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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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wollen, hat er damals breit grinsend gesagt, wichtige Angelegenheiten beredet man doch im Keller, nicht wahr?“
    Karl Brunner trank sein kleines Kostglas mit einem Schluck leer. „Gut zehn Jahre ist es her, daß der Hahn zu uns ins Dorf gekommen, oder besser gesagt: zurückgekehrt ist, er stammt ja von hier. Aber sein Vater hat nur Kummer mit ihm gehabt und war ganz froh, als der Bub nach Wien wollte. Dort ist er nach und nach zu Geld gekommen, fragt mich nicht wie. Er hat dann in Brunndorf das alte Haus hergerichtet, und es hat ganz danach ausgeschaut, als ob man mit ihm leben könnte. Ich kann das nicht so gut erklären. Da gibt es ein Rattengift, das die Tiere erst ein paar Tage später umbringt, nachdem sie es gefressen haben. Sogar die schlauen Ratten erkennen nicht, daß das Gift und der Tod etwas miteinander zu tun haben. So ein Gift war der Albert Hahn. Wenn das Unheil erst einmal da war, hat kaum noch jemand gewußt, wie es wirklich dazu gekommen ist.“
    „Weißt du, Simon“, sagte jetzt der Kurzbacher, „es waren ja nicht nur Sachen, von denen viel geredet wurde, weil sich einer den Strick gegeben hat oder ein Kind dran glauben mußte. Dem hat es ja auch schon genügt, wenn er Streit zwischen Nachbarn stiften konnte, die seit eh und je gut miteinander waren. Er hat nach und nach das Dorf ruiniert.“
    Simon Polt seufzte ungeduldig. „So ungefähr habe ich mir das auch vorgestellt. Und weiter?“
    Christian Wolfinger strich sich energisch über den kleinen Oberlippenbart. „Weiter? Ganz einfach. Vor einem Jahr ungefähr sind wir im Keller beieinandergestanden, so wie heute. Kurz davor war die Sache mit dem Buben. Sein Vater, der Schachinger, hat sich damals kaum gekannt vor Kummer und Wut, und an diesem Abend hat er geschrien, daß er dem Hahn einen Hammer ins Hirn hauen wird. Du hast schon recht, habe ich damals gesagt, der Hahn muß weg. Aber das geht uns alle was an. Dann haben wir eben lange geredet, was zu tun wäre. So sind wir auf das Gärgas gekommen: Keiner braucht sich die Finger dreckig zu machen und jeder wird es für einen Unfall halten.“
    „Paßt das zu einem Weinbauern?“ fragte Polt mechanisch.
    „Nein. Aber zu Albert Hahn hat es gepaßt.“
    Simon Polt weigerte sich zu denken. Er fragte einfach weiter: „Und das bedeutet?“
    Friedrich Kurzbacher schaute ihm ins Gesicht. Jetzt funkelten die Augen hinter den Brillengläsern wieder. „Das heißt: Wir haben ihn umgebracht, wir vier, alle miteinander.“
    Inspektor Polt muß weinen
    Simon Polt kannte an sich eine sonderbare Eigenschaft, die ihn auch in Situationen funktionieren ließ, die er eigentlich nicht bewältigte. Irgend etwas zwang ihn in solchen Fällen dazu, sich genau, logisch und umsichtig zu verhalten und das Chaos in seinem Kopf wegzusperren.
    Erst einmal wandte er sich wortlos ab, ging auf eines der großen Fässer zu und drückte seine Stirn auf das kalte, nasse Holz. Dann richtete er sich auf und schaute zu den Männern hinüber, die abwartend dastanden. „Ihr wißt, wovon ihr redet?“ Sie nickten bedächtig. „Und ihr wollt mir nicht sagen, wer es letztlich getan hat?“
    Josef Schachinger wurde schon wieder ärgerlich. „Das geht keinen etwas an. Wir haben uns gemeinsam alles ausgedacht und wir haben zusammengeholfen, als es soweit war.“
    „Du weißt also Bescheid, Simon“, sagte der Kurzbacher. „Wie geht es jetzt weiter?“
    „Ich muß nachdenken und ich möchte morgen noch einmal mit jedem von euch reden. Bei Tageslicht schaut vieles anders aus.“
    „Das wird nichts ändern.“
    „Kann schon sein. Aber sprecht bitte vorerst mit niemandem darüber, auch nicht mit euren Frauen.“ Nicken ringsum. „Dann gehe ich jetzt wohl.“
    „Gut, Simon.“ Kurzbacher nahm den auf dem Tisch liegenden Weinheber und hängte ihn ordentlich auf einen Nagel an der Kellerwand. „Ich glaube, wir gehen alle.“ Er schaute Polt an. „Und wisch dir das Gesicht ab, du bist noch schmutzig vom Faß.“
    Kurz nach Mitternacht kam der Gendarm nach Hause. Czernohorsky warf ihm einen unsicheren Blick zu und lief leise maunzend in eine dunkle Ecke. Simon Polt zog sich aus, ließ sich aufs Bett fallen und schlief sofort ein.
    Gegen sechs wachte er auf. Sinnlos, hier herumzuliegen. Es war noch dunkel, als er vor das Haus trat. Ohne darüber nachzudenken, wandte er den Kellergassen den Rücken zu und streifte mit großen Schritten im ebenen Land zwischen den Feldern umher. Gut zwei Stunden später kam er an diesem dienstfreien

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