Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
Vom Netzwerk:
ließ ich ihn mit kalter Stimme wissen. Ich stand ein Dutzend Fuß von ihm entfernt, und es war nicht das geringste zu sehen, was man für die schallende Ohrfeige hätte verantwortlich machen können, die ihn jetzt mit voller Wucht ins Gesicht traf. Die Ohrfeige war alles andere als ein leichter Klaps, so daß er mit leicht glasigem Blick im Sattel zurücktaumelte.
»Des weiteren«, fuhr ich unerbittlich fort, »werdet Ihr die Güte haben, mich in Zukunft mit ›Mylady‹ anzusprechen. Sollte der verabscheuenswürdige Ausdruck ›Dirne‹ Euch noch ein einziges Mal über die Lippen kommen, werde ich dafür sorgen, daß Ihr es bis an Euer Lebensende bereut.« Dieser Hieb traf ihn unmittelbar auf den Mund, und er warf ihn aus dem Sattel. Blut und Zähne spuckend, kam er wieder auf die Beine.
»Sollte ich nunmehr Eure Aufmerksamkeit errungen haben, Knabe?« erkundigte ich mich liebenswürdig. Dann murmelte ich leise ›schlaft‹ vor mich hin, und seine und die Augen seiner kichernden Männer wurden völlig leer. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen ritt ich weiter und ließ die kleine Schar auf den leeren Fleck starren, wo ich noch vor kurzem gestanden hatte. Ich ließ sie ungefähr eine Stunde unbeweglich da stehen. Inzwischen hatten Lady und ich uns meilenweit von ihnen entfernt. Dann schickte ich meinen Gedanken an die Stelle zurück, wo sie sich befanden. »Wacht auf«, befahl ich ihnen.
Selbstverständlich waren sie sich nicht der Tatsache bewußt, daß sie geschlafen hatten. Sie hatten den Eindruck, ich sei einfach verschwunden. Ich erfuhr eine Weile darauf, daß der grobe Jüngling nach unserer Begegnung in ein Kloster eingetreten war und all seine Männer sich aus dem Staub gemacht hatten und nicht mehr aufzufinden waren. Zumindest ein Quell schlechten Benehmens im Herzogtum von Wacune war somit versiegt.
Die Stadt Vo Wacune erhob sich mit solchem Liebreiz aus dem umliegenden Wald, daß es mir den Atem verschlug. Nie habe ich eine so wunderbare Stadt gesehen. Vo Astur war beinah so grau wie Val Alorn, und Vo Mimbre ist gelb. Die Mimbrater nennen sie ›golden‹, aber das ändert nichts an der Tatsache, daß sie schlicht dunkelgelb ist. Vo Wacune war wie auch Tol Honeth in Marmor gefaßt. Tol Honeth jedoch strebt nach Pracht, während Vo Wacune nach Schönheit strebte – und sie erlangte. Ihre schlanken Türme ragten weiß und schimmernd in einen Himmel, der wohlwollend auf die schönste Stadt der Welt hinablächelte.
Ich hielt kurz im Wald an, um meine Kleider zu wechseln, ehe ich der sacht gewundenen Straße folgte, die zu den Toren hinanführte. Ich wählte das blaue Samtgewand und den dazu passenden Umhang, was ich bei offiziellen Anlässen auf der Insel der Winde getragen hatte, und nach erneutem Nachdenken fügte ich noch einen silbernen Reif hinzu – nur um sicherzustellen, daß der Ausdruck ›Dirne‹ in meinem Fall wirklich nicht angebracht war.
Die Wachen am Stadttor verhielten sich höflich, und ich betrat Vo Wacune mit Vater im Schlepptau, der sich angestrengt bemühte, unauffällig zu wirken.
Meine Jahre auf der Insel hatten mich gelehrt, ein befehlsgewohntes Gebaren an den Tag zu legen, und bald geleitete man mich in eine große Halle, wo der Herzog in nahezu königlichem Prunk thronte. »Euer Gnaden«, grüßte ich ihn mit einem Hofknicks, »die Notwendigkeit gebietet, daß wir eine geheime Unterredung unter vier Augen führen. Ich sehe mich gezwungen, Euch Dinge zu eröffnen, die nicht für die Ohren anderer bestimmt sind.« Ich liebe diese altertümliche Sprechweise, ihr nicht auch?
»Das ist nicht bräuchlich, Lady –«, entgegnete er, nach meinem Namen suchend. Der Herzog war ein gutaussehender Mann mit langem braunen Haar, er trug ein königliches Purpurwams und einen Stirnreifen, der fast, aber eben nur fast eine Krone war.
»Meinen Namen will ich Euch kundtun, sobald wir ungestört sind, Euer Gnaden«, teilte ich ihm mit und fügte eine Bemerkung bezüglich möglicherweise im Hintergrund lauernder Spione hinzu. Arender sind ganz vernarrt in Intrigen, und so stürzte sich der Herzog unverzüglich in diese. Er erhob sich, bot mir seinen Arm und führte mich in ein Privatgemach, wo wir ungestört miteinander reden konnten. Vater, diesmal in Gestalt eines leicht verflohten Jagdhundes, trottete hinter uns her.
Der Herzog geleitete mich in einen reizenden Raum, wo sich duftige Vorhänge in dem lauen Lüftchen bauschten, das durch die offenen Fenster hereinwehte. Er stieß meinen Vater

Weitere Kostenlose Bücher