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Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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zogen durch die grauen Schwaden und blitzten immer wieder. Dann drangen sie durch die geschlossene Tür von Raum zwölf und lösten sich auf. Ich spürte, wie es einen Moment lang einer Strömung gleich an mir zog, ehe es mich losließ. Seltsamerweise konnte ich in diesem Licht keine gelben Linien erkennen.
    Stirnrunzelnd betrat ich die Beobachtungskabine. Terry beachtete mich nicht. Ich blieb stehen und schaute durch die dicke Spiegelscheibe.
    Tuckman befand sich bereits im Séance-Zimmer und stand mit dem Rücken zu uns neben dem Spiegel. Einige der Teilnehmer hatten sich um den Tisch gesetzt, andere sa ßen noch auf dem Sofa. Ana war am Tisch, zusammen mit dem einzigen Mitglied, mit dem ich bisher noch nicht gesprochen hatte – Wayne Hopke, dem älteren Mann vom Militär. Ian stand in der Nähe des Sofas, wo er gleichzeitig in Caras Ausschnitt blicken und sich bedrohlich vor Ken aufbauen konnte. Er wirkte wie ein Racheengel und hatte offenbar sehr wohl begriffen, was gespielt wurde. Alle sahen
zu Tuckman hin, der einen ruhigen, gelassenen Tonfall anschlug, wie ich das bisher nicht von ihm gewohnt war.
    »… ein trauriger Beginn für die heutige Sitzung«, sagte er gerade. »Unser Kollege Mark Lupoldi ist bei einem Unfall ums Leben gekommen. Es ist … eine wahre Tragödie. Da ich weiß, wie gern wir alle Mark hatten, bedeutet sein Tod nicht nur für unser Projekt, sondern auch für uns persönlich einen herben Schlag.«
    Tuckman musste früher ebenfalls mal bei einer Laiengruppe Theater gespielt haben. Seine betont traurige Stimme und geknickte Haltung wirkten zu perfekt, als dass sie seine wahren Empfindungen widergespiegelt hätten. Er ließ die Schultern etwas nach vorne sinken und gab sich ganz den Anschein, als würde er jeden Augenblick einen weiteren Schlag erwarten. Der Haltung seiner Arme nach zu urteilen, hielt er seine Hände zusammengepresst, und ich stellte mir vor, dass seine Knöchel vor Anstrengung ganz weiß waren. Vermutlich war auch seine Miene dem Anlass entsprechend von tiefer Trauer gezeichnet.
    Ich beobachtete die anderen. In den Gesichtern spiegelten sich Überraschung, Verblüffung und Schock wider. Cara schloss die Augen. Sogar durch die dicke Glasscheibe hindurch konnte ich im Grau Funken sowie gelbe, rote und unheimliche grüne Schlieren erkennen, die ich inzwischen mit Krankheit und Leid in Verbindung brachte. Leider konnte ich nicht klar erkennen, zu wem diese Energieschlieren gehörten. Frustriert knabberte ich an meiner Unterlippe. Das strikte Protokoll, nach dem das Projekt ablief und das mir normalerweise angemessen erschienen wäre, machte meine Aufgabe in diesem Fall doppelt schwer. Doch leider konnte ich nichts dagegen tun.
    »Obwohl dieses Ereignis nichts mit unserem Projekt zu
tun hat«, fuhr Tuckman fort, »wäre es natürlich mehr als verständlich, wenn sich jemand von Ihnen heute nicht in der Lage sieht, an der Séance teilzunehmen, oder vielleicht sogar ganz aussteigen möchte. Mark war so enthusiastisch und eifrig, wenn es um das Projekt ging, dass es schwer ist, sich vorzustellen, wie wir ohne ihn weitermachen sollen. Natürlich hat er einen tiefen Eindruck bei uns allen hinterlassen. Seine Sicht der Welt hat auch die unsere ein wenig verändert, und seine offene, großzügige Art hat uns alle entwaffnet. Wir werden ihn sehr vermissen. Ich weiß, dass das alles sehr plötzlich geschieht. Aber aus Rücksicht auf Ihre Gefühle halte ich es für das Beste, wenn wir diese Sitzung verschieben und uns in aller Ruhe überlegen, ob wir weitermachen wollen.«
    Dale Stahlqvist unterbrach ihn verblüfft. »Was? Wollen Sie damit sagen, dass wir aufhören sollen?«
    Cara schlug die Augen auf, während die anderen ihren Mann anstarrten.
    »Nicht aufhören«, sagte Tuckman und hob die Hände. »Ich meinte nur, dass wir uns überlegen sollten …«
    »Aufzuhören«, schnappte Dale. »Wir sollen das Ganze hinschmeißen, weil wir ohne Mark nicht weitermachen können, oder? Dann würden wir doch alles, was wir bisher geschafft haben, Lügen strafen. Die Gruppe hätte keine Bedeutung, und das glaube ich einfach nicht. Mark hat genauso hart wie wir alle gearbeitet, und ich glaube, ihn würde dieser Vorschlag entsetzt haben. Verstehen Sie mich nicht falsch, Professor, aber das wäre wirklich nicht richtig.«
    Tuckman seufzte betrübt, während die anderen begannen, ihm ebenfalls zu widersprechen. Sie wollten das Ganze zu Ende bringen und am besten gleich weitermachen – wegen Mark. Cara

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