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Polizei-Geschichten

Polizei-Geschichten

Titel: Polizei-Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Dronke
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und
    augenscheinlich über sehr wichtige Gegenstände mit ihr.
    Zuweilen schien es, als ob von einem drohenden Gespenst
    der Zukunft die Rede wäre, denn Mathilde rang die Hände
    und leise, nur halbunterdrückte Seufzer drangen aus ihrer
    Brust; dann wieder schien die Alte Versprechungen und
    lockende Aussichten für das Schicksal des Kindes auszuma-
    len, Mathilde beugte sich mit einem schmerzlichen Lächeln
    über die Wiege und bewegte die Lippen, wie in schwerem,
    drückendem Traum. Die Alte ließ mit ihrer leisen Zuspra-
    che nicht nach, und es mußte sich um einen entscheiden-
    den Entschluß handeln, über welchen die junge Mutter aber
    schwankend, mit steigender krampfhafter Erregung hin
    und her kämpfte. Mehrmals hatte sie die Alte schon mit
    heftigen Bewegungen von sich gewiesen, dann wieder hef-
    tete sich ihr Auge mit wehmüthigem Ausdruck auf die
    dunkle Wiege des Kindes. Zuletzt gab sie der Alten nickend
    ein bejahendes Zeichen, und sank auf das Lager zurück, in-
    dem sie wie verzweifelnd ihr Gesicht in die Kissen vergrub.
    Nunmehr verließ die Alte mit einem triumphirenden
    Wohlbehagen die Kammer. Nach Verlauf von einiger Zeit
    kehrte sie zurück, in jeder Hand ein brennendes Licht hal-
    tend. Hinter ihr folgte ein Mann, in einen Mantel gehüllt,
    den sie alsdann mit Mathilden allein ließ.
    
    Von dieser Zeit an war die Alte noch weit aufmerksamer
    gegen das Mädchen, und behandelte sie fast mit Unterwür-
    figkeit. Der Polizeikommissair ließ nichts von sich hören;
    wie die Alte sagte, weil sie ihn herumgekriegt hätte. Daß
    sie aber Mathilden als weggezogen abgemeldet, verschwieg
    sie derselben. Bei alledem verdüsterte sich Mathildens
    Sinn von Tag zu Tage, und vergebens suchte die Alte durch
    theilnehmende Pflege für das Kind und Gefälligkeiten und
    Zuvorkommenheiten aller Art ein Zeichen der Zufrieden-
    heit oder nur beifälligen Gefühls zu entlocken. Sie schien
    von Allem nichts zu bemerken und blieb verschlossen und
    schweigsam in sich gekehrt. Sie widersetzte sich auch den
    Zumuthungen der Alten nicht mehr, und wenn, wie es jetzt
    öfter geschah, am Abend fremde Männer ins Haus kamen,
    so gehorchte sie ihr mit kalter, stumpfer Gleichgültigkeit.
    Fast schien es sogar, als ob selbst die Gefühle für das Kind
    in ihr nachgelassen hätten. Sie selbst war es gewesen, die
    zuerst vorgeschlagen hatte, die Wiege in das Gemach der
    Alten zu setzen, und sie sah nur eben so oft danach, als
    es durchaus nothwendig war. Sie vermied es beinahe, sich
    demselben zu nähern, wenn sie es aber that, geschah es
    mit einer Art zagender Scheu; Ihre Hand zitterte, indem
    sie es aufnahm, sie liebkoste es nicht wie ehedem, und
    ihr Auge haftete nur flüchtig und nie ohne eine schmerzli-
    che Wallung auf ihm. Dazu begann ihr Aeußeres leise zu
    verfallen. Die Alte, welche dies mit Besorgniß bemerkte,
    suchte ihr auf plumpe, fast rohe Weise die zitternden Ge-
    fühle ihrer zweifelnden Seele zu nehmen, aber Mathilde
    wies sie mit gleichgültiger, resignirter Ruhe zurück. Ueber
    ihr ganzes Wesen lagerte sich allmählig eine krankhafte,
    tödtliche Erstarrung, unter der nur selten, wie das Leuch-
    ten eines todten Vulkans, die schmerzliche, schneidende
    Bewegung ihres Herzens hervorbrach.
    So waren ungefähr sechs Wochen verflossen, als es ei-
    nes Abends wieder an der Wohnung klingelte. Die Alte
    öffnete und statt eines vielleicht erwarteten Andern trat
    der Polizeikommissair herein. Bei diesem unerwarteten
    Besuch entschlüpfte der Alten ein Laut des Schreckens,
    den Mathilde drin im Zimmer vernahm, der Polizeibeamte
    aber schob sie bei Seite und schritt rasch in das Gemach.
    Mathilde hatte in der Ecke des Sopha’s gesessen, al-
    lein, mit ihren düstern Gedanken beschäftigt, als sie der
    Ausruf der Alten daraus weckte. Als sie jetzt emporblickte
    und diesen Mann vor sich sah, dessen unheilverkündende
    Nähe sie mehr noch fürchtete, als die bittere Selbstverach-
    tung ihrer eignen Seele, da stiegen plötzlich wie drohende
    Gespenster die Bilder ihrer muthmaßlichen Zukunft vor
    ihren Augen auf. Sie haßte diesen Mann, sie hatte ihm oft
    heimlich und glühend geflucht, wenn ihre Gedanken oder
    Träume ihr denselben gezeigt hatten: denn von seinem
    ersten Erscheinen schrieb sich ihr gegenwärtiges, tiefes
    Elend her. Jetzt aber schwanden alle andern Gefühle, und
    sie sah in ihm nur den Vorboten neuen Unheils für ihr ei-
    genes und ihres Kindes Leben.
    „Da sieht man also die saubere Wirthschaft!“

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