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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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hatte das Anfangskapital bei etwa 250 US-Dollar gelegen. Die glücklichen Gewinner der Zuschüsse mussten nicht lange überlegen, um eine Verwendung für das Geld zu finden. Im Durchschnitt erzielten die Geschäfte mit dem Zuschuss von 250 US-Dollar einen Gewinn von 60 Prozent pro Jahr. Danach wurde das gleiche Experiment in Mexiko durchgeführt. 4 Hier waren die Gewinne sogar noch höher, sie erreichten zwischen 10 und 15 Prozent pro Monat.
    Ein anderes Programm, das von BRAC, einem großen Mikrofinanzinstitut in Bangladesch, entwickelt und mittlerweile in einer ganzen Reihe von Entwicklungsländern nachgeahmt wurde, zeigt, dass selbst die Ärmsten der Armen kleine Geschäfte führen können, wenn man ihnen die richtigen Hilfen anbietet. Und diese kleinen Geschäfte können ihr Leben verändern. Das Programm zielte auf die Personen, die von den anderen Dorfbewohnern als die Ärmsten ihres Ortes genannt wurden: Viele von ihnen waren auf die Mildtätigkeit ihrer Mitmenschen angewiesen. Mikrofinanzinstitute leihen solchen Leuten üblicherweise kein Geld, weil man befürchtet, sie könnten nicht in der Lage sein, ein Geschäft zu führen und ihren Kredit zurückzuzahlen. Das von BRAC entwickelte Programm sah für diese Personengruppe ein »handfestes« Startkapital (zwei Kühe, ein paar Ziegen, eine Nähmaschine und so weiter), für wenige Monate eine kleine finanzielle Unterstützung (als Betriebskapital und damit niemand in Versuchung geriet, sein Startkapital zu veräußern) und eine sehr intensive persönliche Betreuung vor: regelmäßige Treffen, Alphabetisierungskurse und die Ermutigung, jede Woche einen kleinen Betrag zu sparen. Varianten dieses Programms werden derzeit in sechs Ländern mit randomisierten kontrollierten Studien evaluiert. An einer dieser Studien haben wir mitgewirkt; unser Partner
war Bandhan, ein Mikrofinanzinstitut im indischen Bundesstaat Westbengalen. Vor Beginn des Programms besuchten wir die Familien, die dafür ausgewählt worden waren, und bekamen überall Geschichten von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit zu hören: ein Ehemann war ein Trinker, der ständig seine Frau schlug; ein anderer war bei einem Unfall ums Leben gekommen und hinterließ eine junge Familie; eine Witwe war von ihren Kindern im Stich gelassen worden, und so weiter. Aber nach zwei Jahren stellten wir beeindruckende Unterschiede fest: Verglichen mit anderen extrem armen Haushalten, denen keine Hilfe zuteilwurde, hatten die Begünstigten mehr Tiere und andere Vermögenswerte; sie verdienen mehr Geld mit ihren Tieren, aber sie arbeiten auch mehr Stunden und verdienen mehr mit Arbeit für andere. Ihre monatlichen Ausgaben haben sich um 10 Prozent erhöht, wobei der Löwenanteil auf das Essen entfällt, und die Versuchspersonen klagen nun auch seltener, dass sie nicht genug zu essen hätten. Was aber noch stärker beeindruckt: Ihr ganzer Blick aufs Leben scheint sich verändert zu haben. Sie beschreiben ihre gesundheitliche, ihre psychische und ihre ökonomische Lage jetzt viel positiver. Sie sparen mehr und sie sagen häufiger als vorher, dass sie sich Geld leihen möchten – sie erfüllen nun auch die Voraussetzungen, um bei einem Mikrofinanzinstitut einen Kredit zu erhalten –, und sie trauen sich zu, ihren Besitz zu verwalten.
    Natürlich ist niemand aus dieser Personengruppe auch nur im Entferntesten reich geworden. Die Menschen haben lediglich ihren Konsum innerhalb von zwei Jahren um 10 Prozent steigern können; das heißt, sie sind nach wie vor arm. Aber das Geschenk und die Unterstützung, die sie bekamen, scheinen einen Circulus virtuosus in Gang gesetzt zu haben: Offenbar sind sogar Menschen, die mit extremem Elend geschlagen wurden, in der Lage, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen und sich auf den Weg heraus aus der Armut zu machen, wenn man ihnen die Chance dazu gibt. 5
    Die Geschäfte der Armen
    Angesichts solcher Ergebnisse lässt man sich gerne vom Enthusiasmus eines Muhammad Yunus oder eines Fouad Abdelmoumni anstecken, die ganz großes Potenzial für Investitionen in die Armen sehen: So viele haben es, allen Widrigkeiten zum Trotz, geschafft, Unternehmen zu gründen und aus fast nichts eine ganze Menge zu machen. Doch zwei dunkle Schatten trüben dieses ansonsten sehr sonnige Bild. Zum einen sind die meisten der von Armen geführten Betriebe sehr, sehr klein, und zum anderen erwirtschaften diese winzigen Geschäfte in der Regel nur extrem wenig Geld.
    Klein und unrentabel
    Unser

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