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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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in Richtung des Dorfes Braca aufbrachen, wo der Mrinprophet in seinem Pferch hauste.
    Den überwiegenden Rest jenes Tages verbrachte ich damit, die jungen Drasnier an Deck zu bezaubern. Schließlich hatten sie die Reise unternommen, nur um mich zu sehen, so daß ich das Gefühl hatte, ich schuldete ihnen zumindest das. Ich war nicht ganz bei der Sache, aber ich denke, eine junge Dame sollte nicht aus der Übung kommen. Ich brach also ein paar Herzen – auf nette Weise –, aber was mich wirklich interessierte, war die verstohlene Art, wie die Drasnier untereinander die Finger krümmten und bewegten. Ich war mir ziemlich sicher, daß es keine Volkskrankheit war. Aus diesem Grunde schickte ich einen vorsichtigen Suchgedanken aus und erfuhr sogleich, daß es sich auch nicht um Geschicklichkeitsübungen für die Finger handelte. Was ich sah, war vielmehr eine hochentwickelte Art von Zeichensprache, deren Bewegungen so sparsam und kaum merklich waren, daß es mich arg verwunderte, daß ein dickfingriger Alorner sie erfunden haben sollte.
    »Dras«, wandte ich mich an jenem Abend an Stiernacken, »warum zucken deine Leute ständig mit den Fingern?« Natürlich wußte ich bereits, worum es ging, aber es war eine Eröffnung, um mich dem Thema vorsichtig zu nähern.
    »Oh«, entgegnete er, »das ist nur die Geheimsprache. Die Händler haben sie erfunden, damit sie sich unbemerkt miteinander verständigen konnten, wenn sie gerade jemand übers Ohr hauen.«
    »Du scheinst keine ausnehmend hohe Meinung von Händlern zu haben, Dras«, merkte Vater an.
Dras zuckte mit den Schultern. »Ich mag keine Betrüger.«
»Bis zu dem Zeitpunkt, wo sie ihre Steuern entrichten?« warf ich ein. »Gibt es zufällig jemand unter deinen Gefolgsleuten, der diese Sprache besser beherrscht als die anderen?«
Er dachte darüber nach. »Nach dem, was mir so zu Ohren kommt, ist Khadon der geschickteste. Ich glaube, du hast ihn auf der Hochzeit deiner Schwester kennengelernt.«
»So ein kleiner Bursche? Nicht viel größer als ich? Blondes, lockiges Haar und ein nervöses Zucken im linken Augenlid?«
»Das ist er.«
    »Ich glaube, ich werde morgen das Gespräch mit ihm suchen. Ich wüßte gern etwas mehr über diese Geheimsprache.«
    »Zu welchem Zweck, Pol?« fragte Vater.
»Ich bin neugierig, Vater. Außerdem soll ich ja eine Ausbildung erhalten, und deshalb sollte ich wohl auch manchmal etwas Neues lernen, oder?«
Am nächsten Morgen stand ich zeitig auf und ging hoch an Deck, um nach Khadon Ausschau zu halten. Er stand in der Nähe des Schiffsbugs und betrachtete die Marschen mit einer Miene des Abscheus. Ich setzte mein gewinnendstes Lächeln auf und näherte mich ihm. »Ah«, sagte ich, »da seid Ihr ja, Lord Khadon. Ich habe Euch schon überall gesucht.«
»Ich fühle mich geehrt Lady Polgara«, entgegnete er mit einer eleganten Verbeugung. »Kann ich etwas für Euch tun?«
»Ja, tatsächlich, das könnt Ihr. König Dras erzählte mir, Ihr wäret höchst bewandert in der Beherrschung der Geheimsprache.«
»Der König schmeichelt mir, Mylady«, erwiderte er mit gespielter Bescheidenheit.
»Denkt Ihr, Ihr könntet mir diese Sprache beibringen?«
Er sah erstaunt drein. »Es dauert ziemlich lange, sie zu lernen, Mylady.«
»Habt Ihr heute schon etwas anderes vor?« Ich sagte es mit einem durchsichtigen Ausdruck übertriebener Unschuld.
Er lachte. »Nicht das mindeste, Lady Polgara. Es wird mir ein Vergnügen sein, Euch zu unterrichten.«
»Dann laßt uns beginnen.«
»Natürlich. Euer Anblick sagt mir wesentlich mehr zu als derjenige dieses pestilenzartigen Sumpfes.« Er machte eine Geste in Richtung des öden Marschlandes. Ich glaube, ich habe wirklich nie einen Drasnier getroffen, der die Sümpfe mochte.
Khadon und ich nahmen auf einer Bank im Bug unseres dickbauchigen Flußboots Platz, und dann fingen wir an. Kaum merklich bewegte er die Finger seiner rechten Hand. »Das heißt ›Guten Morgen!‹«, teilte er mir mit.
Nach einer Weile kamen andere junge Drasnier an Deck, und ich sah, daß Khadon das Ziel einiger ziemlich giftiger Blicke war. Aber das bekümmerte mich nicht sonderlich, und ich bin mir sicher, daß sie auch meinen Lehrer nicht allzusehr belasteten.
Khadon schien überrascht zu sein, wie schnell ich die Zeichensprache begriff, die er mir beibrachte, aber ich glaube nicht daß er jemals das tatsächliche Ausmaß dessen erfaßte, was ich in den nächsten paar Tagen lernte. Obwohl er sich dessen vermutlich nicht bewußt war, trug

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