Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
Vom Netzwerk:
von mir entfernt stand.
    »Nichts Besonderes.«
»Wir gelangen bald aufs offene Meer«, versicherte er
    mir. »Dann wirst du dich besser fühlen.« Er betrachtete die Streifen von Sonnenlicht, die majestätisch über das Wasser glitten.
    »Das habe ich nicht ganz verstanden, Anrak.« »Sie spült deine Betrübnis fort. Sie ist sehr gut darin.« »Sie? Wer ist sie?«
»Die See, Pol. Ganz gleich, wie schlimm es steht, sie vertreibt deinen Kummer und macht dir den Kopf wieder klar. Landratten verstehen das nicht, aber wir verstehen es.«
    »Du liebst die See, nicht wahr, Anrak?«
»Natürlich. Sie überrascht mich manchmal, und gelegentlich hat sie schlechte Laune, aber die meiste Zeit über kommen wir gut miteinander zurecht. Ich liebe sie, Pol. Sie ist die einzige Ehefrau, die ich je gebraucht habe.«
    Immer, wenn ich gezwungen bin, Umgang mit diesem Schurken zu haben, diesem Kapitän Greldik, rufe ich mir dieses Gespräch ins Gedächtnis. Greldik und Anrak, obwohl Tausende von Jahren sie trennen, sind aus demselben Stoff gemacht. Beide betrachten sie das Meer als ein Lebewesen mit einer eigenen Persönlichkeit.
    In Camaar erstand ich ein Pferd namens Baron. Baron war ein guter, empfindsamer Brauner, alt genug, um jenen Übermut abgelegt zu haben, der so typisch für jüngere Pferde ist. Er und ich kamen gut miteinander aus. Weil ich keine Eile hatte, trieb ich ihn nicht an, und er schien das zu schätzen. Wir trotteten also mehr oder weniger gemütlich über die gepflegten Äcker des südlichen Sendarien in Richtung Muros. Wir nahmen in Gasthöfen am Wege Unterkunft, und wenn kein Gasthof verfügbar war, übernachteten wir im Freien. Mit Ausnahme jenes eigentümlich kosmopolitischen Hafens von Camaar gehörte Südsendarien in jenen Tagen zum Herrschaftsgebiet der wacitischen Arender. Ich fand den rhythmischen Akzent der wacitischen Landbevölkerung ziemlich charmant. Die wiederholten Warnungen der Gastwirte und Stallknechte vor Räubern und Geächteten auf der Straße fand ich allerdings nicht sehr spaßig. »Aber, Mylady«, warnte mich ein übertrieben diensteifriger Gastwirt, als ich ihm erzählte, ich reiste allein, »'s tut fürchterlich gefährlich sein tun da draußen für eine Lady ganz allein. Räuber sind böse Menschen, die nur drauf wart'n tun, das Ihr keinen Schutz nicht habt, will ich mal sagen.«
    »Ich komme schon damit zurecht guter Wirt«, wies ich ihn mit fester Stimme in seine Grenzen. Diese ständigen Warnungen begannen mich zu ermüden.
    Etwa auf halbem Weg nach Muros gabelte sich der Camaarfluß, und das Land jenseits dieser Gabelung war so dicht bewaldet, wie heute das nördliche Arendien. Für die meisten Menschen im neuen Zeitalter besitzt der Begriff ›Urwald‹ einen romantischen Beiklang und fördert Bilder einer parkähnlichen, mit Feen, Elfen und einem gelegentlichen Troll bevölkerten Umgebung zutage. Die Wirklichkeit war viel trister. Wenn man einen Baum fünfzehnhundert Jahre oder so sich selbst überläßt, wächst er einfach immer weiter. Ich habe Bäume gesehen, die an der Wurzel achtzehn bis zwanzig Fuß dick sind, Bäume, die hundertfünfzig Fuß in die Höhe reichen, bevor sie auch nur den ersten Ast austreiben. Die Äste dieses Baums und die seiner Nachbarn verzahnen sich und bilden ein hohes Dach, durch das kein Sonnenlicht dringt und kein Himmel zu sehen ist, und auf dem Waldboden schimmert beständig grünes Dämmerlicht. Das Unterholz ist an den meisten Stellen undurchdringlich, und in dem Zwielicht gedeihen alle möglichen Arten wilder Tiere – und wilder Menschen.
    Die wacitischen Arender hatten die beklagenswerte Institution der Leibeigenschaft mitgebracht, als sie in das Gebiet nördlich des Camaarflusses gezogen waren. Ein Leibeigener, der in der Nähe eines Waldes lebt, hat immer eine Alternative vor Augen, wenn die Sklaverei ihm unerträglich wird. Hat er jedoch seine Wohnstatt erst einmal im Wald aufgeschlagen, ist die Wegelagerei in den meisten Fällen die einzige Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, und Reisende werden zu seiner natürlichen Beute.
    Die beiden, die ich eines späten Nachmittags auf der schlammigen Waldstraße nach Muros traf, waren abgerissen, unrasiert und halb betrunken. Rostige Metzgermesser gezückt, stolperten sie aus dem Gebüsch zu seiten der Straße, »Ich tät am liebsten den Zossen hab'n tun, Ferdish«, sagte der eine Schurke zu dem anderen.
    »Einverstanden, Selt«, entgegnete der andere, während er sich heftig in der

Weitere Kostenlose Bücher