PopCo
natürlich auch eine Menge Tipps,
wie man im Supermarkt einkauft, ohne Unrecht zu tun, wenn einem mal nichts anderes übrigbleibt. Und gleichzeitig noch ein
bisschen Sabotage verübt.»
«Wow!», sage ich mit großen Augen. «Wahnsinn!»
«Du hast uns übrigens vor ein ordentliches Rätsel gestellt», sagt Chloë kopfschüttelnd. «Du läufst immer mit deiner Thermosflasche
und deinem Transistorradio herum und trägst wirklich seltsame Klamotten – schön, aber seltsam. Manchmal dachten wir, du bist
vielleicht längst bei NoCo, ohne dass wir davon wissen, und verbirgst es einfach nur nicht besonders gut. Aber dann haben
wir herausgefunden, dass du mit Georges in die Kiste steigst. Das war alles ziemlich verwirrend.»
Ich werde rot. «Ich habe nie mit ihm geschlafen», sage ich.
«Entschuldige», sagt Chloë. «Das ist mir nur so rausgerutscht.»
«Schon gut. Aber was machen NoCo-Mitglieder denn nun genau?», will ich wissen. «Wie wollt ihr die Konzerne in den Ruin treiben?»
«Das ist im Grunde ganz einfach», sagt Chloë. «Wir werben Leute an, informieren sie über unsere drei Grundsätze, und sie arbeiten
dann nach ihren Möglichkeiten mit daran, das große Ziel zu erreichen. Im Augenblick sind die Hauptanliegen ganz klar umrissen.
Eines besteht darin, den Konzernen finanziell zu schaden, ein anderes darin, Herstellungsprozesse zu sabotieren. Ein weiteres
Ziel ist, NoCo-Leute in einflussreiche Positioneninnerhalb des Unternehmens zu bringen, und natürlich, unsere antikommerzielle Botschaft weiter zu verbreiten, sie Teenies
und jungen Erwachsenen einzupflanzen, weil das die wirklich wichtigen Leute sind. Ich würde sagen, es gibt im Wesentlichen
zwei Aktivitätsstränge oder -ebenen bei NoCo. Manche Mitglieder stehen in der Unternehmenshierarchie ziemlich weit unten, die konzentrieren sich auf kleinere
Sabotageakte. Sie spielen beispielsweise Viren auf die Firmencomputer oder schütten Cola über die Tastatur … Cola eignet sich übrigens ganz ausgezeichnet als Widerstandsmaterial, weil es so klebrig ist und für technische Geräte richtig
gefährlich sein kann. Oder sie melden sich häufig krank, beschädigen den Warenbestand, organisieren Bummelstreiks …»
«Bummelstreiks?» Ich muss lächeln. «Das klingt jetzt aber eher nach Gewerkschaft.»
Chloë zuckt die Achseln. «Na, sie haben uns ja auch fast alle unsere Gewerkschaften weggenommen. Das haben sie jetzt davon.
Wenn du in einem Fastfood-Restaurant arbeitest, kannst du zwar keiner Gewerkschaft beitreten, aber du kannst zu NoCo gehen.
Dann sprühst du an deinem freien Wochenende Graffiti an die Mauern, verunstaltest Plakatwände, wirfst im Supermarkt ein paar
Eierkartons runter oder klaust Klamotten, um sie dann einem Wohltätigkeitsladen zu spenden. Das hilft uns alles weiter.» Sie
trinkt den letzten Schluck Kaffee und betrachtet dann eingehend den Becherboden. Als sie sich überzeugt hat, dass der Becher
wirklich leer ist, stellt sie ihn auf den Schreibtisch. «In gewisser Weise ist Esther das beste Beispiel dafür, was man auf
dieser Ebene in einer Firma alles erreichen kann. Du weißt ja wohl inzwischen, dass sie die Aufgabe hat, PopCo-Produkte im
Internet zu platzieren. Aber sie geht online und macht genau das Gegenteil.»
Guerillakrieg statt Guerillamarketing. Natürlich.
«Und wie sieht die andere Ebene aus?», frage ich fasziniert.
«Die andere Ebene sind Leute wie du oder ich. Gutbezahlte Firmenangestellte, teilweise in relativ hohen Positionen, die sich
vielleicht schon immer gedacht haben, dass sie das System quasi von innen heraus bekämpfen wollen. Aber irgendwann waren wir
einfach zu desillusioniert oder wussten schlicht nicht, wie wir das anstellen sollten. Leute wie wir sind über das Stadium
hinaus, in dem wir einfach unseren Arbeitsbereich sabotieren und damit schon etwas bewirken können. Aber auch auf unserer
Ebene gibt es viele Möglichkeiten. Manche von uns sind beispielsweise ‹unsichtbar›, wie wir das nennen. Sie sind zwar einem
Koordinator vor Ort zugeteilt, nehmen aber nie an Treffen teil und erhalten auch keine NoCo-Nachrichten. Sie werden auch nicht
zum Veganertum oder sonstigen auffälligen Verhaltensweisen angehalten. Ihre Aufgabe besteht darin, es in ihrem jeweiligen
Unternehmen so weit wie möglich zu bringen. Sie sollen sich einfach nur ruhig verhalten, wie wild Kontakte knüpfen und es
bis an die Spitze schaffen. Angeblich gibt es unter den
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