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Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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deine Hände etwas weiter an den Rand und drücke nach unten, während du nach vorn schiebst.«
    Diesmal erhob sich der Tisch sogar einen knappen Zentimeter.
    »Gratuliere, jetzt bist du jemand, der mit Geistern kommuniziert.«
    Ich warf ihm einen säuerlichen Blick zu. »Was kann man sonst noch machen?«
    Ben grinste und zeigte mir, wie man den kleinen Tisch dazu brachte, sich zu drehen und sich noch weiter vom Boden
zu erheben. Er demonstrierte mir auch einen Trick, den er ›die menschliche Klammer‹ nannte. Dazu hielt er den Tisch zwischen seiner Hand und dem Rand seines Schuhs fest, ganz so, wie man normalerweise einen Gegenstand zwischen Daumen und Zeigefinger hält. Es gelang ihm, ihn zu bewegen, ohne den Boden zu berühren. Der Tisch schwebte frei in der Luft und zwar nur mit Hilfe eines Fu ßes und einer Hand.
    Als Nächstes holte Ben aus seiner Tasche eine steife Drahtschlaufe mit einem langen Ende, die er an seinem Unterarm so anlegte, dass er sie wie einen hohlen Löffel unter seiner Hand verbarg. Dann legte er die Hände wieder auf die Tischplatte, sodass die Schlaufe unter die Tischplatte glitt. »Das nennt man einen Bischofsstab. Man benutzt ihn, um den Tisch hochzuheben. Es gibt verschiedene Sorten, und man muss ziemlich geübt sein, um sie unbemerkt einsetzen zu können, aber …«
    Der Tisch sprang in die Höhe, und die Beine auf meiner Seite erhoben sich so rasch in die Luft, dass ich mich in die hinterste Ecke der Sitzbank flüchten musste, um nicht getroffen zu werden. Ben ließ den Tisch von einer Seite zur anderen sowie auf und ab wackeln. Es war nicht sehr elegant, aber mit ein wenig Übung hatte man das bestimmt bald im Griff. Er manövrierte ihn so, dass er sich schließlich um seine eigene Achse drehte.
    Als er damit aufhörte, starrten uns die anderen Happy-Hour-Gäste entgeistert an. »Es ist nur ein Trick«, sagte ich zu einer Gruppe von Gaffern in unserer Nähe. Einer der Männer nickte und schlürfte an seinem Bier, hörte aber nicht auf, uns misstrauisch zu beobachten.
    Ich unterdrückte ein Lachen. »Wow! Und wie kann man das einem Geist in die Schuhe schieben?«

    »Indem man sich nicht erwischen lässt. Wenn man doch erwischt wird, behauptet man einfach, das zur Ermutigung des Geistes getan zu haben. Ein professioneller Zauberer tut dasselbe. Er lockt sein Publikum mit kleinen Andeutungen und Vorstellungen, die es dazu bringen sollen, sein Misstrauen aufzugeben und der großen Illusion, die er dann kreiert, zu glauben. Bei einem guten Zaubertrick spielt Psychologie eine wichtige Rolle.« Mit einem finsteren Ausdruck fügte er hinzu: »Und genauso bei einer falschen Séance.«
    Ich sah ihn nachdenklich an. »Enttäuschen dich diese Tricks?«
    »Nur, weil mir klar wurde, wie leicht es ist, Leute hinters Licht zu führen. Und wie viele – einschließlich mir – vermutlich von hinterhältigen Betrügern und ihren Helfern zum Narren gehalten wurden.«
    Ich lehnte mich zurück und dachte eine Weile nach.
    Als ich Ben schließlich ansah, wich er meinem Blick aus und starrte auf den Tisch.
    »Es ist ziemlich unangenehm, seine Illusionen zu verlieren – nicht wahr?«
    Er schnaubte. »Kann man so sagen. Und jetzt möchte ich wirklich etwas zu trinken.«
    Wir winkten dem Kellner, der sich mit einer misstrauischen Miene näherte, als ob er sich nicht sicher wäre, was als Nächstes passierte. Ich bestellte einen Kaffee und Ben ein dunkles Bier.
    Er hatte die Schlaufe inzwischen wieder abgenommen und rollte gerade seine Ärmel herunter, als mir die roten Abdrücke auf seinen Unterarmen auffielen. Ich zeigte darauf. »Woher kommen die?«
    »Vom Bischofsstab. Vom Druck, wenn man den Tisch
hochhebt. Vermutlich entwickelt man eine Art Hornhaut oder richtige Striemen, wenn man das öfter macht.«
    Ich nickte, als der Kellner mit unseren Getränken kam. Mark hatte sehr ähnliche Abdrücke auf seinen Unterarmen gehabt, wenn man dem Autopsiebericht glauben durfte. Vermutlich würde eine ausgiebige Betrachtung der Aufzeichnungen zeigen, dass er zu Anfang der Sitzungen den Bischofsstab recht häufig verwendet hatte. Jetzt verstand ich auch, warum Tuckman vermutete, dass die heftigen Erscheinungen ebenfalls künstlich hervorgerufen sein könnten. Die Schlaufe war wirklich eindrucksvoll. Aber ich war mir jetzt noch sicherer als zuvor, dass die Phänomene echt waren. Bei niemandem waren mir nämlich solche Bewegungen aufgefallen. Nur Mark hatte immer wieder seine Hände über den Tisch gleiten lassen

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