PopCo
eine weitere Zigarette. «Und was genau machst du so im Alltag?», frage ich Chloë.
«Genau das Gleiche wie alle NoCo-Kreativen», antwortet sie. «Ich denke mir Möglichkeiten aus, unsere Botschaften in den Produkten
unterzubringen.» Sie kichert. «Ich glaube, sowas nennt man Propaganda, und das ist im Grunde auch das größte NoCo-Betätigungsfeld. Du kannst dir ja sicher denken, dass
auch viele Filmemacher, Musiker, Künstler, Designer und Videospielentwickler bei uns mitmachen. Diese Leute versuchen, innerhalb
ihres Konzerns antikommerzielle Produkte herzustellen. Das klappt natürlich nicht immer. Produzenten und vor allem Controller
riechen das oft kilometerweit gegen den Wind. Aber Videospiele sind ein ganz wichtiger Bereich. Wenn man eine Botschaft in
einem Produkt ‹verstecken› will, dann am besten dort, wo die Mächtigen sich nicht die Mühe machen zu suchen. Einen Film kann
man in anderthalb Stunden anschauen. Aber wer lässt schon ein Videospiel bis zum Ende durchlaufen, um dann festzustellen,
dass der Held Veganer wird und die bösen Unternehmer von ihren eigenen Monstern gefressen werden? Um an diese Botschaft zu
kommen, muss man das Spiel mindestens siebzig Stunden lang spielen und auch noch gut darin sein. Am Ende der
Sphärenwelt
wollen wir den Spielern im Grunde die NoCo-Botschaft offenbaren. Wir sagen ihnen, sie sollen selbst kein Unrecht tun, andere
vom Unrecht abhalten und ansonsten tun, was sie können. Aber um dorthin zu kommen, muss man erst einmal die alles entscheidende
Schlacht geschlagen haben. Bücher eignen sich auch ganz gut als Versteck, das hat man ja eigentlich immer schon gewusst. Die
Mächtigen lesen keine Bücher, schon gar nicht, wenn die lang und kompliziert sind. Sie behaupten immer nur, sie hätten sie
gelesen. In letzter Zeit gab es aber auch ein paar große NoCo-Filme und sogar die eine oder andere NoCo-Werbung.»
Das interessiert mich sehr. «Wie sieht denn NoCo-Werbung aus? Sind das einfach nur schlechte Werbespots?»
«Äh … nein. Ehrlich gesagt gab es viele Bedenken, was No-Co-Werbung betrifft. Das ist schon öfter ziemlich nach hinten losgegangen.
Ein Kreativteam hat in seinem Slogan mal dasWort ‹antikapitalistisch› verwendet, und das betreffende Produkt lief daraufhin richtig gut. Ein anderes NoCo-Team hat einen
Spot entwickelt, der ganz offensichtlich eine Persiflage war. Es ging um Turnschuhe, und der Spot handelt eigentlich nur davon,
wie toll die Globalisierung ist. Aber das war wohl etwas zu subtil, die Botschaft ist gar nicht angekommen. Ein gewaltiger
NoCo-Werbeerfolg war diese Kampagne, bei der ein Kreativteam mit richtig schockierenden Sozialrealismusbildern für Klamotten
geworben hat. Da haben tatsächlich alle gesagt: ‹Na, das ist nun aber doch ein bisschen stark, dass diese Firma versucht,
aus sterbenden Menschen Profit zu schlagen.› Die Marke hat einiges an Marktanteilen verloren. Inzwischen ist man sich ganz
einig darüber, dass das eine NoCo-Kampagne gewesen sein muss. Die war auch richtig gelungen. Sie hat die Leute dazu gebracht,
sich mit dem Thema zu befassen und das Produkt nicht mehr gut zu finden.»
Ich weiß, welche Kampagne sie meint. Und ich habe mich tatsächlich immer schon gefragt, wie so etwas zustande kommen konnte
und was die Firma eigentlich damit erreichen wollte. Offenbar hat es funktioniert, denn ich selbst hatte noch nie viel Lust,
ein Produkt dieser Firma zu kaufen.
«Mal angenommen, ein paar Teenies spielen die
Sphärenwelt
und beschließen, nach den Grundsätzen zu leben, die sie am Schluss zu hören bekommen. Dann wären sie ja im Grunde NoCo-Mitglieder,
ohne es selbst zu wissen?», frage ich.
Chloë seufzt. «Ja, schon irgendwie. Aber wir brauchen natürlich auch Mitglieder an der ‹Basis›, die wissen, was sie tun. Es
gibt die Idee, dass einzelne NoCo-Mitglieder ganz normale Menschen, die nicht für Unternehmen arbeiten, gewissermaßen unter
Vertrag nehmen können; Schulkinder zum Beispiel, Studenten oder Arbeitslose, die ihnen dann als Kontaktpersonen dienen. Sie
würden niemandem sagen, wen sie unter Vertrag haben, und trotzdem würden alle irgendwie miteinanderin Kontakt stehen. Wenn wir möglichst viele werden und alle untereinander vernetzt sind, müssten wir ein paar ziemlich aufregende
Sachen auf die Beine stellen können. Die von uns, die es sich leisten können, kaufen beispielsweise jetzt schon Aktien. Es
ist ein gutes Gefühl, wenn
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