Polgara die Zauberin
Zeremonie höre ich mich ein bißchen um, um herauszufinden, ob du eine Armee brauchen wirst, um etwaige Rebellionen niederzuschlagen.«
»Du blühst heute richtig auf, Alleran, nicht wahr?« versetzte ich kühl.
Die Zeremonie im Thronsaal war selbstverständlich reine Formalität, aber Arender lieben Formalitäten, so daß dieser Teil recht gut vonstatten ging. Ich saß eindrucksvoll gewandet auf Allerans Thron, gekrönt, in einen Hermelinumhang gehüllt und in königlicher Haltung. Nachdem meine Vasallen alle gelobt hatten, mich zu beschützen, mir zu dienen und mich mit ihrem Leben, ihrem Besitz und ihrer geheiligten Ehre zu verteidigen, hielt ich ihnen eine kleine Rede, um ihnen den Tag ein bißchen zu versüßen. Ich schob die ganze altertümliche Ausdrucksweise beiseite und kam ohne Umschweife auf den Punkt. »Nun, da wir alle eine große, glückliche Familie sind, Mylords«, begann ich, »müssen wir ein paar neue Regeln aufstellen. Nach Recht und Sitte habt Ihr Herzog Alleran den Zehnt geleistet für die Ehre, ihm dienen und sein Land verwalten zu dürfen, das er Euch zu Lehen gegeben hat. Nun, Herzog Alleran ist bekanntlich alles andere als ein Verschwender, aber mir will scheinen, als sei die Zehntabgabe wirklich ein bißchen zu hoch. Ich glaube nicht, daß ich so viel Geld brauchen werde. Warum halbieren wir also nicht einfach diesen Zehnt und schauen, wie sich die Dinge entwickeln?«
Wegen dieser kleinen Geste der Großzügigkeit bejubelten meine Vasallen mich etwa eine Viertelstunde lang ohne Unterlaß. Einige von ihnen weinten tatsächlich. Nun ja, schließlich waren sie Arender.
Als wieder Stille eintrat, fuhr ich fort. »Nun, da Ihr nicht mehr so viel Geld benötigt, um Eure Abgaben zu zahlen, sollten wir alle gemeinsam das Los unserer Leibeigenen verbessern. Ich habe den Zehnten halbiert, und deshalb werdet Ihr Euch großzügig erweisen, indem Ihr den Betrag an Naturalien – und Frondiensten –, welche Ihr von den Leibeigenen erhaltet, ebenfalls halbiert. Ihr zwingt Eure Leibeigenen, Euer Land zu bearbeiten, und dann dreht Ihr Euch um und nehmt ihnen noch einmal die Hälfte dessen ab, was ihre eigenen Felder erbringen. Von nun an werdet Ihr Euch mit einem Viertel ihrer Dienste zufriedengeben, und das, was sie anbauen, werdet Ihr ihnen lassen, damit sie ihre Familien ernähren können.«
»Was?« brüllte ein korpulenter, rotgesichtiger Baron – Lageron war wohl der Name, wenn ich mich richtig erinnere – beinah.
»Habt Ihr Schwierigkeiten mit Eurem Gehör, Mylord?« fragte ich ihn. »Ich sagte, ein Viertel von seinen Frondiensten und nichts von seiner eigenen Nahrung. Ihr solltet wissen, daß ein hungernder Mann nicht sehr gut arbeitet.«
Einer der Barone stieß Lageron an und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Lagerons erboste Miene glättete sich, und wich einem verschlagenem Ausdruck. Ich war mir ziemlich sicher, daß meine verehrten Barone vorhatten, die neuen Einschränkungen einfach zu ignorieren.
»Nur, damit wir einander nicht mißverstehen, meine Herren«, tat ich ihnen kund. »Ich bin sicher, Ihr habt die wildesten Geschichten über mich gehört.« Ich lächelte. »Niemand glaubt diese Märchen wirklich, nicht wahr?«
Sie lachten alle herzlich. Dann fiel mir das Lächeln aus dem Gesicht, und ich setzte eine recht gelungene Nachahmung jener einstudierten Grimasse auf, die mein Vater zum Einschüchtern der Leute benutzt. »Ihr fangt besser damit an, es zu glauben, Mylords«, warnte ich sie. »Gleichgültig, wie wüst diese Geschichten für Euch klingen mögen – die Wirklichkeit ist noch viel, viel häßlicher. Laßt Euch nicht zu der Annahme hinreißen, Ihr könntet die Beschränkungen, die ich Euch soeben hinsichtlich des Auspressens Eurer Leibeigenen auferlegt habe, ignorieren. Ich habe Möglichkeiten zu erfahren, was Ihr tut. Falls einer von Euch die Beschränkungen auch nur um eine Rübe überschreitet, werde ich das als einen Bruch jenes Eides betrachten, den Ihr mir gerade geschworen habt, und ihn mit nichts als den Kleidern, die er am Leib trägt, aus seinem Herrenhaus werfen und seine Güter einziehen. Ich habe meine Augen überall, Mylords, und Ihr werdet mir Gehorsam leisten – oder ein Leben als landloser Vagabund fristen.«
Ich ließ das einen Moment einwirken, und dann verfiel ich wieder in den Tonfall freundlicher Verständigkeit. »Ein Herrschaftswechsel bringt stets eine gewisse Anzahl von Brüchen und Veränderungen mit sich, Mylords. Aber es wird wieder mehr Ruhe
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