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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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holen (statt auf der Stelle zu kaufen), kauften mehr Leute das Moskitonetz zum PSI-Preis. Wenn der Preis allerdings nahe null lag, stieg die Nachfrage um ein Vielfaches. 18
    Noch beunruhigender ist der Umstand, dass die Nachfrage nach Moskitonetzen zwar sehr sensibel auf den Preis reagiert, aber nicht auf das Einkommen. Um auf die rechte Seite der
S-förmigen Kurve zu gelangen und einen Circulus virtuosus in Gang zu setzen, in dem sich bessere Gesundheit und höheres Einkommen gegenseitig verstärken, sollte der Verdienst einer Person, die Malaria vermeiden konnte, ausreichen, um ihren Kindern ein Moskitonetz zu kaufen und bei ihnen ebenfalls die Infektion zu verhindern. Wir haben oben ausgeführt, dass der Kauf eines Moskitonetzes, mit dem sich das Risiko einer Malariaerkrankung verringern lässt, zu einem deutlich höheren Jahreseinkommen (im Schnitt 15 Prozent) führen kann. Doch obwohl 15 Prozent mehr Einkommen die Kosten für ein Moskitonetz locker wettmachen, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass Leute mit 15 Prozent mehr Einkommen ein Moskitonetz kaufen, nur 5 Prozentpunkte höher als bei anderen. 19 Mit anderen Worten: Das einmalige Verteilen kostenloser Netze hat in keiner Weise zur Folge, dass die ganze nächste Generation unter Moskitonetzen schlummert, es würde lediglich die Zahl der Kinder, die in ihren Genuss kämen, von 47 auf 52 Prozent erhöhen. Das reicht bei weitem nicht aus, um die Malaria auszurotten.
    Die fehlende Nachfrage macht auf eine der größten Schwierigkeiten im Gesundheitsbereich aufmerksam: Die Leitern, über die man die Armutsfalle verlassen kann, existieren, doch sie stehen nicht immer an der richtigen Stelle, und die Menschen wissen offenbar nicht, wie man sie benutzt, oder sie wollen sie gar nicht benutzen.
    Der Wunsch nach mehr Gesundheit
    Die Armen sind anscheinend nicht gewillt, viel Zeit oder Geld zu investieren, um sauberes Wasser, Moskitonetze, Wurmmittel oder angereichertes Mehl zu bekommen, obwohl sie daraus beträchtlichen gesundheitlichen Nutzen zögen. Heißt das, dass ihnen ihre Gesundheit egal ist? Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Gefragt, ob es in der jüngsten Zeit eine Phase von etwa einem Monat gegeben habe, in dem sie »Sorge, Anspannung oder Angst« empfunden hätten, antwortete etwa ein Viertel der Armen im ländlichen Udaipur und im städtischen Südafrika mit
Ja. 20 Das ist ein viel höherer Prozentsatz als in den Vereinigten Staaten. Als häufigster Grund für diese Belastung wurde die Sorge um die eigene Gesundheit oder die von nahen Verwandten genannt (44 Prozent der Zeit in Udaipur). In vielen Ländern unseres 18-Länder-Vergleichs geben die Armen einen beträchtlichen Teil ihres Geldes für die Gesundheit aus. Bei extrem armen Familien im ländlichen Indien entfallen bis zu 5 Prozent des Haushaltsbudgets auf Gesundheitsausgaben, in Pakistan, Panama und Nicaragua sind es 3 bis 4 Prozent. In den meisten Ländern suchte mehr als ein Viertel der Familien im Monat vor der Befragung mindestens einmal einen Arzt auf. Die Armen wenden auch große Geldbeträge für einzelne Gesundheitsprobleme auf: Von den untersuchten armen Haushalten in Udaipur gaben 8 Prozent im Monat vor der Befragung mehr als 5 000 Rupien (228 PPP-USD) für die Gesundheit aus – das ist zehnmal mehr, als einer Durchschnittsfamilie pro Kopf im Monat zur Verfügung steht, bei einigen Familien (das eine Prozent mit den höchsten Ausgaben) beliefen sich die Gesundheitsausgaben auf das 26-Fache des durchschnittlichen monatlichen Pro-Kopf-Einkommens. Wenn ernste Gesundheitsprobleme auftreten, kürzen arme Familien die Ausgaben, verkaufen Besitz oder leihen sich Geld, wie Ibu Emptat: Von den Haushalten, die wir in Udaipur befragten, hatte jeder dritte einen Kredit abzubezahlen, der für die Behandlung eines Gesundheitsproblems aufgenommen worden war. Viele dieser Kredite kommen von Geldverleihern, die sehr hohe Zinsen verlangen: Üblich sind 3 Prozent pro Monat, das entspricht 42 Prozent pro Jahr.
    Geld für nichts und wieder nichts
    Der entscheidende Punkt ist also nicht, wie viel die Armen für ihre Gesundheit ausgeben, sondern wofür das Geld verwendet wird; oft sind es teure Heilbehandlungen statt preisgünstiger Vorsorgemaßnahmen. Um die Gesundheitsversorgung billiger zu machen, haben viele Entwicklungsländer ein mehrgliedriges System eingerichtet, damit die Armen bezahlbare (oft kostenlose)
Gesundheitsdienstleistungen möglichst nah an ihrem Wohnort erhalten können. In solchen

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