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PopCo

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Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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wo blieb der Beweis? Was
     nützt es, ein schwieriges Rätsel zu lösen, wenn niemand davon erfahren darf? Während er sich noch mit dieser Frage plagte,
     ließ Butler ein Medaillon anfertigen, in das er seine eigene Codebotschaft eingravieren ließ. Sie lautete: 2.14488156Ex48.   Er hängte das Medaillon an eine Kette, schenkte es seiner damals neunjährigen Enkelin und nahm ihr das Versprechen ab, es
     niemals abzulegen.
    «Ich bin bei meinen Großeltern aufgewachsen», erzählt Alice. «Meine Mutter war ein paar Jahre zuvor gestorben. Natürlich war
     ich unwahrscheinlich fasziniert von diesem Medaillon und tat mein Bestes, es zu entschlüsseln, aber es sollte Jahre dauern,
     bis es mir tatsächlich gelang. Ich weiß noch, wie ich mit etwa zwölf den ersten Durchbruch hatte. Damals experimentierte ich
     viel mit meinem Taschenrechner und begriff plötzlich, warum die Ziffern und Buchstaben in dem Medaillon so angeordnet waren.
     Mir wurde klar, dass es sich um eine Art Abkürzung für eine sehr viel längere Ziffernfolge handelnmusste, und ich löste sie entsprechend auf. Nun hatte ich also eine lange Zahlenreihe, wusste allerdings immer noch nicht,
     was ich damit anfangen sollte. Dann gewann die Pubertät die Oberhand, und ich verlor das Interesse daran, den Code zu entschlüsseln.
     Erst nach dem Tod meines Großvaters fing ich wieder an, mich eingehender damit zu beschäftigen. Und als mir schließlich klarwurde,
     was ich mit den ganzen Zahlen anfangen sollte, begriff ich auch, dass mein Großvater mir schon vor Jahren beigebracht hatte,
     wie der Code des Medaillons zu entschlüsseln war. Das war wirklich äußerst raffiniert von ihm.»
    Der Code, mit dem Francis Stevenson seine Schatzkarte verschlüsselte, basiert auf einem ähnlichen Zahlensystem wie dem der
     Beale Papers, bei denen, wie unsere Leser sich erinnern werden, jede Zahl des codierten Textes für ein Wort aus einem berühmten
     Dokument steht. Das erste der drei Beale Papers konnte inzwischen mit Hilfe der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung entschlüsselt
     werden, doch bisher ist es niemandem gelungen, den anderen beiden beizukommen. (Es sei denn   …? Nein, versichert uns Alice Butler, diese Texte habe ihr Großvater nicht auch noch heimlich entschlüsselt.)
    «Ich wusste, dass er herausgefunden hatte, auf welchem Text der Code von Francis Stevenson basiert», berichtet Alice. «Das
     hat er mir noch selbst gesagt. Aber natürlich wollte er mir nicht verraten, um welchen Text es sich handelte. Er gab mir von
     Zeit zu Zeit Hinweise, die ich allerdings erst sehr viel später verstand. Einmal hat er mir erzählt, er habe den Text rekonstruieren
     müssen, weil es ihn längst nicht mehr gebe. Nachdem ich den Code in meinem Medaillon geknackt hatte, wusste ich natürlich
     sofort, welcher Text es sein musste. Danach musste ich nur noch die Rekonstruktion meines Großvaters auftreiben, was allerdings
     sehr viel schwieriger war, als es sich jetzt vielleicht anhört. Ich hatte zwar alle seine Papiere,doch die allermeisten davon – darunter auch das gesuchte – waren ihrerseits verschlüsselt!»
    Nun kannte also auch Alice den Ort, an dem der Schatz vergraben war, und musste entscheiden, was sie mit diesem Wissen anfangen
     wollte. «Mein Großvater hatte sich mehr als alles andere gewünscht, Anerkennung für seine Leistung zu finden, sah aber keine
     Möglichkeit dazu, solange er noch am Leben war. Man kann der Welt schließlich nicht einfach so verkünden, dass man eine Schatzkarte
     besitzt. Die Leute hätten ihm ja die Tür eingerannt! Und so hörte er irgendwann einfach auf, noch weiter über das Stevenson-Heath-Manuskript
     zu sprechen, und widmete sich einer neuen Herausforderung, dem Voynich-Manuskript. Das übrigens auch er nicht entschlüsselt
     hat.»
    Was also tun mit dem Schatz? Auch Alice Butler wollte ihn offenbar nicht für sich behalten. «Das wäre mir einfach falsch vorgekommen»,
     sagt sie. «Also tat ich das Naheliegendste. Ich gab mein Wissen an den Trägerverein des Vogelschutzgebiets weiter, in dem
     der Schatz vergraben war, weil ich mir dachte: ‹Eigentlich gehört er ja denen, weil er auf ihrem Grundstück liegt.› Außerdem
     vermutete ich, sie hätten vielleicht eher die Möglichkeit, ihn zu heben, ohne dass die Vögel dabei zu Schaden kommen. Wir
     trafen eine Vereinbarung, nach der sie, falls sich an der angegebenen Stelle tatsächlich ein Schatz finden sollte, einen Teil
     des Geldes zum Bau einer

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