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Polizei-Geschichten

Polizei-Geschichten

Titel: Polizei-Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Dronke
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zusammengekauert
    auf den kalten Steinen, ohne sich zu rühren. Auch das
    Kind war merkwürdig still. Sie hielt es auf dem Schooß
    und hatte wie zum Schutz ihre Arme darüber gebreitet,
    in die Arme wieder hatte sie ihren Kopf vergraben. Meh-
    rere Vorübergehende, dicht in ihre Mäntel gehüllt, blieben
    vor ihr stehen. Da sie aber auf ihre Anrede keine Antwort
    erhielten, gingen sie wieder weiter. Endlich gegen Mor-
    gen wurde die Nachtwache auf die stille, zusammenge-
    kauerte Gestalt aufmerksam und richtete sie empor. Die
    Mutter lag halberstarrt, in einer tiefen Ohnmacht, und
    wurde sogleich ins Krankenhaus geschafft. Das Kind war
    todt.
    
    Am Abend des dritten Tages stand der Oberarzt vor einem
    Bett in dem großen Krankensaal. In einem Lehnsessel
    saß ein Wärter, der in dem Augenblick, wo der Arzt nicht
    mehr zu ihm sprach, eingeschlafen war. Es war unheim-
    lich still in dieser Wohnung des Jammers. Von der Decke
    verbreitete eine Ampel ihr düsteres Licht über die lange
    Reihe von Krankenbetten, die sich an beiden Seiten des
    Saals hinzogen, die Uhr pickte einförmig wie ein Todten-
    vogel die Minuten der Lebenden ab, und dazwischen tönte
    zuweilen ein dumpfer Schmerzenslaut oder ein ängstliches
    Röcheln von den Lagerstätten.
    Der Arzt stand noch vor Mathildens Bett, die hier eben
    im Verscheiden lag. Sie hatte während ihrem Krankenlager
    nichts zu sich genommen, und obwohl sie vollkommen be-
    wußtlos war, immer mit großer Hartnäckigkeit die Zähne
    zusammengebissen, wenn man ihr Arznei einflößen wollte.
    Ihr Aeußeres war zum Erschrecken eingefallen, ihre Züge
    kaum mehr zu erkennen. Jetzt hatte ihre Erlösungsstunde
    geschlagen, ihr Röcheln wurde unterbrochner, dann auf
    einmal war es still. Sie war todt. Der Arzt sah nach der
    Uhr, schrieb dann einige Worte auf einen Zettel und
    weckte den Wärter.
    „Da liegt der Todtenschein,“ sagte er, indem er hastig den
    Mantel umwarf, „Ihr werdet ihn morgen früh besorgen.“ —
    Der Wärter war aufgestanden und horchte, bis drau-
    ßen auf dem Korridor die schnellen Schritte des forteilen-
    den Arztes verhallt waren. Dann reckte er sich und sagte
    gähnend:
    „Nicht eine Stunde ruhigen Schlafs gönnen sie Einem,
    könnten die Leute nicht ebensowohl am Tag sterben? —
    Ach, es ist das Mädchen, welches sie vor drei Tagen erst
    herbrachten,“ fügte er hinzu, auf den Todtenschein blik-
    kend. „Nun, es ist gut, daß sie todt ist, sie hätte doch kein
    selig Ende genommen. Für der Art Leute ist der Tod das
    Beste, denn im Leben nimmt sich Keiner ihrer an, und solch
    Leben, — nun, sie hat’s auch selbst wohl eingesehen!“ —
    Damit zog er die Decke über die Leiche, und setzte sich
    wieder in den Lehnstuhl, um weiter zu schlafen.
    
    Die Rechtsfrage.
    „Beschwerden über polizeiliche Verfügungen jeder
    Art, auch wenn sie die Gesetzmäßigkeit derselben
    betreffen, gehören vor die vorgesetzte Dienstbe-
    hörde.“ —
    Preuß. Gesetzsammlung, Ges. v. 11. Mai 1842
    as ist ja eine empörende Nichtswürdigkeit!“ rief die
    DDame vom Hause. „Und der Handwerker hatte wirk-
    lich gar nicht einmal etwas begangen?“ —
    „Ich habe ihn selbst vor der Amputation befragt,“ sagte
    der junge Arzt, „und mit seiner Erzählung stimmen auch
    die Aussagen von Augenzeugen überein. Er war am Nach-
    mittag mit seiner Geliebten in einem öffentlichen Garten
    gewesen, hatte sie bei einbrechender Nacht noch bis an
    ihre Hausthür geleitet, und trat dann seinen Heimweg an.
    Vielleicht aus Freude über den frohen Tag und in Gedan-
    ken an die Liebste, von denen sein Herz voll war, suchte er
    schneller aus dem Gewühl der Gassen nach seiner stillen
    Kammer zu gelangen und fing an zu laufen. In der Fried-
    richsstraße ist er eben an einem Schenklokale vorüber ge-
    kommen, als hinter ihm ein Mensch aus dem Hause springt,
    quer über die Straße rennt, und ohne daß der Handwerker
    ihn nur gesehen, in einer Nebengasse verschwindet. Gleich
    darauf stürzt ein Anderer, ein Gensd’arme, aus der Kneipe,
    sieht eine Strecke weiter unsern Handwerker laufen, und
    eilt ihm mit zornigem Eifer nach. Der Mann ist nicht wenig
    bestürzt, als er sich plötzlich durch eine brutale Faust aus
    seinen Träumereien geschreckt fühlt. Er sucht den Wäch-
    ter der öffentlichen Ruhe umsonst zu belehren, daß er im
    Irrthum ist; die Faust desselben läßt seine Gurgel nicht los,
    sondern schüttelt ihn nur desto derber, und Schimpfwörter
    und Drohungen, ihn auf das

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