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PopCo

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Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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Nachricht
     zu schicken. Aber irgendwie zögere ich immer noch, dir mehr zu erzählen. Am liebsten würde ich jetzt zu dir sagen: ‹Das machen
     wir! Willst du mitmachen?› Aber ich habe Angst, dass du es jemandem erzählen wirst.»
    «Wem sollte ich es denn erzählen?», frage ich.
    Chloë zieht die Augenbrauen hoch. «Georges beispielsweise.»
    «Georges?» Ich habe meinen Zopf um den Finger gedreht, lasse ihn nun aber abrupt los. Ach du Schande. «Woher wisst ihr   …»
    «…   von dir und Georges?» Sie mustert leicht verlegen ihre Hände. «Hm. Tja. Er hat einem Freund eine Mail über dich geschrieben,
     so was Richtung: ‹Wie verhält man sich eigentlich, wenn man sich in eine Kreative verliebt hat? Muss man sie erst entlassen,
     bevor man den nächsten Schritt machen kann?› Dann stand da noch: ‹Bring doch ein bisschen was für mich in Erfahrung.› Und
     dein Name. Nicht gerade clever, das alles in eine Mail zu schreiben, vor allem nicht in Georges’ Position.» Sie sieht mich
     an. «Du bist anscheinend eine richtige Herzensbrecherin.»
    Mir ist schlecht. «Weiß Ben davon?»
    «Nein.»
    «Wirst du es ihm sagen?»
    «Nein. Aber wir waren – oder sind – etwas besorgt, weil du der Führungsriege von PopCo so nahestehst. Deshalb erschien es
     uns auch zu riskant, dich direkt zu rekrutieren. Wir mussten erst sicher sein, dass du nicht so eine Großkonzern-Tussi bist.»
    «Und   …» Oh nein. Jetzt wird mir alles klar. «Da habt ihr Ben als Spion vorgeschickt?»
    Chloë lacht. «Nein, Alice. Wir haben Esther geschickt. Wasimmer du mit Ben hast, ist völlig normal.» Sie muss wieder lachen. «Oder   … so normal vermutlich auch wieder nicht, ich kenne ja schließlich Ben – aber es ist zumindest eine Sache zwischen euch beiden.
     Niemand hat ihn vorgeschickt.»
    «Aber Esther   …?» Ich hatte Esther für eine Freundin gehalten.
    «Esther hat sich ziemlich bald geweigert, weiter mitzuspielen. Sie meinte, sie wolle die Freundschaft zu dir nicht aufs Spiel
     setzen. Außerdem tut sie ohnehin nie, was man ihr sagt. Neuerdings weigert sie sich sogar ganz generell zu lügen   … Ich weiß nicht recht, was ich mit ihr machen soll. Jedenfalls hattet ihr, glaube ich, ein Gespräch, bei dem sie dir erzählt
     hat, wie beschissen sie die ganzen PopCo-Führungskräfte findet. Danach wollte sie nicht mehr weitermachen. Aber wir wussten
     immer noch nicht, wie du zu der PopCo-Sache stehst. Ich meine, hey – auf dem Papier bist du schließlich die Bilderbuchmitarbeiterin.»
    Ich denke darüber nach und nicke dann. «Ja. Das bin ich wohl. Auf dem Papier.»
    Chloë lächelt und schüttelt ganz leicht den Kopf. Mir fällt auf, dass sie wieder die Ohrringe mit den braunen Federn trägt,
     die fast aussehen, als gehörten sie zu ihren Haaren. Vermutlich sind es aber keine echten Federn. Woraus sie wohl gemacht
     sind?
    «Du hast nie irgendetwas Rebellisches gemacht», sagt sie.
    «Nein?» Ich denke an den Vormittag, an die Naht, die unter meinen Fingern zerrissen ist. Dann schaue ich Chloë an, die vor
     mir im Sessel sitzt, und frage mich, was sie sieht, wenn sie mich anschaut. Nichts anderes als die «Bilderbuchmitarbeiterin»?
    «Das einzig gute Zeichen war, dass du niemandem von den Nachrichten erzählt hast», fährt sie fort.
    Ich muss grinsen. «Das waren aber auch ganz schön seltsame Dinger.»
    Chloë grinst zurück und streicht sich das Haar hinters Ohr.
    «Tut mir leid», sagt sie. «Ich mache das noch nicht lange.»
    «Warum hast du in der einen Nachricht gefragt, ob ich glücklich bin? Das habe ich wirklich nicht kapiert.»
    «Ich wollte Kontakt mit dir aufnehmen, hatte aber Angst, dabei irgendwie die ganze Gruppe zu verraten   … Und nachdem ich dir die erste Nachricht geschickt hatte, musste ich ja weitermachen, damit der Kontakt nicht abreißt, aber
     ich wusste nicht recht, was ich noch schreiben sollte. Da habe ich dann beschlossen, dir das zu schreiben und abzuwarten,
     ob du jemandem davon erzählst. Hast du was dagegen, wenn ich eine rauche?»
    «Nein», sage ich und greife selbst nach meiner Tasche, ziehe mein Zigarettenpapier und meinen Tabak heraus und drehe mir eine
     Zigarette. «Chloë?»
    Sie hebt den Kopf. «Ja?»
    «Ich habe nicht nur niemandem von den Nachrichten erzählt, ich habe sie auch alle sorgfältig verbrannt, und die Schlüssel
     zum Dechiffrieren noch dazu. Mein größtes Geheimnis hüte ich seit mehr als zwanzig Jahren. Warum erzählst du mir nicht einfach,
     worum

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