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Polaris

Polaris

Titel: Polaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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stürmte er weiter voran: »Wir sind nicht verpflichtet, der Natur zu geben, was sie vielleicht will. Wir sind nur uns selbst verpflichtet – verpflichtet, dafür zu sorgen, dass es uns gut geht, die notwendigen Grundlagen für ein erfülltes Leben zu schaffen, Schmerz und Verfall, wie er uns von der Natur bestimmt wird, zu eliminieren und individuelle Persönlichkeiten zu erhalten. Was die Evolutionisten betrifft, wenn sie den Tod so sehr mögen, dann sollen sie doch freiwillig abtreten. Wenn wir wirklich stärkere Körper sehen wollen, wird die Gentechnik sie uns liefern. Und wenn wir klügere Menschen wollen, nutzen wir die Verbesserungstechniken.«
    »Ich weiß nicht, Professor. Das kommt mir nicht richtig vor.«
    »Das liegt daran, dass die Leute schon seit mehreren Millionen Jahren alt werden und sterben. Wir haben uns daran gewöhnt. Und wie bei jeder anderen Grausamkeit der Natur, geben wir, weil wir so oder so nichts daran ändern können, einfach vor, es zu billigen. Wir behaupten, wir wollten es gar nicht anders haben. Ich habe tatsächlich Leute – vorwiegend Frauen – sagen gehört, sie würden ihr Leben unter keinen Umständen noch einmal leben wollen.
    Aber wir sterben nicht gern. Darum haben wir die Religion. Wir haben immer versucht, den Tod zu umgehen, uns einzureden, wir wären unsterblich. Wir geben uns bereitwillig dem physischen Ende hin und geben gleichzeitig vor, wir würden nicht sterben.«
    »Professor, jemand sagte mal, die menschliche Rasse bräuchte den Tod für den Fortschritt. Die Leute verlieren mit den Jahren die geistige Flexibilität. Würden wir nicht als ein Haufen alter Griesgrame in jungen Körpern enden?«
    » Oh, nun, da haben Sie einen Punkt. In dieser Hinsicht wird es ein paar Probleme geben. Bosse würden nie in den Ruhestand gehen. Würden nie sterben. Es gäbe sehr wenig frische, neue Talente. Bestatter müssten ihr Geschäft aufgeben und sich eine neue Arbeit suchen. Politiker würden versuchen, buchstäblich ewig an ihren Stühlen zu kleben. Aber wir waren immer schon eine adaptive Spezies. Ich denke, dass einerseits die Leute, wenn sie sich nicht von einem Alterungsprozess bedroht sehen, weniger geneigt sein werden, einmal gewonnene Überzeugungen ihr Leben lang zu verteidigen. Sie sind wie Krücken, Prinzipien, an denen sich die Leute umso verzweifelter festhalten, je näher das Ende rückt. Aber wenn kein Ende kommt…« Er streckte die Hände aus, die Handflächen nach oben. Was könnte noch offensichtlicher sein? »Es würde eine Periode der Anpassung geben. Aber ich denke, das Endergebnis wäre mehr als zufriedenstellend.«
    »Was ist mit Ihnen passiert?«, fragte ich.
    »Wie meinen Sie das, Chase.«
    »Die meisten Leute akzeptieren Tod und Verlust als den Preis, den wir für das Leben zu zahlen haben. Was ist mit Ihnen passiert? Haben Sie jemanden verloren, der Ihnen besonders nahe stand?«
    »Hören Sie sich nur selbst zu, Kind. Wer hat denn nicht jemanden verloren, der ihm besonders nahe stand? Einen Vater, eine Schwester, eine Tochter. Einen Freund. Einen Liebhaber. Wir wohnen der Beerdigung bei und geben vor, der Verblichene wäre in irgendein sonniges Land aufgestiegen. Wir reden darüber, wie viel besser der Tote es nun hätte. Wir erzählen uns gegenseitig, wir wären unsterblich und dass es einen Teil von uns gäbe, der ewig weiterleben würde. Aber die Wahrheit, Chase, lautet, wie jeder Mensch, der je darüber nachgedacht hat, tief im Herzen weiß, dass tot einfach tot bedeutet. Weg. Für immer.
    Sie sehen selbst, dass ich nicht jung bin. Aber wenn Sie wissen wollen, warum ich an diesem Problem arbeite, dann sage ich Ihnen, es liegt daran, dass ich zu viele Menschen habe sterben sehen. So einfach ist das, und ich will, dass es aufhört. Und ich habe eine Möglichkeit gesehen, das zu erreichen.« Eine einzelne Lampe erhellte den Raum. Er musterte sie für einen langen Moment. »Wir lieben das Licht«, sagte er.
    »Wo liegt der Stolperstein? Ich meine, ich weiß, dass wir fähig sind, die Zellen dazu zu bringen, sich endlos zu reproduzieren. Das sollte im Grunde bereits die Unsterblichkeit bedeuten. Aber so ist es nicht.«
    »Was tun Sie so, Chase?«
    »Ich verkaufe Antiquitäten.«
    »Tatsächlich?«
    »Naja, ich fliege auch überlichtschnelle Schiffe.«
    »Ah. Wären Sie an einer Lebensverlängerung für sich interessiert, wenn ich sie Ihnen anbieten könnte?«
    »Nein. Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe.«
    »Eine vernünftige Position, meine

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