PopCo
ein Flugzeug einen
dünnen weißen Streifen über den Himmel.
Ben macht ein trauriges Gesicht. «Dann fährst du also trotzdem morgen nach Hause», sagt er zu mir.
«Richtig. Und mir bleiben dann bloß fünf Tage, um mir zu überlegen, was ich dir nächstes Wochenende kochen soll, wenn du mich
besuchen kommst.»
«Du willst also immer noch, dass ich dich besuche?»
«Aber ja», sage ich. «Unbedingt.»
«Und was genau wolltest du jetzt von mir wissen?»
«Hättest du vielleicht Lust auf eine Schatzsuche?», frage ich ihn.
NACHTRAG
Pacific Bird Sanctuary
1. Mai 2005
Liebe Miss Butler,
herzlichen Dank für Ihren letzten Brief. Wir freuen uns sehr darauf, Sie in der Woche ab dem 15. des Monats hier willkommen
heißen zu dürfen, und haben für Sie und Ihren Begleiter bereits eine Unterkunft im Melody Inn gebucht, einer sehr hübschen
Pension im Süden der Insel, ganz in der Nähe des Vogelschutzgebiets. Es wäre uns eine große Ehre, wenn Sie am 17. an der Eröffnung
der Peter-Butler-Grundschule und der Peter-Butler-Tierrettungsstation teilnehmen würden. Auch die Pläne für das Francis-Stevenson-Museum,
dessen Bau, wie Sie ja wissen, für kommendes Frühjahr geplant ist, liegen bereits zur Ansicht vor.
Ich kann noch immer kaum in Worte fassen, was das vergangene Jahr nicht nur für mich, sondern für den ganzen Trägerverein
bedeutet hat. Schließlich macht man ja nicht alle Tage die Entdeckung, dass das eigene Vogelschutzgebiet – genauer gesagt
der Picknickplatz des eigenen Vogelschutzgebiets – einen Schatz im Wert von fast zwei Milliarden Dollar birgt! Wie Sie wissen,
wurden die Peter-Butler-Gedächtnisbauten alle auf Bauland errichtet, das eine US-amerikanische Giftmüllbeseitigungsfirma für
den Eigengebrauch vorgesehen hatte. Umso großartiger war es für uns, das Land selbst zurückkaufen zu können. Über die Verwendung
des verbliebenen Betrags können wir uns dann ja unterhalten, wenn Sie hier bei uns sind.Jetzt, wo wir vermutlich das reichste Vogelschutzgebiet der Welt sind, haben wir uns wohl auch ein wenig mit dem «Wohltätigkeitsvirus»
infiziert. Vielleicht haben Sie ja ein paar Vorschläge, wie wir das Geld am sinnvollsten einem guten Zweck zukommen lassen
können? Ich hätte nie gedacht, das einmal sagen zu können – aber wir haben wirklich viel zu viel davon!
Haben Sie eine gute Reise!
Mit herzlichen Grüßen und den allerbesten Wünschen,
Ihre
Helèna Rico,
Pacific Bird Sanctuary
Aus:
The Cryptogram
, Ausgabe –, 2005.
Denjenigen unter unseren Lesern, die noch an der Entschlüsselung des Stevenson-Heath-Manuskripts knobeln, sei gesagt: Hören
Sie auf damit. Legen Sie den Stift getrost beiseite. Das fast vierhundert Jahre alte Rätsel ist längst gelöst. Bereits 1982
fand der verstorbene britische Kryptoanalytiker Peter Butler (den Mitgliedern der American Cryptogram Association besser unter
dem Pseudonym «Cam Buster» bekannt) in Cambridge die Lösung. Nun, fast drei Jahre nach seinem Tod, sprachen wir mit seiner
Enkelin Alice Butler darüber, wie er diese harte Nuss geknackt und weshalb er seine Großtat so lange geheim gehalten hat.
«Mein Großvater begann bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs mit der Arbeit am Stevenson-Heath-Manuskript», erzählt
uns Alice. «Nach allem, was ich weiß, hat er sich jeden Tag damit beschäftigt, bis er es schließlich entschlüsselt hatte.»
Butler machte seinen Entschlüsselungserfolg jedoch nicht öffentlich, weil er fürchtete, damit ein wahres Schatzsucherfieberauszulösen, das fatalste Folgen für die Natur gehabt hätte. Der Vogelfreund hatte nämlich herausgefunden, dass der Schatz
mitten in einem Vogelschutzgebiet auf einer kleinen pazifischen Insel vergraben lag. «Er wollte keine Reichtümer für sich»,
berichtet seine Enkelin. «Es ging ihm nie um den Schatz. Für ihn war einfach nur wichtig, den Code zu knacken. Doch dann wurde
ihm klar, dass er so auch niemandem von seiner Leistung berichten konnte. Ich erinnere mich noch genau, wie frustrierend diese
Zwickmühle damals für ihn war.»
Zwei Menschen erzählte Butler dennoch von seinem Erfolg: seiner Frau, der Mathematikerin Elizabeth Butler, und seinem Schwiegersohn
William Bailey, Alices Vater. Natürlich erfuhren auch sie nicht, wie genau er es fertiggebracht hatte, doch er berichtete
ihnen, dass es ihm gelungen sei, dieses für seine Unlösbarkeit berüchtigte Rätsel zu knacken. Doch
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