Ponyhof kleines Hufeisen - 8 - Eine heisse Spur
den Teller.
„Wie kannst du nur so zuschlagen, wenn es den Pferden nicht gut geht!“, zischte Marei vorwurfsvoll zu ihrem Bruder hinüber.
„So ein Quatsch! Meinst du vielleicht, es geht den Pferden besser, nur weil du hier am Tisch sitzt und im Essen herumstocherst? Das glaubst du doch selber nicht!“
„Franz hat Recht“, fand auch Stefan. „Wer selbst nichts isst, kann auch nachher nicht gut arbeiten.“
„Sicher wieder so eine Weisheit von deinem Großvater!“ Marei wurde rot vor Zorn und das machte sie um so wütender. Wieso musste Stefan nun auch noch für Franz Partei ergreifen! Noch dazu wegen Essen!
Ehe Stefan etwas sagen konnte, meinte Iris Kleine: „Nun legt doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Ich glaube, wir sind alle sehr erschrocken und machen uns Sorgen um die Pferde. Jetzt müssen wir Zusammenhalten und dürfen unsere Energie nicht mit Streitigkeiten verschwenden. Wer Hunger hat soll essen und wer keinen hat, kann wenigstens einen Tee trinken und sich etwas ausruhen.“
Sie stellte eine Riesenschüssel mit grünem Salat in einer Sauce aus frischen Kräutern auf den Tisch und einen großen Glaskrug mit eisgekühltem Pfefferminztee.
Sabine beneidete Franz um seinen Appetit. Vor Sorge um das Fohlen brachte sie kaum einen Bissen hinunter. Aber sie versuchte es wenigestens, weil sie zittrig war und wusste, dass sie ihre Kräfte brauchen würde. Doch sie hörte den Gesprächen nur mit halbem Ohr zu. Ihre Gedanken kreisten unablässig um ein Thema: Woran waren die Pferde erkrankt? Warum waren nur einige krank geworden und nicht alle?
Wird Stella überleben?
„Ich darf heute Nacht nicht bei Stella bleiben?“ Sabine starrte ihre Mutter fassungslos an.
„Morgen ist Schule und du hast noch nicht einmal deine Hausaufgaben gemacht“, antwortete Iris Kleine.
„Aber Mama! Stella braucht mich! Ich kann sie doch in diesem Zustand nicht allein lassen!“
„Von allein lassen kann keine Rede sein! Cornelia, Volker und Stefan sind da und werden sich um die Pferde kümmern.“ Iris Kleine erinnerte ihre Tochter noch einmal an ihr früheres großes Versprechen, die Schule wegen der Pferde nicht zu vernachlässigen.
„Aber das ist jetzt doch eine Ausnahme!“ Sabine stiegen Tränen in die Augen. Sie wollte um alles in der Welt bei dem kranken Fohlen bleiben. Die Schule war doch im Vergleich mit Stella totale Nebensache!
„Sabine, es ist nicht dein Fohlen“, erinnerte sie ihre Mutter sanft. „Es ist Michaelas Fohlen. Und ihre Eltern haben sie schon vor zwei Stunden nach Hause geholt.“
„Aber Wolkenmähne ist mein Pflegepferd!“, rief Sabine empört. „Das weißt du, Mama!“ „Wolkenmähne geht es schon besser, sie braucht dich nicht so dringend.“
Sabine drehte sich wütend um und rannte in den Stall zurück. Sie ist nicht dein Fohlen! Wie sie diese Worte hasste! Natürlich war Stella nicht ihr Fohlen, aber konnten die Erwachsenen nicht verstehen, dass sie sich trotzdem für sie verantwortlich, fühlte und das Pferdekind jetzt nicht im Stich lassen konnte! Schluchzend legte sie dem Fohlen die Arme um den Hals. „Ich möchte so gern bei dir bleiben, Kleines! Aber ich darf nicht!“ Wenn nur die Schule nicht wäre! Wenn sie doch schon fertig wäre mit den Hausaufgaben. Wenn Menschen krank wurden, ja, dann durfte man zu Hause bleiben, aber ein Pferd war eben „nur“ ein Tier. Da musste man in die Schule gehen. Sabine war so wütend und verzweifelt, dass sie gar nicht hörte, wie die Stalltür leise geöffnet wurde. Sie fuhr erschrocken herum, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte.
Es war Stefan. „Ich weiß, wie du dich fühlst“, sagte der blonde Junge leise. „Ich finde es toll, dass du dich so um die Pferde kümmerst. Ich werde für dich auf Stella Acht geben, das verspreche ich dir. Du kannst ja noch mal anrufen, ehe du schlafen gehst und hören, wie es ihr geht.“
„Ich möchte aber hier bleiben“, schluchzte Sabine.
Stefan legte den Arm um sie. „Deine Mutter lässt nicht mit sich reden, ich hab es versucht“, sagte er. „Sie wartet schon im Auto auf dich. Aber glaub mir, ich werde mich um Stella kümmern. Sie wird bestimmt wieder gesund werden.“
Sabine wusste, dass Stefan Recht hatte. Ihre Mutter würde nicht nachgeben. Besser als Stefan konnte auch sie sich nicht um das kranke Fohlen kümmern, er verstand mehr von Pferden als sie und hatte auch Erfahrungen mit Koliken. Sie strich dem Fohlen über den Rücken und umarmte es noch einmal liebevoll.
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