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PopCo

PopCo

Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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in die Sets aufnehmen (die ich mir etwa so vorstelle wie kleinere Go-Steine). Vielleicht auch eine
     Website mit Tipps zur «geheimen Bedeutung» dieser Steine? Da bin ich mir noch nicht so sicher.
    Und dazu bietet man alle möglichen Verkleinerungsapparate an, über die vielleicht der eigentliche Umsatz zu machen wäre. Eine
     Minikamera beispielsweise, um Fotos zu machen, die genau die richtige Größe haben. Und Minischriftrollen, auf die man Liebesbriefe
     oder Gedichte schreiben kann. Kleine Plastikbuchstaben, mit denen man geheime Botschaften verfassen und in den Würfeln oder
     Perlen verstecken kann.
    Eigentlich haben die Menschen sich ihre Identität ja schon immer in irgendeiner Form um den Hals gehängt. Heute trägt zwar
     kaum noch jemand Kreuze, dennoch waren sie einmal ein klares Zeichen, das die Glaubensrichtung des Gegenübers verkündete (und
     dazu gleich noch den Schmuckgeschmack). Auch Leute mit einer Penicillin-Allergie hängen sich diese Information um den Hals.
     Das alles und noch viel mehr umfasst mein Produkt   … Vielleicht könnte man es sogar in Japan vermarkten, unter einem pseudo-japanischen Namen? Oder ist Japan schon wieder out
     und zu sehr mit K verknüpft? Eine Art Pokémon für junge Mädchen, inklusive «Tauschanreiz». Und jedes Armband und jede Kette,
     die man damit gestaltet, ist einzigartig. Darin liegt ein überkultureller Reiz mit garantierter Breitenwirkung.
    Und mit Werbepotenzial: Jedes Mal, wenn ein neues Produkt auf den Markt kommt (kein PopCo-Produkt – ich denke da eheran Softdrinks, Popgruppen, Filme), könnte man eine neue «Perle» dazu herausbringen, vielleicht in limitierter Auflage. Wenn
     sich das Konzept durchsetzt, werden auch andere Firmen eigene Perlen machen wollen, die in unsere Ketten und Armbänder eingehen
     – die könnten wir dann für sie herstellen. Fans eines bestimmten Produkts könnten die entsprechende Perle dazu tragen, zusammen
     mit all den anderen, aus denen sich ihre ganz individuelle Persönlichkeit zusammensetzt. Dann könnte man beispielsweise einen
     anderen
Matrix -Fan
ganz leicht erkennen, weil er dieselbe Perle trägt wie man selbst (würde das Produkt eigentlich auch Jungs reizen? Eher nicht,
     glaube ich, aber das Potenzial wäre zumindest vorhanden   …). Man kann die Perle seiner Lieblingsband tragen, und wenn man sie irgendwann nicht mehr mag, schmeißt man die Perle einfach
     weg. Oder nein! Die Perlen sind natürlich wiederverwendbar. Man kann die Bilder des Favoriten der letzten Woche ganz leicht
     entfernen und durch den aktuellen ersetzen. Oder man trägt jahrelang dieselbe Perle, je nachdem, was man für ein Mensch ist.
     Das könnte alle möglichen Leute ansprechen.
    Außerdem sorgt das Personalisierungselement dafür, dass man immer und überall seine Identität ausdrücken kann, indem man die
     Perlen so kultig oder konventionell gestaltet, wie man möchte. Buttonautomaten und Ausrüstungen zur individuellen Gestaltung
     von T-Shirts sind doch genau deshalb so beliebt, weil die Leute das Bedürfnis haben, persönliche Botschaften über sich zu gestalten. Mein
     Produkt birgt noch viel größeres Potenzial. Vielleicht könnte man sich auch bestimmte Sachen aus dem Netz ziehen? So, wie
     man jetzt schon von manchen Fanseiten Arbeitsoberflächen oder Bildschirmschoner für den Rechner herunterladen kann, könnte
     man das auch für die Perlen oder Würfel machen (ich brauche unbedingt einen guten Namen dafür!). PopCo (oder wahlweise die
     Undercover-Marke) stellt sozusagen die Hardware zur Verfügung, die Software gestaltendie Kunden selbst. Wir bieten ihnen das Werkzeug, das sie dafür brauchen. Und das alles mit dem Ziel, die eigene Persönlichkeit
     auszudrücken. PopCo schreibt niemandem vor, wie man zu sein hat. Wir stellen einfach eine leere Fläche zur Verfügung und sagen
     unseren Konsumenten: «Ihr wisst bereits, wer ihr seid. Jetzt könnt ihr das auch euren Mitmenschen zeigen.» Innerhalb der Zielgruppe
     junger Mädchen könnte das auf ganz verschiedene demographische Milieus wirken. Und wenn wir das Produkt über virales Marketing,
     Netzwerktheorien und den ganzen Kram so vermarktet kriegen, dass es alle Welt haben
muss
, merkt irgendwann kein Mensch mehr, dass wir es verkaufen. Das wird kein Modehype, der auftaucht und gleich wieder verschwindet,
     sondern eine Grundkonstante. Die Inhalte der Perlen mögen variieren, aber die stellen wir ja auch nicht her. Wir verkaufen
     nur die Ausrüstung, die

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