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PolyPlay

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Titel: PolyPlay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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lich. Die Möbel waren ein bisschen moderner als einen Stock tiefer, und alles war auch ein bisschen sauberer. Hier gingen eben nicht so viele Leute aus und ein, und wenn doch Besuch da war, benahm er sich. An den Wänden hingen die Verleihungsurkunden zu den wichtigsten Orden, die Lobedanz bekommen hatte: »Ehrenzeichen der Deutschen Volkspolizei«, »Medaille für treue Dienste in der Deutschen Volkspolizei«, »Verdienstmedaille der DDR«, »Verdienstmedaille der Organe des Ministeriums des Innern« (in Gold) usw. usf. Die dazugehörigen Klunker hingen an Lobedanz' Ausgehuniform, die er so gut wie nie anzog – und wenn doch, dann sah er darin peinlich aus.
    Auch auf dem Tisch fanden sich die Spuren eines Lebens im Dienste von Recht, Ordnung und der sozialistischen Menschengemeinschaft: Da war einmal die gläserne rote Fahne, die Kramer auch bei der Majorin Schindler gesehen hatte. Außerdem gab es einen hölzernen Arm mit geballter Faust, der ein wenig an eine Prothese erinnerte. Wie Kramer wusste, handelte es sich dabei um ein Geschenk äthiopischer Polizisten aus der Mengistu-Ära an den Polizeipräsidenten von Berlin, das dieser zu hässlich gefunden und Lobedanz aufgenötigt hatte. Zu guter Letzt stand auch noch eine verkleinerte Replik des bekannten Kalle und Fritze-Denkmals vom Marx-Engels-Forum auf dem Schreibtisch, in schwarzem, weiß geädertem Marmor: ungefähr 6000 ccm 3 schlechter Geschmack. Hätte das Teil eine passende Vertiefung besessen, hätte man es als Aschenbecher benutzen können; so diente es Lobedanz nur als zuverlässiger Briefbeschwerer. Er hatte Kramer einmal damit überrascht, dass er sagte: »Furchtbarer Kitsch, nicht?«
    Kramer hatte damals noch nicht gewusst, was er von Lobedanz zu halten hatte, und die Wende war noch nicht lange her gewesen. Also hatte er nur geantwortet: »Na ja …«
    Hier oben konnte man interessanterweise die Fenster wirklich öffnen, ein Detail, das Kramer bisher entgangen war.
    Lobedanz war trotzdem ausgesprochen schlecht gelaunt.
    »Diese Abusch-Sache. Habt ihr da jetzt mal was? Ich meine, abgesehen von fehlgeschlagenen Eildurchsuchungen und Abstechern in die NKO-Szene?«
    Kramer sah Pasulke kurz an. Der hatte auch zur »Lagebesprechung« antanzen dürfen.
    »In dieses Konzert bin ich aus Versehen reingeraten. Und was die Genossen von der Bereitschaftspolizei da fabriziert haben, war astreine Scheiße. Wie damals in der Mainzer Straße.«
    Ob das klug gewesen war, dieser Nachsatz? Kramer dachte kurz daran, auch die Anwesenheit von Katharina Abusch bei dem Konzert zu erwähnen, ließ es dann aber bleiben. Er war sich nicht mehr sicher, ob es wirklich sie gewesen war, die er gesehen hatte.
    Lobedanz sagte langsam: »Rotring. Das war auch astrein, mein Lieber. Und was würdest du für ein Gesicht machen, wenn dir ein Kollege von der BP mit seinen Riesenlatschen in deine Ermittlungen reinspringt? Du würdest ihm raten, sich zu verziehen. Genau das hast du zu hören gekriegt. Gleiches Recht für alle.«
    Diesmal vermied es Kramer, Pasulke anzusehen. Lobedanz hatte die Aktion mit den zwei Deppen vor dem Chinarestaurant mitgeschnitten. Gar nicht gut. Wirklich gar nicht gut.
    »Aber lassen wir das. Ich will nur wissen, ob ihr Fortschritte macht.«
    »Fortschritte ist zu viel gesagt«, antwortete Kramer in einem diensteifrigen Tonfall, der ihm selbst nicht gefiel. »Langsam krieg ich einen Plan, worum es eigentlich gehen könnte. Der große Rahmen ist Computerkriminalität. Aber was genau, wer mit wem und vor allem warum: keine Ahnung. Was die Sache mit der Hausdurchsuchung bei Abuschs angeht, kennst du ja meine Meinung. Ich denke immer noch, wir sollten mal nach diesem Rechner sehen. Merz denkt übrigens genauso.«
    Kramer machte eine kurze Pause und überlegte, ob es fair war, Merz so zu vereinnahmen. Doch, fand er dann. War schon in Ordnung.
    »Und dieser Verner weiß mehr als er sagt. Das ist amtlich. Ich denke, wir sollten uns den mal ernsthaft vorknöpfen. Vielleicht fällt was aus ihm raus, wenn wir ihn kräftig schütteln. Im übertragenen Sinne.«
    Lobedanz warf seinen Kugelschreiber auf den Schreibtisch. »Im übertragenen Sinne. Soso. Dieser Verner ist Parteiadel, wisst ihr beiden das eigentlich? Carl von Ossietzky-Gymnasium, wenn ihr versteht. An dieser Schule gibt es fast nur Parteiadel. Wenn wir da nicht vorsichtig sind, kriegen wir Ärger, den könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Ich finde das furchtbar, aber ich kann's nicht ändern.«
    Kramer konnte

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