Polgara die Zauberin
schlage deshalb vor, daß Ihr während der Bauarbeiten Kettenhemden tragt – als Vorsichtsmaßnahme.«
»Und nun kommen wir zu diesem kranken Burschen drüben in der Ecke«, sagte Daran, während er sich ziemlich grimmig vom Thron seines Vaters erhob.
Karak hatte mittlerweile seinen Magen gewiß von allem geleert, was er in den letzten Wochen gegessen oder getrunken hatte. Er war aschfahl und zitterte heftig, als der riesige Wachtmeister ihn erneut vor das Podest schleifte.
»Anständige Männer schlagen ihre Frauen nicht, Karak«, erklärte Daran. »Aus diesem Grund werde ich dir hier und jetzt Anstand beibringen.« Er griff hinter den Thron und holte eine lange, biegsame Peitsche hervor.
»Das könnt Ihr nicht tun!« Garhein kreischte beinah. »Mein Sohn ist von hohem Stand!«
»Eure und meine Auffassung von Adel scheinen nicht übereinzustimmen, Garhein«, teilte Daran ihm mit. »Da dieses betrunkene Tier jedoch der Sproß Eurer Lenden ist, füge ich mich in dieser Angelegenheit Eurem Wunsch. Entweder ich peitsche ihn aus, oder ich lasse ihm beide Hände abhacken. Was ist Euch lieber?«
»Ihm die Hände abzuhacken, würde verhindern, daß er weiterhin Frauen schlägt, Euer Hoheit«, bemerkte Kamion sachlich. »Es würde wohl auch seinen Bierkonsum drosseln, es sei denn, er zieht es vor, sein Bier wie ein Hund aus einem Napf zu schlecken.«
»Ein gutes Argument, Lord Brand«, überlegte Daran. Er griff über sich und nahm seines Vaters Schwert von der Wand, das freudig in ein strahlend blaues Leuchten ausbrach. »Nun, Garhein?« fragte er. »Wie lautet Eure Entscheidung?« Er hielt das flammende Schwert in der einen, die Peitsche in der anderen Hand.
Garhein starrte ihn mit offenem Mund an.
»Antworte mir! « brüllte Daran.
»Dddie Peitsche, Eure Hoheit«, stammelte Garhein.
»Eine kluge Wahl«, murmelte Kamion. »Einen Sohn und Erben ohne eine einzige Hand zu haben, kann wirklich entwürdigend sein.«
Dann riß der Meister der Wache, der offenbar bereits seine Anweisungen erhalten hatte, Karak das Wams vom Leib, trat ihm die Beine weg und hielt ihn an einem Knöchel fest. »Nur, damit er sich nicht unter die Möbel verkriecht, Eure Hoheit«, erklärte er, während er seinen Fuß fest auf Karaks anderen Knöchel setzte.
»Ich danke Euch, Wachtmeister«, sagte Daran. Daraufhin hängte er das Schwert an die Wand zurück, ließ seinen Umhang zu Boden fallen, entledigte sich seines Wamses und krempelte die Ärmel auf. »Dann wollen wir anfangen«, sagte er und begann, den kreischenden, winselnden Trunkenbold fast zu Tode zu peitschen. Cellan genoß jede Sekunde, wie ich bemerkte. Alorner sind doch manchmal ein schlichtes, unkompliziertes Volk!
Nachdem Daran fertig war, warf er die Peitsche zu Boden und hob seine Kleider wieder auf. »Ich denke, wir haben unser Tagewerk für heute vollbracht, meine Freunde«, verkündete er der sprachlosen Versammlung. »Wenn ich mich recht entsinne, beginnt der Bogenschußwettbewerb am Nachmittag. Vielleicht schieße ich selbst einen Köcher Pfeile ab. Bis dann also.«
Nachdem wir drei in Kamions Arbeitszimmer zurückgekehrt waren, sagte ich es den beiden aufs Gesicht zu: »Ihr habt dieses Auspeitschen im voraus geplant, nicht wahr?«
»Natürlich, Tante Pol«, grinste Daran mich an.
»Ohne mich einzuweihen?«
»Wir wollten Euch nicht aufregen, Pol«, sagte Kamion beschwichtigend. »Fandet Ihr es wirklich zu anstößig?«
Ich tat, als überlegte ich. »Eigentlich nicht«, gestand ich. »In Anbetracht von Karaks Benehmen war es wohl angemessen.«
»Wir hatten Alternativen erwogen«, fuhr Kamion fort. »Ich hätte Spaß daran gehabt, diesen betrunkenen Schläger zu fordern, ihm ein Schwert in die Hand zu drücken und ihn dann in Stücke zu hauen, aber Seine Hoheit meinte, das könne Euch aufregen, und so einigten wir uns auf das Auspeitschen – weniger blutig, Ihr versteht.«
»Und die Drohung, ihm die Hände abzuhacken?«
»Das war eine spontane Eingebung von mir, Tante Pol«, gab Daran zu. »Aber ich denke, es hätte meine Argumente hinsichtlich des Schlagens von Frauen bekräftigt.« Dann schnippte er mit den Fingern. »Warum nehmen wir das nicht ins Strafgesetz auf, Kamion?«
»Du bist ein Barbar, Daran«, schalt ich ihn.
»Nein, Tante Pol, ich bin Alorner. Ich kenne mein Volk, und ich weiß, was ihnen angst macht. Ich möchte nicht durch Angst herrschen, aber ich möchte, daß die anderen Rivaner begreifen, daß ich sehr böse werden kann, wenn sie etwas tun, das mir nicht
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