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Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Güsken
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ich habe ihn gesehen, sogar ungeschminkt. Nicht gerade ein Aushängeschild für die neue deutsche Mitte.«
    »Hast du ihn im Schlaf ermordet oder was?«
    »Außerdem ist es gar nicht schwer, ein Buch aus der Hand zu legen. Nach meiner Erfahrung eine der leichtesten Sachen, die es gibt. Wer damit Schwierigkeiten hat, sollte sich fragen, ob Lesen das Richtige für ihn ist.«
    »Der einzige Weg, sich ein Urteil zu bilden, ist immer noch, das Buch zu lesen.«
    »Das kann ich nur zurückgeben.«
    Ich fand noch ein drittes Buch, mit dem Titel: Zu tot zum Schlafen. Das einzige, was mich einigermaßen interessierte. In der Mittagspause schmökerte ich ein bisschen darin herum.
    Eine blutjunge, bildschöne Frau wurde von ihrem Ehemann terrorisiert, weil sie eine Millionenerbin war. Um an das Geld heranzukommen, wandte er alle möglichen Tricks an, um sie, die immer schon nervös und ängstlich gewesen war, so weit zu bringen, dass sie entweder Selbstmord beging oder freiwillig um Entmündigung und die Einweisung in eine Klinik bat. Unter anderem erfand er Gangster, die angeblich hinter ihm her waren, rief ständig anonym an und inszenierte seine eigene Ermordung. Natürlich kam er damit am Ende nicht durch.
    »Hast du dir ein Urteil gebildet?«, fragte mich Olga, die mich mit dem Buch aus der Pause kommen sah.
    »Das hier ist gar nicht mal schlecht«, lobte ich und gab ihr das Buch zurück. »Kannst du weiterempfehlen.«
    »Mach ich.« Sie warf einen kurzen Blick darauf. »Nur, dass es nicht von Hendrix ist.«
    »Nicht?«
    »Es stammt von Sally Henreid, falls du noch lesen kannst. Du bist im Alphabet zu weit gerutscht.«
    »Haben Sie vielleicht etwas über einen Reporter, der seine unbestechliche Liebe zur Wahrheit mit dem Tod bezahlen muss?«, fragte jemand hinter uns. Melanie Storck in ihrem Regenbogenpulli.
    »Davon gibt’s haufenweise«, sagte ich.
    »Zum Beispiel«, fiel Olga ein, »das über die Washington Post und den Watergate-Skandal.«
    »Aber das musste niemand mit dem Tod bezahlen«, widersprach Melanie.
    »Das nicht. Aber dafür brauchen Sie das Buch auch nicht mit dem Tod zu bezahlen«, grinste ich. »Wir akzeptieren Bargeld.«
    »Ich wollte Sie sprechen«, erklärte sie.
    Ich lächelte bedauernd. »Tut mir Leid, aber ich stecke hier mitten in Arbeit.«
    Sie ließ ihren skeptisch-kritischen Blick, der ihr in den Aktionsgruppen und politischen Seminaren alle Ehre gemacht hatte, durch die Buchhandlung streifen. »Arbeit?«, fragte sie mit dem überheblichen Zweifel der angehenden Intellektuellen.
    »Allerdings. Wie Sie treffend bemerkten, bin ich ein Kurzhaardackel, der auf der falschen Seite steht.«
    »Das habe ich nicht so gemeint.«
    »Also, worum geht’s? Haben Sie die WG-Kasse geplündert und wollen mich engagieren? Falls Sie Lektüre brauchen, ich könnte Ihnen Wer fürchtet sich vor dem Schwarzen Mann? empfehlen.«
    »Nein, danke.«
    »Mein Klient hat mich beauftragt, Sie in aller Form zu ersuchen, den Psychoterror einzustellen.«
    »Wovon reden Sie überhaupt?«
    »Wenn ich ihm melden kann, dass Sie einverstanden sind, kassiere ich ein Traumhonorar. Und wenn ich das erst mal habe, könnte ich Ihnen preislich entgegenkommen…«
    Melanie lachte abfällig. »Die Wahrheit ist nicht käuflich«, verkündete sie. »Ich kann Ihnen kein Traumhonorar zahlen, dafür können Sie das machen, wofür Sie angetreten sind: etwas herauszufinden statt etwas zu vertuschen.«
    »Ich bin überhaupt nicht angetreten.«
    Sie öffnete ihre Umhängetasche, nahm zwei Papierblätter heraus und reichte sie mir wortlos.
    Es war die Fotokopie eines Computerausdrucks.
    Die blutige Hand des Kapitals war die Überschrift. Ich überflog die ersten Zeilen und erfuhr, dass es um einen Mord ging, den die Polizei – als Handlangerin einer skrupellosen Konzernspitze – in einen harmlosen Selbstmord umbenennen wollte. Einen stinknormalen, wie Martens sich ausgedrückt hatte.
    »Das ist also die Geschichte, an der Ihr Freund arbeitete?«
    »Marius hat diesen Artikel nicht mehr fertig gestellt. Seine Ermordung kam dazwischen.«
    »Er behauptet, dass Theuerzeit umgebracht wurde. Die Polizei sagt etwas anderes.«
    »Die macht sich die Sache auch einfach. Als herauskam, dass Theuerzeit unterschlagen hatte, war es für sie ausgemacht, dass er sich das Leben genommen hat, weil er glaubte, dass sie ans Licht kommen würde.«
    Ein lauter Rülpser von einem der benachbarten Regale verriet einen Kunden, der ansonsten völlig geräuschlos den Laden

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