nur langweilig, weil der Körper steif und zerbrechlich wird. Alles bricht leichter und schneller, und der Energiepegel fällt und fällt.«
»… dass es sowohl für die Person selbst als auch für ihre Familie zu einer Bürde werden wird…«
»Noch einmal: Das liegt nur an dem körperlichen Verfall. Natürlich sind extrem alte Leute eine Last. Ich schlug aber vor, das Eintreten eben dieses Zustands zu verhindern.«
Ich hielt durch, so gut ich konnte: »Es mag sein, dass Kunst aus unserem Sinn für die Vergänglichkeit schöner Dinge entsteht. Dass Tod ein Teil dessen ist, was uns menschlich sein lässt. Dass die Leute den Weg frei machen müssen, damit ihre Kinder ihn weiter beschreiten können.«
»Unsinn. Chase, das ist nur Geschwätz. Alks ist wunderbar, solange man es nur im Abstrakten bespricht. Der Tod ist ein akzeptabler Teil menschlichen Daseins, solange es um jemand anderen geht. Solange wir uns nur über Statistiken und andere Leute unterhalten. Vorzugsweise fremde Leute. «
»Aber wenn Sie Erfolg gehabt hätten, wo hätten Sie all die Leute gelassen? Uns steht keine unendlich große Landmasse zur Verfügung. Das Gleiche gilt für unsere Ressourcen.«
»Natürlich. Wir müssten einen Preis dafür bezahlen. Die Menschen müssten aufhören, sich fortzupflanzen.«
»Das würden sie nicht tun.«
Er lächelte auf eine Weise, die andeutete, dass er all das schon früher gehört hatte. »Meinen Sie?«
»Ich bin davon überzeugt.«
»Dann verrate ich Ihnen, dass Sie, sollten Sie einem jungen Paar die Wahl lassen, Kinder zu bekommen oder für immer in ihren jungen Körpern zu leben und einander nie verlieren zu müssen, nicht die Antwort erhalten würden, mit der Sie rechnen dürften.«
»Das glauben Sie tatsächlich?«
»Ich hege nicht den geringsten Zweifel daran.«
»Also hören wir auf, Kinder zu bekommen.«
»Ein paar werden wir haben. Müssen wir haben, um diejenigen zu ersetzen, die durch Unfälle zu Tode kommen. Das müsste man noch genau ausarbeiten, aber das ist nur ein Detail.«
»Was ist mit der Evolution?«
»Was soll mit ihr sein?«
»Die Art würde aufhören, sich zu entwickeln.«
»Dass ist vermutlich schon passiert, kurz nachdem wir von den Bäumen geklettert sind.« Er seufzte. »Okay, das war ein bisschen übertrieben. Aber denken Sie wirklich, irgendeiner Ihrer Nachkommen in ferner Zukunft wird schlauer sein als Sie?«
Naja. Nein. Aber mir fielen eine Menge anderer Leute ein, die umfassende Verbesserungen gut hätten vertragen können.
Als ich nicht antwortete,
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