Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polizei-Geschichten

Polizei-Geschichten

Titel: Polizei-Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Dronke
Vom Netzwerk:
Stadtgefängniß zu schleppen,
    schallen in sein Ohr. Dem Handwerker wird das zuletzt zu
    arg. Er stößt den Arm des Gensd’armen kräftig zurück und
    setzt sich zur Wehr. Da zieht dieser denn seine Waffe, und
    kaum hat der Handwerker Zeit, seinen Kopf mit dem Arm
    zu schützen, so fallen auch schon rasch nacheinander zwei
    scharfe Hiebe auf ihn herab. Der Arm ist ihm gestern ab-
    genommen worden, aber der Oberarzt in der Klinik meinte
    gleich, daß er die Amputation schwerlich überstehen würde,
    und so wie ich ihn heute bei der Inspektion fand, wird er
    allem Voraussehen nach den morgenden Tag nicht mehr
    erleben. Vielleicht während wir sprechen, ist er todt.“ —
    „Abscheulich! Entsetzlich!“ rief die Dame wieder. „Wer
    ist da noch sicher, von einem Polizeidiener nicht im eignen
    Hause umgebracht zu werden? Aber hoffentlich giebt es
    noch Gerechtigkeit im Lande! Apropos, Herr Kriminalrath,
    was wird wohl mit dem Gensd’armen geschehen?“ —
    Der Kriminalrath hatte mit dem Löffel tiefsinnig den
    Inhalt seiner Theetasse untersucht, indem er den zergehen-
    den Zucker bald auf die Oberfläche brachte, bald wieder in
    das Getränk versenkte. Jetzt erhob er halb das Haupt, und
    sah über die Gläser seiner Brille zu der Fragenden auf.
    „Wenig oder Nichts!“ antwortete er ruhig.
    „Der Kriminalrath will damit nur sagen,“ nahm in dem
    allgemein entstehenden Lärm ein junger Maler das Wort,
    daß man höheren Orts den Amtseifer immer gern sieht,
    und auch seine Uebertreibungen mit Rücksicht auf die ver-
    anlassende Pflichttreue stets gnädig zu beurtheilen weiß.
    Es ist ja bekannt, daß die uniformirten Helden des dreißig-
    jährigen Friedens, wenn sie ihre Schutzwaffe gegen die be-
    schirmten Unterthanen in Anwendung gebracht und PRO
    FORMA ein Urtheil von einigen Monaten Festungshaft erhal-
    ten haben, später desto sicherer auf Avancement rechnen
    können. Auch weiß ich von einer ganz ähnlichen Polizeige-
    schichte zu erzählen. In einer kurhessischen Stadt hatte ein
    Polizeidiener einem betrunkenen Bauer das Rauchen auf
    der Straße untersagt, dieser dagegen, dem ein solches Ver-
    bot wahrscheinlich neu und willkührlich erschien, Gegen-
    erörterungen gemacht. Der von Natur sehr jähzornige Be-
    amte wurde durch den Widerstand und die vielleicht nicht
    sehr höflichen Ausdrücke des betrunkenen Landmannes
    bald in die größte Wuth versetzt, er zog seine Waffe vom
    Leder, und richtete den wehrlosen Mann dergestalt zu, daß
    derselbe nach einigen Tagen elend aus dem Leben schied.
    Nach langer Untersuchung wurde der Polizeidiener zu an-
    derthalbjähriger Gefängnißstrafe verurtheilt. Als er aber
    seine Haft antreten sollte, erklärte die Polizeidirektion, daß
    er einer der brauchbarsten Leute sei, den man vorläufig
    nicht entbehren könne. Die Strafe wurde auch suspendirt,
    und er hat sie bis auf den heutigen Tag noch nicht abgeses-
    sen. Dafür wurde er jedoch einige Zeit später zum Polizei-
    sergeanten erhoben, und erhielt die ausschließliche Bewa-
    chung des gefangenen Professor Jordan, die er mit be-
    sonderem Eifer geführt haben soll. Der Mensch heißt
    Schmidt und lebt noch jetzt als Sergeant in Marburg.“ —
    „Wenn ich sagte, daß dem Gensd’armen, der den Schnei-
    der verwundete, wenig oder nichts geschehen würde, mein
    junger Brausekopf,“ bemerkte der Kriminalrath, „so konnte
    diese Antwort nur der Rechtsfrage gelten. Der Gensd’arme
    hat einen in seinen Augen schuldigen Menschen verhaften
    wollen, dieser ihm dagegen Widerstand geleistet und ihn

vielleicht auch gereizt; er ist daher im vollen Rechte, wenn
    er von der Gewalt seiner Waffe Gebrauch macht.“ —
    „Aber der Gensd’arme hatte ja in diesem Fall gar nicht
    das Recht, den Handwerker zu verhaften!“ rief die Frau
    vom Hause wieder. „Der Handwerker war ja gar nicht der
    Schuldige!“ —
    „Einerlei, meine Gnädige,“ sagte der Kriminalrath. „Er
    ist in jedem Fall der administrativen Gewalt zu Gehorsam
    verpflichtet. War er wirklich unschuldig, so konnte er desto
    eher in der sichern Erwartung, alsbald wieder in Freiheit
    gesetzt zu werden, dem Gensd’armen folgen.“ —
    „Ja, nachdem er unter dem Jauchzen der versammelten
    Menge verhaftet worden, hätte man ihn später ganz im
    Stillen wieder freigelassen!“ warf der Arzt mit einem ge-
    ringschätzigen Seitenblick ein. „Welche Satisfaktion wird
    dem unschuldigen, rechtlichen Mann, dem durch die öf-
    fentliche Verhaftung ein Brandmal

Weitere Kostenlose Bücher