Polt.
das Glumpert dann irgendwo auf, damit die Fremden was zum Schauen haben.«
»Ewig schad drum.« Polt starrte eine Weile vor sich hin. Dann griff er in die Rocktasche und zeigte das Bild aus der Zeitung her. »Kennst ihn, Friedrich? Der Tote im Weingarten vom Norbert Sailer!«
Kurzbacher rückte seine klobige Krankenkassenbrille zurecht. »Nein. Nie gesehn.«
»Die Frau Habesam war ganz aus dem Häusl.«
»Die hört das Gras wachsen.«
»Aber die Frau Hahn kennt ihn wirklich, schaut jedenfalls so aus.«
»Welchen Mann kennt die nicht?«
»Ist ja auch egal. Soll die Polizei schaun, wie sie zurechtkommt. Nur dem Norbert und der Birgit Sailer würd ich wünschen, dass bald einmal alles klar ist.«
Der Weinbauer hob die Schultern. »Kenn ich so gut wie nicht, den Sailer. Als Polizist ist er jedenfalls ein Scharfer. Dreißig Euro hat er mich einmal zahlen lassen, nur für einen Traktor-Anhänger ohne Licht.«
»Ist ja auch gefährlich, Friedrich.«
»Ja, heutzutage, wo s’ alle fahren wie die Narren.«
Die zwei saßen dann noch lange im Presshaus, redeten wenig und tranken mäßig. Dennoch fühlte Polt eine unbestimmte Leichtigkeit, als er gegen Abend das Fahrrad bestieg, sich auf kaum beleuchteten Güterwegen Burgheim näherte und dort dem Hof der Höllenbauern.
In der Küche versuchte er einmal mehr, mit seinem vereinsamten Kater Frieden zu schließen, und stellte erfreut fest, dass ihm ein kurzes Kraulen hinter den Ohren gestattet war. Dann kochte Polt Kaffee, setzte sich ans offene Fenster und versuchte, sich auf den kommenden Frühling zu freuen. Da störten ihn Geräusche von der Straßenseite her, harte Schläge gegen das Hoftor. Er ging rasch hin, öffnete und stand vor Frau Habesam, die unwirsch ihre Krücke erhob, mit der sie offenbar angeklopft hatte.
»Das gibt’s nicht!« Polt glaubte zu träumen. Seit Jahrzehnten hatte Frau Habesam die kleine, aber komplette Welt ihres Kaufhauses nicht mehr verlassen. Und jetzt…
»Bist wohl auf den Ohren gesessen, wie?«
Polt trat rasch einen Schritt beiseite, als sie ungestüm durchs Tor rollte. »Frau Aloisia, dass Sie mich besuchen!«
»Bin ich vielleicht nicht willkommen?«
»Keine Red davon, im Gegenteil, direkt geehrt fühl ich mich! Darf ich helfen? Der Weg ist ein bissl holprig, zu mir nach hinten.«
»Nein. Geh schon voran!«
In der Küche angekommen, schaute sich die Kauffrau erst einmal gründlich um. »So wohnt er also, der Simon. Arm, aber reinlich. Mach das Fenster zu, es ist saukalt da. Einen Kaffee will ich. Was gibt’s zum Abendessen?«
»Ich bin nicht hungrig.«
»Aber ich. Wieder ein paar Todsünden begangen, heute Mittag bei der Frau Hahn? Fraß und Völlerei und wer weiß, was noch!«
Simon Polt goss Kaffee ein und stellte einen Teller mit Wurst, Käse und Brot auf den Tisch.
»Sehr bescheiden!«
»Bei Ihnen eingekauft, Frau Aloisia.«
»Dann ist es wenigstens frisch und allerfeinste Ware!« Sie aß schweigend und mit gutem Appetit. »Noch Kaffee da?«
»Ich stell gleich frisches Wasser zu.« Polt sah erstaunt, wie Czernohorsky sich von seinem Schlafplatz erhob, auf die Besucherin zuschritt, auf ihren Schoß sprang und es sich dort laut schnurrend bequem machte, sehr bequem. »Also auf mich ist er seit Tagen beleidigt, weil ich so selten zu Hause bin.«
»Und mir fliegt so ein Männerherz halt zu, auch wenn es in einem Kater steckt.« Sie streichelte das Tier und zupfte dann gedankenverloren am Fell. »Es geht um das Foto in der Zeitung, Simon. Ich möchte in Ruhe mit dir darüber reden, und das geht im G’schäft nicht, wo jeden Augenblick jemand hereinkommen kann.«
»Verstehe.«
»Gar nichts verstehst! Und dabei soll’s auch bleiben, Simon, erst einmal wenigstens.«
»Und warum?«
»Weil damit wahrscheinlich allen am besten geholfen ist. Schlimm genug, wenn die Polizei überall die Finger drin hat.«
»Also gibt es doch welche, die mit dem Foto was anfangen können? Die Frau Hahn jedenfalls …«
»Ja, die auch. Weißt du, was mir am liebsten war, Simon? Über kurz oder lang wird die Polizei herausfinden, um wen es sich bei der Leich handelt, ob sich dieser Mensch umgebracht hat oder ob noch wer im Spiel war. Dann ist alles erledigt, die Birgit und der Norbert haben’s auch hinter sich, und der alte Bodensatz kann bleiben, wo er ist, nämlich tief unten. Kapierst es, Simon?«
»So irgendwie. Könnt fast von mir sein, die Überlegung. Und Gendarm bin ich ja auch keiner mehr.«
»Neugierig aber schon, was?« Sie
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