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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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ich was sagen hab können, dreht sich der Dvorak zu mir um: Na, Martin? Feig? Sind wir also losgefahren, der Lutzer hat den Weg ja gekannt. Vor dem Preßhaus haben wir noch mit der Lilija herumgespielt. Ihr Schnee unters Kleid geschoben und so. Und dann seh ich den Bartl. Taucht aus dem Finsteren auf, kommt näher und will mitspielen. Als ihm der Lutzer eine schallende Ohrfeige verpaßt hat, ist er weg. Dann sind wir in den Keller hinuntergegangen. Erst war mir nicht ganz wohl dabei. Dann haben wir getrunken und es ist alles irgendwie verschwommen. Aber der Kopf hat wieder funktioniert, nur anders als sonst. Und wenn es das Letzte ist, das ich erlebe, hab ich gedacht, das geb ich mir voll. Kurz darauf war ich weg, Filmriß.
    Wieder wach, seh ich den Dvorak mit dem Lutzer streiten, aber reden haben sie kaum noch können. Die Lilija hat sich in eine Ecke gedrückt, ganz verängstigt hat sie dreingeschaut. Ich will den Streit schlichten, die zwei sind auf einmal gegen mich, der Dvorak sagt Vatersöhnchen zu mir, und der Lutzer zieht über meine Schwester her. Spielt sich jetzt auf drüben, die Monika, aber gelernt hat sie unter mir. Hat er gesagt. Wie meinst du das? frag ich. Da hat der Lutzer erzählt, wie er sie mit Gewalt genommen hat, damals. Und vorzeigen, wie es war, wollt er es auch mit der Lilija. Da bin ich wütend geworden, hab ihn gepackt, und der Dvorak hat gelacht und gesagt: Recht hast, wirklich ein Scheißkerl, der Lutzer, tun wir ihm was an? Ich hab ihn festgehalten, und der Dvorak hat dem Lutzer Wein ins Maul geschüttet, bis er hinüber war. Widerlich, wie der ausschaut! Hat der Dvorak gesagt und ihn mit dem Fuß angestoßen. Wohin mit ihm? Hinauf ins Preßhaus, sag ich, in den Preßkorb, da stört er keinen, da kann er sich ausschlafen. Na, das war ein Hallo! Wir haben ja auch nicht mehr recht stehen können. Aber irgendwann war er drin. Dann sind wir zurück in den Keller, haben weitergetrunken, und keiner hat mehr an den Lutzer gedacht. Wie ich nach Hause und in mein Zimmer gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Aber später bin ich wach geworden, halb tot, bin aufs Klo und dann in die Küche, Aspirin suchen. Das hat den Vater aufgeweckt. Er hat nicht viel gefragt, aber ich wollte reden. Alles hab ich erzählt, so gut ich es zusammengebracht habe, auch von der Monika. Und dann ist mir der Lutzer eingefallen. Der Vater ist sofort noch einmal ins Preßhaus.“
    Karl Fürnkranz stand jetzt Simon Polt gegenüber. „Der Lutzer war tot, wie man nur tot sein kann, und festgefroren. Keine Möglichkeit, ihn herauszuholen. Warum auch? Ein bizarrer Tod und dann noch die rituelle Bestrafung durch den Hengst. Das war so richtig nach meinem Geschmack. Und was die Folgen angeht: Ich hab kaum etwas zu verlieren. Aber für den Martin hat es bös ausgesehen. Wer einen Bewußtlosen bei Minusgraden in einen Preßkorb steckt, muß auch als Betrunkener damit rechnen, daß er dort stirbt. So würde das ein Richter wohl sehen. Das heißt Gefängnis, ein kaputtes Leben. Also bin ich in den Keller hinunter, den Saustall wegräumen, weil ich den Buben auf jeden Fall heraushalten wollte, mich selbst nach Möglichkeit natürlich auch. Daher das ganze Theater.“
    „Und warum dieses sogenannte Geständnis, heute abend?“
    „Ein anonymer Anruf von drüben. Ich bin sicher, daß Claus Scheidt dahintersteht. Am Stadtrand von Znaim steht ein ausgebrannter VW Golf, und die verkohlte Leiche darin wird man mit einiger Mühe als Heinz Dvorak identifizieren. Die Gefahr, daß er redet und dabei alle Schuld auf den Martin schiebt, war damit nicht mehr gegeben. Und Sie, Herr Polt, haben gewußt, daß ich nachts noch einmal im Preßhaus gewesen bin. Es war also nicht die schlechteste Idee, die Schuld auf mich zu nehmen.“
    Karl Fürnkranz ging auf Martin zu und setzte sich neben ihn.
    Polt schaute die beiden lange an. Wie zwei große Lausbuben, die miteinander etwas Fürchterliches angestellt haben, saßen sie da. Dann streckte er sich und gähnte. „Zeit zum Heimgehen, ihr zwei Helden.“
    Karl Fürnkranz stand unschlüssig auf. „Und weiter?“
    Auch Polt stand auf. „Ich muß nachdenken.“
    Polt dachte so lange nach, daß er in dieser Nacht keinen Schlaf mehr fand. Kurz vor Dienstantritt betrachtete er sein stoppelbärtiges Gesicht im Spiegel, nickte zufrieden, zog die Uniform an und verließ das Haus.
    „Zum Chef, Simon!“ sagte Inspektor Holzer.
    „Ich weiß“, sagte Polt.
    Als der Gendarm eintrat, blätterte Rüdiger Neumann

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